Mannheim. Zahlreiche Gegnerinnen und Gegner der Corona-Maßnahmen sind am Montagabend in Mannheim auf die Straßen gegangen. In der Spitze verteilten sich im Innenstadtbereich bis zu 2000 Teilnehmer und Teilnehmerinnen, "die der Szene zuzurechnen sind", teilte Polizeisprecher Patrick Knapp auf Anfrage mit. Dabei sei die Lage für die Polizei über den Abend hinweg unübersichtlich gewesen. Mehrere Gruppen mit insgesamt von der Polizei geschätzten 800 Teilnehmerinnen und Teilnehmern beschäftigten die Beamten dabei besonders.
Das Mannheimer Polizeipräsidium war nach Angaben des Sprechers mit "sehr starken Kräften" im Einsatz, unterstützt wurde es dabei von benachbarten Präsidien. Drei Polizisten wurden leicht verletzt, als Demonstrierende versuchten, eine Polizeikette zu durchbrechen. Hierbei mussten von den Beamten auch "Zwangsmaßnahmen" eingesetzt werden, hieß es in einer Pressemitteilung. Insgesamt wurden im Verlauf des Abends sechs Polizisten verletzt.
Oberbürgermeister Peter Kurz hat zu Beginn der Etatberatungen am Dienstagmorgen im Gemeinderat die Vorkommnisse bei der Demonstration von Corona-Gegnern am Vorabend scharf verurteilt. Es sei „sehr offensichtlich, dass es sich um orchestrierte Aktionen handelt“. Den Verantwortlichen gehe nicht um wirklich um Freiheit, sondern darum, eine andere Verfassung zu bekommen, die letztlich erst recht in die behauptete Diktatur führe. Das dürfe sich die wehrhafte Demokratie nicht gefallen lassen, „da sind die staatlichen Organe gefragt“.
Kurzzeitig formierte sich im Innenstadtbereich auch eine Kundgebung von etwa zehn Gegendemonstranten. Ein Aufeinandertreffen der beiden Gruppen konnte nach Angaben der Polizei verhindert werden.
Aufgrund der unerwartet hohen Anzahl an Personen, wurden weitere Polizeikräfte, unter anderem des Polizeipräsidiums Einsatz, alarmiert. Im Anschluss beruhigte sich die Lage in der Stadt spürbar.
In einzelnen Gruppen durch die Innenstadt
Die seit vergangener Woche beworbene aber bei der Stadt Mannheim nicht angemeldete Versammlung wurde gegen 18.30 Uhr durch die Versammlungsbehörde verboten. Die am geplanten Treffpunkt, dem Mannheimer Wasserturm, anwesenden Teilnehmer wurden vor Ort von der Polizei angesprochen und auf das Verbot hingewiesen. Ihnen wurde gleichzeitig ein für den Abend gültiger Platzverweis für die Mannheimer Innenstadt ausgesprochen. Wie Knapp weiter berichtete, sei der Platz auf einen Schlag von Menschen "geflutet" worden.
Die Demonstranten bewegten sich daraufhin in mehreren Gruppen durch den Innenstadtbereich. Die Polizei erteilte unter anderem mit Lautsprecherdurchsagen wiederholt Platzverweise, denen nicht Folge geleistet wurde. So mussten die Einsatzkräfte immer wieder einzelne Aufzüge stoppen.
Am späten Abend bekamen es die Beamten dabei mit einer laut Polizeisprecher "hartnäckigen Gruppe" von rund 120 Personen am Plankenkopf zu tun. Von ihnen seien die Personalien aufgenommen worden. Ihnen drohen nun Strafanzeigen wegen des Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz.
Insgesamt wurden 121 Personen wegen Verstößen gegen das Versammlungsgesetz angezeigt. Weitere drei Personen müssen aufgrund verschiedener Straftaten wie Widerstand oder Beleidigung mit Strafverfahren rechnen. Die letzten Verkehrssperrungen im Innenstadtbereich konnten gegen 22.15 Uhr aufgehoben werden.
Am frühen Abend hatte die Polizei nach Auskunft des Behördensprechers leichte körperliche Gewalt anwenden müssen, um zu verhindern, dass mehrere Teilnehmer auf die Planken geraten. Über Seitenstraßen sei es ihnen trotzdem gelungen, in die Innenstadt vorzudringen.
Das Polizeipräsidium Mannheim war im Vorfeld auf die Corona-Gegner und -Gegnerinnen eingestellt, hatte der Sprecher am Nachmittag berichtet. Über soziale Netzwerke wie dem Messenger-Dienst Telegram war zu der Demonstration aufgerufen worden.
Strobl: Corona-Protest wird immer brutaler
Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) hatte die teils gewaltsamen Proteste gegen die Corona-Maßnahmen im Südwesten und Angriffe auf Polizisten scharf kritisiert. "Wer die Meinungs- und Demonstrationsfreiheit missbraucht, hierbei gar noch Gewalt gegen diejenigen anwendet, die sprichwörtlich ihren Kopf für den Schutz dieser Rechte hinhalten, verlässt den gemeinsamen Boden der Demokratie, er demoliert unsere Demokratie", teilte Strobl am Montag mit. Der Protest werde immer lauter, immer heftiger, immer brutaler.
Mehr als 1400 Polizistinnen und Polizisten hätten am vergangenen Wochenende im Südwesten 39 Versammlungen mit rund 9000 Teilnehmern begleitet, davon 22 Versammlungen mit Bezug zur Corona-Pandemie. Mit dem Anstieg der Infektionszahlen und strengeren Regelungen sei ein "intensiveres Versammlungsgeschehen" zu verzeichnen, bilanzierte Strobl. Bei Ausschreitungen in Reutlingen seien allein 150 Polizisten im Einsatz gewesen. Strobl berichtete von zahlreichen Straftaten und Ordnungswidrigkeiten, die angezeigt worden seien. (mit dpa)
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