OB-Wahl

Mannheimer OB-Kandidat der PARTEI will U-Boote, gratis Döner - und Hanf

Thomas Bischoff tritt für die Satire-Partei bei der OB-Wahl an. Der Mannheimer will „frischen Wind“ in die „verstaubte Kommunalpolitik“ bringen. Er erklärt, mit welchem Programm er das erreichen will

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Sebastian Koch
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Hat früher American Football gespielt, interessiert sich für Geschichte und will Oberbürgermeister für die Satire-Partei werden: Thomas Bischoff. © Thomas Tröster

Mannheim. Er tritt in Uniform auf, fordert den Linienverkehr für U-Boote und dass Mannheim mit dem Anbau von Hanf zu einer Stadt wird, „in der man gerne lebt, lacht und sich kreativ ausleben kann“: Wenn Thomas Bischoff über Politik spricht, klingen die Forderungen häufig kurios. Ob sie alle ernst gemeint sind?

Bischoff jedenfalls will Oberbürgermeister werden. Der 57-Jährige ist in Mannheim geboren - wie Raymond Fojkar (Grüne), Thorsten Riehle (SPD), der vom konservativen Lager unterstützte Christian Specht (CDU) und die Linke Isabell Belser, die auch von Tierschutzpartei und Klimaliste unterstützt wird. Die Geburtsstadt, die manche in Kampagnen übrigens besonders betonen, ist die einzige Gemeinsamkeit, die Bischoff mit vielen Kandidatinnen und Kandidaten teilt.

Thomas Bischofd kann auch ernst

„Die anderen Parteien“, sagt er, „haben es nicht mehr geschafft, mich mit ihrem Einheitsbrei zu überzeugen“. Die Konsequenz: Der Lagerist und nach eigener Aussage langjährige „typische Wechselwähler“ tritt am 18. Juni nun selbst an - für die PARTEI, die „Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative“.

Mit Lea Schöllkopf hat die Satirepartei eine Stadträtin, die mit der Linken und der Tierschutzpartei die LI.PAR.Tie-Fraktion bildet.

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Wer sich mit Bischoff unterhält, führt ein Gespräch, das nicht nur auf satirischen Forderungen basiert. Die Argumentation ist ernst, wenn er etwa kommunale Kulturpolitik („Wer soll für 80 Euro ins Nationaltheater gehen? – Bestimmt nicht der kleine Arbeiter.“) oder politische Affären von Ursula von der Leyen kritisiert.

Die Kommissionspräsidentin ist so etwas wie das Lieblingsziel politischer Angriffe der Partei um ihren Vorsitzenden und Europaabgeordneten Martin Sonneborn. Spricht Bischoff, der American Football in der 2. Bundesliga gespielt hat, als Oberbürgermeisterkandidat der Partei über Mannheim, spielt von der Leyen keine Rolle mehr, und auch mit der Ernsthaftigkeit ist es vorbei.

Hofnarren statt Fürsten

Wenn man sehe, was in den Jahrzehnten (nicht) erreicht worden sei, in denen „die hohen Fürsten der redlichen Politik“ in Mannheim in Verantwortung standen, „sollte man darüber nachdenken, anstatt wieder den Fürsten dieses Mal den Hofnarren das Zepter zu übergeben“, sagt Bischoff, der sich als „Kuhfürst, nicht als Kurfürst“ bezeichnet.

