Politik

Mannheimerin Ahmed ist deutsche Jugenddelegierte im Europarat

Die Mannheimerin Afia Mansoor Ahmed ist die deutsche Jugenddelegierte im Kongress des Europarats. An diesem Samstag organisiert sie ihre Projektveranstaltung in Mannheim zum Thema Diversität. Was hinter ihrem Engagement steckt

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Sebastian Koch
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Ist die deutsche Jugenddelegierte im Kongress des Europarats: die Mannheimerin Afia Mansoor Ahmed, die derzeit auch noch dem Migrationsbeirat angehört. © privat

Mannheim. Mit guten Ideen ist es ja bekanntlich so eine Sache. Wann weiß man, ob eine Idee gut ist? Und wann ist der Zeitpunkt, sie umzusetzen? Manchmal sind die besten Ideen ja aber auch jene, über die man gar nicht allzu lange nachdenkt, sondern einfach macht. Als Afia Mansoor Ahmed Ende Januar ihr Studium der Politikwissenschaften abschließt, ihre neue Arbeitsstelle aber erst ein paar Monate später antreten kann, sucht sie kurzerhand nach einer Aufgabe, die sie bis dahin erfüllt. „Ich nutze die Monate nach dem Studium jetzt, um etwas Cooles im Sozialen zu machen, für das ich noch keine Zeit gehabt habe“, habe sie sich gedacht, wie sie heute erzählt.

Ahmed bereits Migrationsbeirätin in Mannheim 

Dabei hätte Ahmed es eigentlich gar nicht nötig, sich im Sozialpolitischen noch mehr zu engagieren. Die Endzwanzigjährige ist bereits Migrationsbeirätin der Stadt und bringt sich zudem unter anderem im Projekt „Junge Muslime für Demokratie im Einsatz“ (Jumedie) ein. Dennoch bewirbt sie sich, am letzten Tag der Frist, als Jugenddelegierte für den Kongress des Europarats. „Ich zieh’ das jetzt durch“, habe sie sich gesagt. Und sie hat Erfolg. Die Mannheimerin wird unter mehr als 1000 Bewerbungen ausgewählt und ist seit März nun die (einzige) deutsche Jugenddelegierte im Kongress.

Der Europarat mit Sitz in Straßburg ist 1949 gegründet geworden. Die Bundesrepublik ist seit 1951 Teil des Rats, dem 46 Staaten angehören, darunter die 27 Mitglieder der Europäischen Union und weitere Flächenstaaten in Europa. Um dem Europarat beizutreten, müssen Staaten die Europäische Konvention für Menschenrechte unterzeichnen. Der Europarat ist kein Teil der Europäischen Union und darf nicht mit dem Europäischen Rat der EU-Staats- und Regierungschefs oder dem Rat der Europäischen Union, den die Minister bilden, verwechselt werden.

„Europa muss mehr Perspektiven in die Politik einbringen“

Als Jugenddelegierte berät Ahmed den Kongress des Europarats, die Vertretung der etwa 130 000 Kommunen der Mitgliedsstaaten. Wie alle anderen Delegierten zwischen 18 und 30 Jahren vertritt die Mannheimerin nicht explizit Interessen ihres Herkunftslandes, sondern die der Jugend in ganz Europa. „Wir beschäftigen uns mit allen Themen, die auf regionalen und lokalen Ebenen in Europa wichtig sind“, sagt sie und zählt etwa Klimawandel, Menschenrechte oder Sozialpolitik auf.

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Die Amtszeit dauert ungefähr ein Jahr. Jugenddelegierte nehmen im Frühjahr und Herbst an insgesamt mindestens zwei Plenarsitzungen teil, in denen sie Positionen der Jugend einbringen. Ahmed grinst, als sie an die Sitzung im März denkt. Sie sei damals „ins kalte Wasser“ geworfen worden - auf großer Bühne. Weil im Haus des Europarats Renovierungsarbeiten stattgefunden haben, musste der Kongress im benachbarte Europäischen Parlament tagen.

