Mannheim. Mehr als zweieinhalb Jahre ist es inzwischen her, dass die Mannheimer Bauamtsaffäre für Schlagzeilen sorgte. Eine gemeinsame Mitteilung von Staatsanwaltschaft und Polizei hatte die Korruption nach langen verdeckten Ermittlungen im Frühjahr 2021 öffentlich gemacht. Längst ist die fristlose Kündigung einer kurzzeitig inhaftierten Sachbearbeiterin rechtskräftig.
Und jene zwei Unternehmer, denen vor allem Bestechung wie Geldwäsche zur Last gelegt werden, haben sich nach der mehrere Wochen dauernden Untersuchungshaft wieder ihren Geschäften in der Immobilienbranche beziehungsweise im Rotlichtmilieu gewidmet. Still ist es rund um die Bauamtsaffäre geworden. Der „MM“ hat nachgehakt.
Korruptionsaffäre im Mannheimer Bauamt: Bericht folgt Ende des Jahres
„Die sehr umfangreichen Ermittlungen dauern noch an“, teilt auf Anfrage die Staatsanwaltschaft mit und ergänzt, dass die Polizei „nach derzeitigem Sachstand“ beabsichtigt, Ende des Jahres ihren endgültigen Bericht vorzulegen. Dementsprechend sei mit einem Abschluss des Verfahrens bei der Anklagebehörde „frühestens im Frühjahr 2024“ zu rechnen.
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Offenbar erweist sich das Auswerten umfangreicher Online-Kommunikation, beispielsweise in Zusammenhang mit Bauprojekten in der Lupinenstraße, als äußerst zeitintensiv. Von „Tausenden Chatprotokollen“, die der Polizei vorliegen, sprach vor einem Jahr Oberstaatsanwalt Jochen Seiler, der die Ermittlungen leitet.
Einige dieser Chatverläufe sind bereits in einem Wirtschaftsstrafprozess verlesen worden: Auch wenn es 2022 vor dem Landgericht im Wesentlichen um Kreditbetrug und massiv geschädigte Banken in der Region ging, so spielte die Bordellgasse insofern eine Rolle, als der inzwischen zu einer Gefängnisstrafe verurteilte Angeklagte auch bei Rotlicht-Bauvorhaben mitmischte.
Sollten die Bordelle aus der Lupinenstraße verschwinden?
In dem seinerzeitigen Prozess kam zur Sprache, was bis dahin nicht bekannt war: Die Stadt und die GBG als gemeinnützige Baugesellschaft haben mit jenem Immobilienunternehmen verhandelt, das - nach eigener Aussage - fast alle Grundstücke samt Häuser in der Lupinenstraße aufgekauft hat mit dem Ziel: Rotlicht-Etablissements sollten in der Bordellgasse zugunsten von Wohnungen abgerissen und Erotik-Häuser jenseits der Neckarstadt-West verlegt werden.
Bei den Gesprächen im Rathaus standen als Alternativörtlichkeiten die Untermühlaustraße wie auch die Ludwig-Jolly-Straße zur Debatte. Allerdings endeten die Verhandlungen abrupt - nicht von ungefähr: Die beiden in Zusammenhang mit der Bauamtsaffäre verhafteten Unternehmer sollten sich als Geschäftsführer und ein im Hintergrund wirkender Teilhaber des Immobilienverwerters mit Eigentum in der Lupinenstraße erweisen.
Es geht um eine Millionen Euro
Um jene Million Euro, die schon in dem Wirtschaftsstrafprozess großes Thema war, geht es wohl auch bei den noch laufenden Ermittlungen. Hintergrund: Das Geld stammte aus dem betrügerischen Verkauf einer Photovoltaik-Anlage und wurde für ein in der Lupinenstraße angepeiltes Bauprojekt an das Immobilienunternehmen als Darlehen überwiesen.
Staatsanwalt und Polizei führten bereits in ihrer am 17. März 2021 verschickten Mitteilung aus, dass zwei Unternehmer, damals 28 und 41 Jahre alt, im Verdacht stehen, eine seinerzeit 48-jährige Sachbearbeiterin im Bauamt dazu gebracht zu haben, gezielt behördeninterne Informationen weiterzugeben.
Außerdem soll die Mitarbeiterin eine Baugenehmigung unrechtmäßig erteilt haben. Von finanziellen Zuwendungen, einem geschenkten hochwertigen Motorrad und Versprechungen ist die Rede. Schon bald sickerte durch, dass auch Gefühle im Spiel waren - jedenfalls soll sich die Sachbearbeiterin von dem jüngeren Unternehmer mehr als berufliche Kontaktpflege erhofft haben.
Die Stadt hat ihre beschuldigte Mitarbeiterin im April 2021 fristlos entlassen. Später kündigte der damalige OB Peter Kurz an, dass er zum Aufarbeiten der Affäre einen externen Ermittler einsetzen wolle. Allerdings drangen weder Erkenntnisse der Arbeitsgruppe aus Beschäftigten noch des unabhängigen Rechtsanwaltes aus Stuttgart an die Öffentlichkeit.
Stadt Mannheim führt Vier-Augen-Prinzip ein
Zu der vor einigen Tagen gestellten „MM“-Anfrage, welche Konsequenzen das Rathaus aus den Untersuchungen gezogen hat, teilt Sprecher Dirk Schuhmann mit: „Inzwischen werden alle Maßnahmen in Problemimmobilien von mindestens zwei Mitarbeitenden betreut und bearbeitet.“ Das gelte auch bei Vor-Ort-Begehungen.
In Abstimmung mit den kommunalen Compliance-Beauftragten sei außerdem die Personal-Rotation erhöht worden: „Soweit möglich wechselt jeder Mitarbeitende spätestens alle fünf Jahre das Sachgebiet.“ In vielen Bereichen, in denen früher Sachbearbeiter allein zuständig waren, habe es zusätzliche Einstellungen gegeben, um im Fachbereich Baurecht, Bauverwaltung und Denkmalschutz das Vier-Augen-Prinzip und eine regelmäßige Rotation „weitestgehend“ gewährleisten zu können.
Außerdem, so Schuhmann, ist eine jährlich verpflichtende Schulung zur Prävention von Korruption eingeführt worden. Und je nachdem was die Staatsanwaltschaft beim Abschluss der Ermittlungen zutage fördere, so heißt es aus dem Rathaus, solle über weitere Maßnahmen nachgedacht werden.
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