Gericht - Komplexer Fall um erschlichene Bankkredite und unrechtmäßige Verkäufe von Photovoltaik-Anlagen / Gelder von Betrogenen landen offenbar im Rotlichtviertel

„Statt in Erneuerbare Energien in Puff investiert“

Von 
Waltraud Kirsch-Mayer
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Vor Gericht: Betrug beim Verkauf von Photovoltaik-Anlagen. © Bodo Schackow/dpa

Mannheim. Es geht um Kredite von mehr als 20 Millionen Euro, die bei vier kleinen Banken im Rhein-Neckar-Raum mit gefälschten Unterlagen erschlichen wurden. Außerdem wirft die Anklage einem in Untersuchungshaft sitzenden 49-Jährigen betrügerische Verkäufe von Photovoltaik-Anlagen vor. Eigentlich sollte in dem Mitte Dezember am Mannheimer Landgericht gestarteten Prozess Ende März das Urteil fallen. Covid-Erkrankungen und Quarantäne sorgten aber mehrfach für längere Verhandlungspausen.

Zu den Besonderheiten des komplexen Falles gehört, dass der Unternehmer mit Verkaufstalent seine Kredittricksereien 2019 in einer Selbstanzeige offenbart hat – mit wortreich beteuerter Reue. Dies hielt ihn aber nicht davon ab, als damaliger beziehungsweise später entlassener Geschäftsführer einer Solaranlagen-Firma vier Dachaufbauten zur Gewinnung von Sonnenenergie zu verkaufen, obwohl er daran gar keine Eigentumsrechte besaß – und somit die getäuschten Erwerber für nichts jeweils mehrere Hunderttausend Euro, in einem Fall um die 800 000 Euro, zahlten.

Bei dem Verfahren mit einem Gewirr von Gesellschaften gibt es zwar lediglich einen Angeklagten – anwaltlich vertreten sind aber auch zwei sogenannte Einziehungsbeteiligte: ein Mannheimer Immobilienunternehmen und dessen einstige Geschäftsführerin. Je nach Ausgang der Beweisaufnahme könnte die Große Wirtschaftsstrafkammer zu dem Schluss kommen, dass Taterträge auf der Grundlage des reformierten Gesetzes zur Vermögensabschöpfung eingezogen werden.

Als dieser Tage das Gericht eine Beamtin der Kripo Heidelberg als einstige Ermittlungsführerin intensiv befragt, geht es auch um diese Mannheimer GmbH und deren Verbindungen zu dem Angeklagten. Denn jene Gelder, die ein Hamburger Fondsanbieter und ein betrogenes Ehepaar für vermeintlich erworbene Photovoltaik-Anlagen überwiesen hatten, landeten bei der Immobilien GmbH, die auch im Rotlichtviertel der Quadratestadt aktiv ist. Von einem großen Grundstücksdeal in der von Prostitution geprägten Lupinenstraße ist die Rede. Die Kripobeamtin zitiert eine betrogene Solaranlagen-Käuferin, die ihr gegenüber sagte: „Wir wollten Geld in erneuerbare Energie stecken und haben in einen Puff investiert.“

Richterin Christiane Loos fragt mehrfach nach einem Kreditvertrag, der zwischen dem Solaranlagen-Unternehmen und der Immobilienfirma in der Höhe von etwas über einer Million Euro abgeschlossen worden ist. Die Anwältin des 49-Jährigen bringt ganz andere Themen ins Spiel: Sie erkundigt sich nach einem USB-Stick, der möglicherweise Kinderpornografie enthält. Aber dazu will die Ermittlerin genauso wenig sagen wie zu Offshore-Konten. Die Kripobeamtin verweist darauf, dass sie dafür keine Aussagegenehmigung hat und der Fall vom Landeskriminalamt übernommen wurde.

Derzeit sind Verhandlungstermine bis zum 25. Mai terminiert. Ob bis dahin die Beweisaufnahme abgeschlossen sein wird, ist ungewiss.

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