Bundesgartenschau

Das kurze Leben des Dominic Spinelli wird im Vorfeld der Buga aufgearbeitet

Eine berührende italienisch-amerikanische Familiengeschichte mit Wiedersehen in Mannheim - die Geschichte von Dominic Spinelli, nach dem das einstige Militär-Areal benannt wurde, soll im Vorfeld der Buga "aufblühen"

Von 
Waltraud Kirsch-Mayer
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Drei Wochen vor Ende des Zweiten Weltkriegs töteten deutsche Scharfschützen den US-Gefreiten Dominic Spinelli, als er Kameraden retten wollte. Die Spinelli Barracks trugen seinen Namen. © Christoph Blüthner

Mannheim. Spinelli, Spinelli, Spinelli – tönt es derzeit aus dem (medialen) Blätterwald. Bei dem italienisch klingenden Namen dürfte allseits das einst vom US-Militär genutzte Areal in den Sinn kommen, wo ab Mitte April bis in den Oktober die Bundesgartenschau sprießt. Doch was hat es mit dem oder der Spinelli auf sich? Auf Spurensuche begab sich der „MM“ bereits 2016 und stieß damals auf eine italienisch-amerikanische Familiengeschichte mit Wiedersehen auf deutschem Boden. Die verschlungenen Schicksalswege sollen im Vorfeld der Buga erneut „aufblühen“ – auch weil sie davon künden, dass aus Feinden Freunde werden können.

Einfacher Gefreiter

Rückblick: 2016 dient das von der US-Army geräumte Kasernengelände Spinelli als Flüchtlingsunterkunft. Was es mit der Namensgebung auf sich hat, dazu gibt es so gut wie keine Informationen. Beim Stöbern in Gedenkportalen des US-Militärs findet sich ein junger Italo-Amerikaner namens Dominic Spinelli, der als einfacher Gefreiter beim 398. US-Infanterie-Regiment Sanitätsdienste versah. Drei Wochen vor Ende des Zweiten Weltkriegs wurde er im Landkreis Heilbronn tödlich von Kugeln getroffen, als er verwundete Landsleute aus der Feuerlinie bergen wollte. Und weil es bei der US-Army üblich ist, Kasernen auch nach gefallenen Soldaten ohne Offizierskarriere, aber mit heldenhaftem Verhalten zu benennen, bekam die einstige Feudenheimer Pionierkaserne 1948 die Bezeichnung „Spinelli Barracks“.

Aber da gibt es noch eine Geschichte danach: Und die begann 1961, als auf dem US-Versorgungsareal, wo noch Panzer über den Asphalt walzten, eine Gedenktafel für den Namensgeber Spinelli angebracht werden sollte. Damals fiel zwei US-Offizieren auf, dass über das kurze Leben des aus Hamilton (Bundesstaat Ohio) stammenden Italo-Amerikaners kaum etwas bekannt war. Sie nahmen Kontakt zur dortigen Zeitung auf. Reporter fanden heraus, dass Dominic Spinelli Sport und Musik geliebt sowie vor dem Eintritt in die Armee im September 1944 die Medical School der Missouri-Universität besucht hatte. Außerdem schickte „The Journal News“ eine Verwandtenliste: Ganz oben standen die Adressen der noch lebenden Eltern und der Schwester. Und so reifte die Idee, die Drei zur Enthüllung der geplanten Gedenktafel einzuladen.

Allerdings galt es, Geld für Flüge zusammenzubringen, die sich die Familie nicht leisten konnte. Zu dem kreativen „Spinelli-Komitee“ gehörte Don Antonio Mattalia, der in Mannheim italienische Landsleute betreute – die ersten angeworbenen Gastarbeiter. Der Seelsorger wandte sich seinerseits an den Bürgermeister der apulischen Hafenstadt Bari und den Bischof von Reggio Calabria, um dortige Spinellis aufzuspüren. Benefizaktionen brachten Geld in die Komitee-Kasse: beispielsweise deutsch-amerikanische Bingo-Abende und ein Konzert, das der Feudenheimer Harmonika-Club Gut Klang, Käfertaler Akkordeon-Spieler und Musiker der 33. Army-Band gemeinsam im Rosengarten gaben. Eintritt: drei Mark.

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„In seinem Willen ist unser Friede“

Im Juli 1962 (und damit 17 Jahre nach Kriegsende) war es soweit: Die Ehrung des 1945 erschossenen Sanitäters Dominic Spinelli vereinte eine ursprünglich süditalienische Familie, die Armut auseinandergerissen hatte. „Ein bewegendes Wiedersehen“ schrieb der „MM“. Der in die USA ausgewanderte (damals) 65-jährige Vater Dan Vito Spinelli hatte seine Brüder 42 Jahre lang nicht mehr gesehen. Was auch für jene Vettern galt, die es als Gastarbeiter nach Bremen verschlagen hatte. Oberbürgermeister Reschke lud die Spinellis aus Nah und Fern ins Mannheimer Rathaus ein. Am Tag darauf zelebrierte ein Geistlicher der Familie gemeinsam mit dem Käfertaler Pfarrer eine Gedenkmesse im Hof der Barracks. Den Altar unter freiem Himmel hatten Wallstädter Bürger geschmückt, der Feudenheimer Gesangsverein Deutsche Einheit umrahmte den Gottesdienst. Der Gedenkstein, ein Granitblock, wurde bei einer militärischen US-Zeremonie mit Abordnung der Bundeswehr, Ehrengästen und Angehörigen enthüllt. Unter dem Text „In Memoriam Dominic Spinelli 1923 bis 1945“ prangte in italienischer, englischer und deutscher Sprache das Dante-Wort: „In seinem Willen ist unser Friede.“

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Vor ihrer Abreise machten sich die Spinellis in die württembergische Gemeinde Willsbach auf, in deren Nähe „ihr“ Dominic gerade mal 22 Jahre jung sein Leben gelassen hatte. Aus dem seinerzeitigen „MM“-Bericht geht hervor, dass Dan und Esther Spinelli, die ihren Sohn durch deutsche Scharfschützen verloren hatten, in einem Brief an Mannheims Oberbürgermeister von „manch guten Erinnerungen“ schreiben, die sie von Deutschland nach Amerika mitgenommen haben.

Bei der Spinelli-Spurensuche anno 2016 ist diese berührende Geschichte wie vom Winde verweht – obendrein der Gedenkstein (vermeintlich) verschwunden. Aber dann findet sich der Granitblock doch noch, zugewuchert im alten Kasernenhof hinter dem Haupteingang. Die Bronzetafel fehlt – sie ist wohl in Kaiserslautern bei der dortigen Army-Base eingelagert worden.

Bleibt noch zu erwähnen: Manchmal treibt das Schicksal Blüten. Bekanntlich wird die Buga auf Spinelli am 14. April eröffnet – und damit exakt am 78. Todestag von Dominic Spinelli.

Freie Autorin

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