Wo sonst Parlamentarier der Europäischen Union diskutieren, schildert Ahmed nun, wie sie in ihrer ersten Woche als junge muslimische Frau in der Universität einst für eine Reinigungskraft gehalten worden sei. „Sowas passiert regelmäßig, wenn junge muslimische Frauen Räume betreten, in denen sie scheinbar fehl am Platz sind.“ Ahmed spricht über Jumedie und weitere Projekte, die sich in Mannheim über Bildung und Dialog gegen Antisemitismus und antimuslimischen Rassismus engagieren, und sie fordert den Kongress auf, Rassismus mit der „kollektiven Energie der europäischen Jugend und Gemeinschaften “ entgegenzutreten.

Ahmed: Europa habe beim Thema Diversität Nachholbedarf

Es sei ihr wichtig zu zeigen, dass sie als eine in Mannheim geborene Hijabi, also Kopftuchträgerin, ein Teil dieser Gesellschaft sei, der der Jugend eine Stimme gibt, hatte Ahmed einmal über ihr Engagement im Migrationsbeirat gesagt, für den sie sich 2019 übrigens auch erst am letzten Tag der Frist beworben hatte. Man kann wohl davon ausgehen, dass diese Motivation sie auch als Jugenddelegierte antreibt. „Für mich bedeutet Europa, dass wir ausleben dürfen, an was wir glauben: Demokratie und die Chance, dass sich junge Menschen selbst verwirklichen dürfen und gleichzeitig zeigen können, wo wir uns noch verbessern müssen“, sagt Ahmed heute.

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Vor allem beim Thema Diversität habe Europa Nachholbedarf. Die Jugenddelegierten wählten die Mannheimerin zu ihrer Key-Note-Speakerin, als die sie im Namen aller Jugendlichen eine weitere Rede hält, diesmal über Diversität als Schlüsselfunktion in einer globalisierten Welt. „Das Thema hat mich inspiriert, meine Zeit als Delegierte der Diversität zu widmen“, sagt sie im Gespräch. Ob beim Alter, der Herkunft, dem Aussehen, der sexuellen Orientierung oder anderen Aspekten: Gruppen, die Menschen vertreten, spiegelten nicht die Diversität wider, die es in der Bevölkerung gebe. „Wir müssen mehr Perspektiven in die Politik einbringen“, sagt Ahmed deshalb und sieht darin neben der Förderung der Demokratie die Möglichkeit, durch Ideen, Kooperationen und Empathie Ressourcen in Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft zu gewinnen.

Diskussion in der Kunsthalle über Diversität

Zwischen Frühjahr und Herbst müssen die Delegierten ein Projekt organisieren, das sich mit ihrer Arbeit beschäftigt. Unter dem Motto „Twin your Diversity“ diskutiert Ahmed am Samstag ab 13 Uhr in der Kunsthalle, wie Diversität auf kommunaler Ebene gefördert werden kann. Hierfür hat sie Menschen aus verschiedenen Städten, Communitys und Schichten zusammengebracht, die in Duos erarbeitet haben, was Diversität bedeutet und welchen Mehrwert sich daraus für eine Gesellschaft ergeben.

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„Ich möchte zeigen, dass es egal ist, woher ein Mensch kommt, wenn man sich auf gemeinsame Ziele verständigt und für diese gemeinsam arbeitet“, sagt Ahmed, die sich wünscht, dass Besucher und Besucherinnen durch die Veranstaltung „nur ein kleines bisschen“ dazu inspiriert werden, sich für mehr Diversität in Europa einzusetzen. Geschehe dies, wäre viel gewonnen. „Wir junge Menschen brauchen Menschen, die an uns glauben und die unsere Meinungen anhören“, sagt Ahmed. „Seid mutig, uns zuzuhören und mit uns zu sprechen.“

Redaktion Reporter in der Lokalredaktion Mannheim & Moderator des Stotterer-Ppppodcasts

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