OB-Wahl

Mannheimer Stadtrat Hornung sorgt mit Äußerung zu Erdogan und Riehle für Empörung

Der CDU-Politiker Thomas Hornung unterstellt SPD-Kandidat Thorsten Riehle, er werbe mit einem Interview um Stimmen von Erdogan-Wählern bei der Oberbürgermeisterwahl. Das sorgt für Kritik. Hornung weist die zurück

Von 
Sebastian Koch
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Dieses Plakat sei eine politische Botschaft, so Thorsten Riehle. © Christoph Blüthner

Der entscheidende zweite Wahlgang steht bevor - und je weniger Zeit bleibt, desto mehr spitzen sich die Scharmützel zwischen Unterstützern und Unterstützerinnen von Christian Specht und Thorsten Riehle auch auf sozialen Medien zu.

Seit seiner Nominierung muss sich der von CDU, ML und FDP unterstützte Specht online wie offline etwa gegen Vorwürfe wehren, er setze auch auf Stimmen der AfD. Das Lager um Specht wiederum erfreut sich am Streit der Grünen. Nachdem sich Kandidat Raymond Fojkar zurückgezogen und keine Empfehlung ausgesprochen hatte, unterstützen die Grünen ja Riehle, was CDU, FDP und ML kritisieren. Dass Teile dieses Lagers aber mindestens suggerieren, der deutliche Verzicht einer Empfehlung Fojkars sei ein Bekenntnis für Specht, wird ebenfalls diskutiert.

Thomas Hornung (l.) und Thorsten Riehle. © dpa/christoph Blüthner

Seit Montag sorgt nun Thomas Hornung für Empörung im linken Lager. Der CDU-Stadtrat hatte einen Facebook-Post kommentiert, der Riehle auf der Titelseite einer lokalen türkischsprachigen Zeitung zeigt. Der hatte der SPD-Kandidat ein Interview gegeben - auch in der Hoffnung, die Community am 9. Juli an die Urnen zu bringen. „Ups. Lässt Thorsten Riehle sich von Leuten wählen, die vor kurzem noch den Diktator der Türkei gewählt haben? Erdogan-Wähler würden Riehle wählen …“, kommentiert Hornung.

Die Zeitung „Vizyon“ ist in privater Hand und steht auch in keinem Zusammenhang etwa mit der Erdogan-nahen „Hürriyet“. Das türkischsprachige Medium erscheint seit rund 18 Jahren in der Region.

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Während auf Facebook etwa Grünen-Stadtrat Markus Sprengler in Hornungs Äußerungen eine „übelste“ Diffamierung einer „ganzen“ Wählergruppe sieht, weil Hornung alle in Mannheim lebenden Türken bezichtige, Erdogan gewählt zu haben, wirft ihm SPD-Bundestagsabgeordnete Isabel Cademartori Rassismus vor und „mit Hetze gegen türkischsprachige Mannheimer am rechten Rand“ zu fischen und „ Menschen auf Grund ihrer Sprache in Schubladen“ zu stecken. SPD-Stadtrat Reinhold Götz kritisiert eine „unglaubliche Entgleisung“.

Der weist die Kritik zurück. Seine Aussage sei zwar „politisch zugespitzt, aber begründbar“, erklärt er dieser Redaktion. Er geht davon aus, dass unter den Menschen, die den Sieg Erdogans in der Stichwahl Ende Mai in Mannheim gefeiert haben, auch solche mit doppelter Staatsangehörigkeit waren.

Etwa 3000 doppelte Nationalitäten

Es sei dem Niveau Cademartoris, die er schätze, „nicht würdig“, die Aussage als rassistisch zu bezeichnen. „Ich beziehe mich auf das Wahlrecht, das sich im Falle der Auslandstürken an der Staatsbürgerschaft festmacht. Das hat nichts mit Hautfarbe, Volkszugehörigkeit, Rasse oder Religion zu tun.“

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Am 9. Juli sind etwa 235 000 Menschen wahlberechtigt, die in Mannheim gemeldet, älter als 16 Jahre sind - und einen deutschen Pass oder den eines EU-Staats besitzen. Die Türkei gehört nicht dazu. Türken stellen die größte nicht-deutsche Bevölkerungsgruppe in Mannheim.

Laut Verwaltung besitzen von den knapp 16 000 hier lebenden türkischen Staatsangehörigen etwa 3000 auch einen deutschen Pass und sind wahlberechtigt. Ob und für wen die 3000 bei der Präsidentschaftsstichwahl abgestimmt haben, ist aber natürlich geheim. Bundesweit haben 67 Prozent der in Deutschland lebenden türkischen Staatsbürger Erdogan unterstützt. Die Wahlbeteiligung lag bei etwa 50 Prozent.

Mannheim. BUGA/Seilbahn. Interview mit Thorsten Riehle in Hinblick auf die Stichwahl zum Oberbürgermeister. Im Bild: MM-Redakteur Steffen Mack im Gespräch mit OB-Kandidat Thorsten Riehle (SPD) auf dem BUGA23-Gelände in Mannheim. © Christoph Blüthner

Es sei „gut und richtig“, sagt Hornung, dass Kandidaten um Stimmen verschiedener Nationalitäten werben. Das müsse aber in deutscher Sprache geschehen. Es sei ein Unterschied ob bei Katastrophen mehrsprachig gewarnt werde oder ob ein Kandidat „ohne Not“ von der Sprache auf dem Wahlzettel abweiche. „Immer wieder wird betont, Sprache ist der Schlüssel zur Integration.“

Auch die Kritik der Diffamierung weist er zurück. Vielmehr sei es diffamierend, wenn das politisch linke Lager Stimmung gegen Wählerinnen und Wähler mache, indem man unterstelle, Specht werde von der AfD unterstützt. Das sei „schlicht falsch“, sagt Hornung.

Redaktion Reporter in der Lokalredaktion Mannheim & Moderator des Stotterer-Ppppodcasts

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