Mannheim. Offiziell beginnt die heiße Phase immer erst sechs Wochen vor der Wahl. Aber in Wirklichkeit natürlich schon sehr viel früher. Der Wettstreit ums Mannheimer Rathaus wurde für einige schon im November 2022 eröffnet, als Amtsinhaber Peter Kurz überraschend auf eine erneute Kandidatur verzichtete. Als seine SPD dann im Januar Thorsten Riehle nominierte und sich das bürgerlich-konservative Lager um den Christdemokraten Christian Specht scharte, ging der Wahlkampf richtig los. Zumindest nach außen hin blieb indes alles weitgehend fair und sachlich. Doch vor dem entscheidenden Durchgang an diesem Sonntag wird es plötzlich spürbar hitziger.
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So fordern die Sozialdemokraten nun Klarheit über Spechts Wahlkampffinanzierung, über „Höhe und Herkunft“ der Gelder. Zudem solle er seine Absprachen mit der FDP und der Mannheimer Liste (ML) offenlegen. Mit Blick auf seine „ohne Frage kostenintensive Materialschlacht“ müsse die Öffentlichkeit informiert werden, um einen eventuellen Einfluss Dritter auf Spechts künftige Entscheidungen aufzudecken. „Es ist sowieso bemerkenswert, dass der Kandidat von jenen Parteien nominiert wurde, die kurz zuvor den von ihm eingebrachten Haushalt abgelehnt haben”, so der SPD-Kreisvorsitzende Stefan Fulst-Blei. In der Mitteilung heißt es, im Raum stünden Streichungen in den Bereichen Bildung, Klimaschutz, Soziales und Stadtentwicklung.
Verweis auf Wahlprogramm
Auf Anfrage spricht die CDU von völlig haltlosen und falschen Behauptungen. „Es ist schade, dass in einem bisher einigermaßen fairen Wahlkampf nun versucht wird, schmutzige Wäsche zu waschen, das ist nicht demokratiefördernd.“ Specht stehe als bisheriger Kämmerer für eine solide, zukunftsgerichtete und soziale Haushaltspolitik. Die von der SPD genannten, angeblich geplanten Kürzungen seien „völlig unerklärlich“. Über die tatsächlichen Vorhaben habe man die Öffentlichkeit schon vor einigen Monaten zusammen mit ML und FDP im gemeinsamen Wahlprogramm informiert.
Darauf weisen auch die anderen beiden Parteien in Stellungnahmen hin. Im gemeinsamen Programm habe sich Specht klar zu einem Neuverschuldungsverbot, einer besseren Verkehrsinfrastruktur und einer wirtschaftsfreundlichen Rathauspolitik für mehr Arbeitsplätze und Investitionen bekannt, so der FDP-Kreisvorsitzende Konrad Stockmeier. „Das ist uns Liberalen wichtig.“
Die ML nennt den SPD-Vorstoß einen äußerst fragwürdigen Versuch, mit Behauptungen Stimmung gegen Specht zu machen. Stadtrat Holger Schmid spricht von einem unwürdigen und enttäuschenden Verhalten. Einen fairen Wahlkampf bis zum Schluss gebiete auch der Respekt vor den Wählern. Fraktionschef Achim Weizel erinnert daran, dass sich die Sozialdemokraten ihrerseits erst vergangene Woche mit „massiven Zugeständnissen“ die Unterstützung der Grünen für den zweiten Wahlgang gesichert hätten.
Zur von der SPD geforderten Klarheit über Spechts Wahlkampffinanzierung äußert sich nur die CDU. Man habe die Größenordnung bereits genannt, es handele sich um eine niedrige sechsstellige Summe. „Eine genaue Aufstellung über alle Parteien hinweg wird selbstverständlich noch erstellt, wenn tatsächlich alle Ausgaben feststehen.“
Andere haben Zahlen vorgelegt
Auf „MM“-Anfrage haben die Mitbewerber ihre Wahlkampfbudgets schon Mitte Juni dargelegt. Riehle bezifferte da die bisherigen Kosten seines Wahlkampfs mit ungefähr 168 000 Euro. Etwa 73 000 Euro seien an Spenden eingegangen, einen mittleren vierstelligen Betrag habe er aus eigener Tasche beigesteuert. Den Rest trage die SPD. Grünen-Kandidat Raymond Fojkar, der im zweiten Wahlgang nicht mehr antritt, nannte eine Gesamtsumme von rund 120 000 Euro. Etwa 50 000 Euro kämen von der Partei, weitere 10 000 von kleinen und mittleren Spendern. Er selbst habe einen mittleren fünfstelligen Betrag investiert.
Specht sprach damals nur von einer Größenordnung seines Wahlkampfs im niedrigen sechsstelligen Bereich. Die Kosten übernähmen die drei ihn unterstützenden Parteien, „einerseits durch Eigenmittel und andererseits durch Spenden“.
Schon Ende vergangener Woche hat sich der Ton im Wahlkampf verschärft. Da beklagte die SPD eine systematische Plakatzerstörung überall in der Stadt. In manchen Straßenzügen seien Riehle-Plakate komplett entfernt und durch welche „des Gegenkandidaten“ ersetzt worden. Namentlich beschuldigt wurden da jedoch weder Specht noch die CDU. Man habe Anzeige gegen Unbekannt erstattet, hieß es.
Auch aus dem bürgerlich-konservativen Lager wurde schon über beschädigte Plakate geklagt. Gegenseitige Schuldzuweisungen waren im Wahlkampf aber stets nur hinter vorgehaltener Hand zu hören. Öffentliche Vorwürfe erhob nur einmal die SPD gegen Specht: Er dürfe sein Amt als Erster Bürgermeister nicht für Wahlzwecke missbrauchen. Da ging es im Mai um einen Auftritt im Rheinauer Freibad - also einige Nummern kleiner als jetzt.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Fragen zur Wahlkampffinanzierung sind berechtigt, kommen aber sehr spät