Was machen Hofnarren besser als Fürsten? „Das wissen wir nicht - wir waren ja noch nie dran.“ Ein Argument, das historisch tatsächlich nur schwer zu widerlegen ist. „Man muss den Hofnarren erstmal eine Chance geben.“

Weil aber auch ein Kandidat der Satire-Partei Politiker sei, ist er nicht ganz ohne Programm erschienen. „Wir dürfen nicht mit dem verstaubten ewig Gleichen an die Sache rangehen“, ist er überzeugt und meint: „Wir bringen frischen Wind rein. Die Partei ist genau die Partei, die die heutige Zeit braucht.“

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So würden Politikerinnen und Politiker „immer schreien“, den Verkehr von der Straße auf die Schienen zu verlegen. „Dann streikt die Bahn - und in die Luft können wir es ja auch nicht bringen.“ Bischoffs Vorschlag: U-Boote, die zwischen Mannheim, Worms, Speyer und Heidelberg verkehren. „Damit entlasten wir die Straße, die Boote werden nicht gesehen, und sie belästigen deshalb auch niemanden.“ Ein erstes U-Boot wurde ja bereits vor ein paar Tagen nach Speyer gebracht (wir berichteten). „Über Wasser - wie lächerlich.“

Auch in Mannheim hat indes angesichts ausgelassener Feiern nach dem Sieg von Recep Tayyip Erdogan bei den türkischen Präsidentschaftswahlen die Debatte um Integration wieder Fahrt aufgenommen. Um die Integration und die Völkerverständigung zu erleichtern, will Bischoff als Oberbürgermeister allen Döner kostenlos zur Verfügung stellen. Genauso übrigens italienische Eisbecher.

Achtungserfolge bei Wahlen 2019

In der Diskussion um den teuren Neubau einer Stadtbibliothek oder um eventuelle Investitionen in ein neues Fußballstadion positioniert sich Bischoff indes realpolitisch klar. Wenn sie nicht brav sind, würde Kindern vieles verboten werden: CDs, Videospiele, Fernsehen oder Computer. Nur Bücher blieben immer erlaubt. „So ist meine Liebe zu Büchern gekommen“, erinnert sich Bischoff, der sagt, historisch interessiert zu sein. In seiner Freizeit geht er unter anderem historischen Rollenspielen nach. „Bildung und Bücher stehen vor Stadien - definitiv.“

2019 hatte die Partei bei der Europawahl mit 2,4 Prozent ihr bestes Ergebnis erreicht. In der Gruppe der Erstwähler und Erstwählerinnen war sie mit neun Prozent damals bundesweit sogar drittstärkste Kraft. Bei der Kommunalwahl in Mannheim im selben Jahr vereinte Schöllkopf fast 9000 Stimmen auf sich.

Bei der Landtagswahl 2020 erreichte die Partei 1,2 Prozent. Kritikerinnen und Kritiker argumentieren, die Partei würde die Demokratie ins Lächerliche ziehen und in Parlamenten jenen die Sitze wegnehmen, die Politik ernsthaft gestalten wollten. „Man muss uns ja nicht wählen - deshalb blockieren wir die Demokratie auch nicht“, weist Bischoff die Kritik als „unsinnig“ zurück und verweist auf Sonneborn, laut dem seine Partei auch politischen Extremen vor allem am rechten Rand Proteststimmen streitig macht.

Mit Hanf-Einnahmen Mannheimer Schlaglöcher stopfen

Für seine erste Amtshandlung als Oberbürgermeister ist Bischoff übrigens vom politischen Berlin abhängig. Zwar spielt von der Leyen dabei keine Rolle - ganz sorgenfrei blickt er dennoch nicht in die Hauptstadt. Schließlich rückt der 18. Juni näher - die Hanf-Legalisierung aber ist noch nicht beschlossen. „Wenn die Koalition in die Pötte kommt, wird die Au noch in diesem Jahr eine Hanfplantage“, verspricht Bischoff und verweist auch auf die Nachhaltigkeit des Naturprodukts.

„Außerdem zaubert Hanf den meisten ein Grinsen ins Gesicht.“ Über die Plantage komme auch Geld in die klammen Kassen. „Dann hätte Mannheim keine Schlaglöcher mehr, und auch die Frage ,Bibliothek oder?’ hätte sich erledigt.“

Redaktion Reporter in der Lokalredaktion Mannheim & Moderator des Stotterer-Ppppodcasts

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