Die Mannheimer Liedertafel ist der älteste Chor der Stadt. Gegründet wurde er im Jahr 1840. Das aktuelle ist zwar kein Jubiläumsjahr, aber einen runden Geburtstag kann die Liedertafel dennoch feiern: Seit 1874, und damit seit 150 Jahren, pflegt sie die Gesangstradition in ihrem eigenen Vereinshaus mitten in den Quadraten – in K 2, 31/32. Und genau diesen Ort suchten wir in unserer Serie „Erkennen Sie Mannheim?“
Die fast vier Dutzend Leserinnen und Leser, die sich an der Folge 218 beteiligten, lagen allesamt richtig mit ihrer Ortsangabe. Und die meisten können sich noch ganz konkret an ihre früheren Zeiten in diesem Viertel erinnern. Zum Beispiel Reinhard Siegel: „Im Winter, wenn Schnee gefallen war, war es ein Vergnügen, Schneebälle auf das Schild der Liedertafel zu werfen. Es blieben immer kleine Schneehügel hängen, das sah lustig aus“, schreibt er.
Gabriele Legleiter stieg „in den letzten Jahren gesangsaktiv öfter die vielen Treppen zum Probesaal der ,Mannheimer Liedertafel’ hinauf“. Dort zog es sie „zum ,Offenen Singen’ und den Proben des ukrainisch-deutschen Chorprojekts ,Rushnyk’“. Auch Karin Rose erkannte den Ort sofort, schließlich ist sie langjähriges Chormitglied. Und weiß im Übrigen sehr gut über die Geschichte der Örtlichkeit und des Vereins Bescheid.
Um das von ihm erbaute Haus zu finanzieren, vermietete der Verein einen Teil des Gebäudes, das im Zweiten Weltkrieg durch Bomben teilweise zerstört und bis 1950 wiedererrichtet wurde. In den großen Saal zog ein Kino ein, früher die „Kurbel“, heute das „Atlantis“. Weitere Räume im Erdgeschoss übernahm die Speisegaststätte „Geheimrat“, heute befindet sich dort die „Spaghetti Oper“.
Die Gewinner
- Mannheimer Morgen und Marchivum arbeiten bei „Erkennen Sie Mannheim?“ Hand in Hand.
- Unter den richtigen Einsendungen werden kleine Geschenke aus dem Bestand des Marchivum verlost.
- Als Gewinner der Folge 218 sind gezogen worden: Günther Daub, Anna-Lena Möller und Karin Rose.
- Folge 219 unserer Rätsel-Serie „Erkennen Sie Mannheim?“ erscheint am Mittwoch, 8. August.
- Die Auflösung zu Folge 219 erscheint am Donnerstag, 16. August.
In den Schaukästen die „Schönheiten der Nacht“
Und dann waren da noch die Vergnügungsstätten ringsum, die vor allem männlichen Lesern lebhaft in Erinnerung geblieben sind. Zum Beispiel Günther Daub, der in seiner Zuschrift den Nachtclub „Trocadero“ erwähnt: „Da hingen früher Schaukästen, die die Schönheiten der Nacht zeigten, die wir als Kinder und Jugendliche immer interessiert verschlangen.“
Hier habe sich damals „eine nicht jugendfreie Striptease-Bar“ befunden, „in der es viel weibliche Haut zu bewundern gab“, blickt Winfried Blank zurück. Und gesteht ein: „Auch wenn diese Tanz-Bar auf meine Freunde und mich als damals junge Erwachsene einen gewissen Reiz ausübte, trauten wir uns mehr als eine kurze Stipp-Visite aus Neugier allerdings nicht zu, zumal uns natürlich auch die deftigen Getränke-Preise davon abhielten.“
Gerhard Schmitt war rund ums „Trocadero“ hin und wieder beruflich gefordert: „Als Polizeibeamter war ich in den 1960er Jahren dem Polizeirevier 1 in F 1,5 (am Marktplatz) zugeteilt. Dienstlich gab es hier öfters etwas zu tun. In dieser Gegend gab es damals viele Bars, die auch von amerikanischen Soldaten besucht wurden. Folglich musste oft die ,MP’ einschreiten.“ Ein paar Jahre später hatte auch Edwin Darmstädter dort zu tun: Er war bei der Bundeswehr in Mannheim „und zeigte 1975 bei einem Zugabend meinen Kameraden das Nachtleben. Die meisten kannten sich ja nicht aus.“
Vielen ist der Ort aber vor allem wegen der Kinos in Erinnerung geblieben, wobei die „Kurbel“ nicht selten „Filme der etwas unteren Kategorie“ abgespielt habe, so Günther Daub: „Wir mussten uns hineinmogeln, da Filme häufig erst ab 18 Jahren zugelassen waren.“ Aber in den 1950ern, so Reinhard Siegel, habe es sonntags um 15 Uhr auch „immer einen Märchenfilm“ gegeben. Heinz-Jürgen Klitzke denkt noch mit Vergnügen an „Doppelsitzbänke“ in der letzten Reihe des Kinos zurück – „das war ab und zu recht schön und über Weiteres schweigt das Sängers Höflichkeit“. An Zweisamkeit erinnert sich auch Marion Daniela Schneider, wenn sie das Foto aus diesem Viertel sieht. Bei einem Konzert traf sie 1988 „einen jungen Mann, mit dem ich mich so gut verstand, dass wir uns gut gelaunt in den ,Geheimrat’ aufmachten. Dort auf dem riesengroßen Biedermeiersofa haben wir uns so richtig festgequatscht.“ Gleichwohl habe es erst einige Wochen später „gefunkt“, aber „da wir nie aufgehört haben, miteinander zu reden, sind wir gemeinsam durch sehr gute, gute und weniger gute Tage, durch Freude und Trauerzeiten gegangen. Verheiratet bin ich mit meinem wirklich göttlichen Gatten seit 1996 – die Liebeserklärung für ihn musste sein!“
Zuvor der „Geheimrat“, seit 30 Jahren die „Spaghetti Oper“: Etliche Leserinnen und Leser wissen dieses Restaurant sehr zu schätzen. Die freundlichen Betreiber, so Anna-Lena Möller, „zaubern mir immer ein Lächeln ins Gesicht“. Schließlich war das K-Quadrat „der erste Ort, an dem ich in Mannheim gewohnt habe. Bereits an meinem ersten Wochenende bin ich in der Spaghetti Oper wenige Meter von meiner Haustüre essen gewesen.“
Alle Läden in der Nähe – „da brauchte man kein Lastenrad“
Kino, Restaurant, Chorgesang: „Für mich“, so Gabriele Legleiter, „ist um diese Ecke herum alles geboten, was Auge und Geist, Kehle und Seele sowie Gaumen und Magen anspricht“. Wobei es in früheren Zeiten ein noch größeres Angebot gab, an das Reinhard Siegel erinnert: „Bäckerei, Milch- und Käse-Laden, Metzgerei, Schreibwarenladen, Frisör und ein Lebensmittelladen waren fußläufig zu erreichen, da brauchte man kein Lastenfahrrad.“
Zurück zum Haus, das hier im Mittelpunkt steht: Die persönlichen Erinnerungen von Karin Rose daran reichen bis in ihre Kindheit Anfang der 1960er Jahre zurück: „Meine Eltern lernten sich im Chor kennen, mein Bruder und ich waren bei den Familien-Weihnachtsfeiern dabei, wo wir dem Nikolaus Gedichte aufsagten.“ Seit 1981 ist Rose selbst „aktive Sängerin“.
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