Corona-Protest - Oberbürgermeister Peter Kurz kritisiert Demonstration am Montagabend / Stadt geht von bundesweit koordinierter Aktion aus

Oberbürgermeister Peter Kurz zum Corona-Protest in Mannheim: "Es geht gegen die Demokratie"

Von 
Sebastian Koch und Lisa Uhlmann
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Etwa 2000 Menschen sind am Montagabend bei einer nicht genehmigten Demo gegen die Corona-Maßnahmen durch die Innenstadt gezogen. © Thomas Tröster/Michael Ruffler

Mannheim. Die laut Oberbürgermeister Peter Kurz (Bild) „offensichtlich orchestrierte“ Versammlung gegen die Corona-Maßnahmen am Montag in der Innenstadt hat viele Fragen an Verwaltung, Polizei und Land aufgeworfen. Den Verantwortlichen der Demonstration gehe es nicht um Freiheit, sondern darum, eine andere Verfassung zu bekommen, die erst recht in die behauptete Diktatur führe, sagte Kurz im Gemeinderat, der am Dienstag zur Etatberatung zusammengekommen war.

„Da es sich um eine koordinierte bundesweite Aktion gehandelt hatte, war nicht abzusehen, wie viele Teilnehmende letztlich nach Mannheim kommen würden“, teilt die Stadt am Dienstagabend dieser Redaktion auf Anfrage hin mit. Letztlich waren es laut Angaben der Polizei bis zu 2000 Menschen, die ohne Abstand und nur vereinzelt mit Masken ausgestattet durch die Quadrate gezogen waren. Gegen 19 Uhr war zunächst noch eine deutlich kleinere Versammlung am Wasserturm von der Polizei aufgelöst worden, ehe sich rund um die Planken Hunderte Menschen versammelten, um verbotenerweise zu demonstrieren. „In kurzer Zeit musste die Polizei Kräfte nachführen, was rasch gelang, so dass die unerlaubte Demonstration ab etwa 21 Uhr aufgelöst werden konnte“, teilt die Stadt weiter mit. Dieser zeitliche Ablauf deckt sich mit Recherchen dieser Redaktion, die am Montagabend gegen 21.45 Uhr mit der Polizei gesprochen hatte. Zu diesem Zeitpunkt habe es nur noch eine „hartnäckige Gruppe“ von etwa 120 Personen am Kopf der Planken gegeben.

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Unerlaubt sei die Demonstration deswegen gewesen, weil die als „Spaziergang“ beworbene Aktion bei der Versammlungsbehörde der Stadt nicht angemeldet worden war, informiert die Verwaltung weiter. „Sie war daher nicht ,gestattet’ worden.“ Kurz erklärte dazu am Nachmittag: „Man unterläuft unseren Rechtsrahmen“, indem man eine solche Veranstaltung nicht anmelde und es keinen Veranstalter gebe, der greifbar sei. „Es ist erschreckend, dass sich 2000 Menschen über klare Ansagen der Polizei hinwegsetzen“, sagte der SPD-Politiker. Bei den Versammlungen „geht es gegen Demokratie, es geht gegen Freiheit und es geht gegen Frieden“, erklärte der Oberbürgermeister, der kritisierte, dass es den Organisatoren bei den Versammlungen nicht um den Corona-Protest gehe, sondern um die Umkehrung der Werte, die sie selbst formulieren. Es handle sich „um einen bewussten Schritt der Grenzüberschreitung“. Deshalb sei es wichtig, „dass der Staat klare Signale setzt“.

Wer aber hat eigentlich demonstriert? Das ist bislang nur in Teilen klar. „Die Aufrufe wurden auch auf den einschlägigen Kanälen der Querdenker-Gruppen weiterverbreitet“, erklärt die Stadt. Neben Mannheim sei auf Sozialen Medien auch in anderen Städten zu sogenannten Montagsspaziergängen aufgerufen worden. „Bei den Aufrufen für Mannheim handelte es sich um einen allgemeinen Aufruf, die Teilnahme konkreter Personen oder Gruppen war nicht bekannt.“

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Indes bestätigt am Nachmittag das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV), dass auch der Behörde bekannte Personen am Montagabend demonstriert hätten. Das LfV habe „Erkenntnisse“ darüber, dass auf der Versammlung unter anderem Menschen gewesen seien, „die den Arbeitsbereichen ,Verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates’, Rechtsextremismus sowie ,Reichsbürger’ zugeordnet werden“, teilt die Behörde auf Anfrage dieser Redaktion mit. Über das Potenzial der Szene vor Ort gibt es indes wenig belastbare Informationen. Während das Landesamt „Einschätzungen und Analysen grundsätzlich für ganz Baden-Württemberg“ treffe und aus diesem Grund eine Einschätzungen auf einzelne Region nicht geben könne, teilt die Stadt mit: „Die Szene in Mannheim ist mengenmäßig nicht greifbar. Versammlungen werden vielfach auch von Teilnehmenden aus anderen Kommunen besucht, weil die Szene sehr mobil ist.“

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Unterdessen verbreitet sich im Internet unter Demonstrantinnen und Demonstranten ein Video, in dem eine namentlich nicht bekannte Frau Vorwürfe gegen Polizistinnen und Polizisten erhebt. Nachdem sie „in einer Kette friedlich Arm in Arm“ auf eine Polizeisperre zugelaufen sei, habe ein Beamter der Frau Pfefferspray in die Augen gesprüht. Anschließend soll ein Polizist mit einem Schlagstock auf einen Demonstranten „eingeprügelt haben“, erklärt die Frau in dem Video.

Konfrontiert mit den Vorwürfen, betont man auf polizeilicher Seite, dass einige Protestler mehrfach Aufforderungen der Ordnungshüter missachtet hätten: Etwa, die nicht angemeldete Versammlung aufzulösen, oder sich an erteilte Platzverweise zu halten. Trotz direkter Ansprache seien Teilnehmende mit ihren Protestmarsch weiter gelaufen.

Um diese Züge zu stoppen, hätten Beamte Zwangsmaßnahmen ergriffen und eine Polizeikette gebildet, erklärt Polizeisprecher Patrick Knapp. Damit niemand diese Absperrung durchbrechen konnte, hätten Beamte auch einfache körperliche Gewalt eingesetzt wie das Zurückdrängen oder Wegstoßen. „In einem Fall wurden auch Hilfsmittel wie Pfefferspray und Schlagstock eingesetzt, auch um sich selbst zu verteidigen.“ (mit sma und kpl)

Redaktion Reporter in der Lokalredaktion Mannheim & Moderator des Stotterer-Ppppodcasts

Redaktion Seit 2018 als Polizeireporterin für Mannheim in der Lokalredaktion.

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