Denkmalschutz

Exponate des Mannheimer Buga-Lapidariums kommen auf Spinelli

Die ersten Steine des künftigen Lapidariums werden verladen und auf das Spinelli-Gelände gebracht. Auch Originale vom Wasserturm sind darunter

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Peter W. Ragge
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Muschelblasende Tritonen, lädierte Originale der Bekrönungsfiguren der Wasserturm-Pavillons. © Thomas Tröster

„Endlich am Ziel“, jubelt Bernd Hahner. „Nach 20 Jahren Kampf“ sei das „ein freudiger Tag“, sagt das Vorstandsmitglied des Vereins Stadtbild im städtischen Bauhof in der Ölhafenstraße. Dort hat jetzt der Abtransport der Originale wichtiger Denkmäler und Reste historischer Gebäude begonnen. Bereits während der Bundesgartenschau sollen einige Exemplare in der U-Halle ausgestellt werden – als Vorstufe für ein dauerhaft dort vorgesehenes Lapidarium.

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Zuletzt hatte es noch ein Gezerre verschiedener Ämter gegeben, wer die Transportkosten übernimmt. Und auch als das geklärt ist und der Transport dann endlich losgehen soll, klappt nicht alles wie geplant. Ausgerechnet dort, wo die großen, für das Projekt wichtigen Skulpturenteile lagern, kann trotz Voranmeldung jetzt kein Kran, kein Radlader hinrollen. „Die haben alles zugestellt“, schimpft Philipp Morlock. Ringsum sind – offenbar erst kürzlich, so frisch sehen sie aus – über 100 nagelneue Altpapier- und Restmüllcontainer abgestellt und gestapelt worden. Die müssen jetzt erstmal weggerollt werden. Das dauert Stunden.

„Alles vergammelt“

So nehmen sich nun die Mitarbeiter von „barac“ mit ihrem Teleskopstapler nur einige der Lampenaufsätze der Jugendstilleuchten der Friedrichsplatzanlage vor. Längst stehen am Wasserturm Kopien. Die Originale liegen hier in der Ölhafenstraße seit Jahrzehnten im Freien, alle verdreckt und vermoost. Nun kommen die großen Teile – 1,20 Meter Durchmesser, 1,40 Meter hoch – in den Tieflader einer polnischen Spedition und so auf das Spinelli-Gelände. „Da nehmen wir viele mit, die werden dann in Blumenbeeten aufgestellt, das wird sicher schön“, sagt Philipp Morlock.

Abtransport der verdreckten und vermoosten Lampenaufsätze der Jugendstilleuchten der Wasserturmanlage zum Spinelli-Gelände. © Pressefotoagentur Thomas Tröster

Der Mannheimer Künstler, bekannt für seine Projekte auf Konversionsflächen wie auch das Einraumhaus, betreibt auf Franklin „barac“, eine Art Künstler-Werkstatt. Mit dem dortigen Team hat er den Auftrag übernommen, die Exponate für das künftige Lapidarium in den städtischen Depots abzutransportieren, auf Franklin zu bringen und dort dann zu arrangieren.

Lapidarium

  • Unter einem Lapidarium (Lateinisch lapis für Stein) versteht man eine – meist öffentlich zugängliche – Sammlung von historischen Grab- und Wegsteinen, Skulpturen, Sarkophagen, Bauteilen und Zierelementen zerstörter oder erneuerter historischer Gebäude sowie der Originale von Denkmälern, die aus konservatorischen Gründen (Verwitterungsgefahr) durch Kopien ersetzt wurden.
  • Unter anderem in Stuttgart, im Landesmuseum Württemberg, im Territorialmuseum Babenhausen (Hessen), in Sinsheim, Esslingen, Heilbronn, Offenburg, Dresden, München, Nürnberg, den Schlössern Schwetzingen und Ludwigsburg gibt es Lapidarien. pwr

„Wahnsinn, Wahnsinn“, sagt er immer wieder, als er durch das offene Depot läuft, wo die alten Fragmente herumstehen. Darunter zum Beispiel zwei Tritonen, die in eine Muschel blasen – die Originale der längst durch Kopien ersetzten Bekrönungsfiguren der Pavillons vom Wasserturm. Auch den Sphingen vom Treppenaufgang am Wasserturm begegnet man hier – noch, denn sie sollen ebenso künftig auf dem Spinelli-Gelände wachen. Teils arg lädiert sind die Wassergötter „Rhein“ und „Neckar“; Fragmente aus Sandstein vom Marktplatzdenkmal, ebenso wie Handelsgott Merkur und Stadtgöttin Mannheimia. „Alles vergammelt“, schüttelt Morlock immer wieder mit dem Kopf angesichts dicker Staub- und Sandschichten, die auf den Figuren liegen, sowie vieler abgeplatzter und abgebrochener Teile. Dazwischen liegen gusseiserne Pfosten, ein einst sicher sehr schönes, aber verbogenes Treppengeländer, dazu immer wieder Bretter, Gestelle, alte Verkehrszeichen und Holzpfähle, die – so hat Morlock gehört – einst an der Schleuse verbaut gewesen sein sollen. Schließlich stehen zahlreiche Holzkisten herum, mit teils längst verrosteten Nägeln verschlossen. „Bin sehr gespannt, was da drin ist“, rätselt Morlock – vermutet wird, es seien die Gussformen für den Abguss der Denkmäler, aber genau weiß es keiner. „Hier sind wir eine Weile beschäftigt“, steht für ihn fest, und das werde sich auf dem Spinelli-Gelände fortsetzen. Jedenfalls müsse man die Exponate dort auf einen festen Untergrund stellen.

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Aber es seien auf dem Spinelli-Areal „schon schön gestaltete, grüne Oasen vorbereitet, dass die Originale in all ihrer Schönheit und mit all ihren Blessuren einen historischen Bogen spannen vom alten Mannheim zu seinen neuen Entwicklungen“, sagt Helen Heberer, Vorsitzende des Vereins Stadtbild, der seit Jahrzehnten für ein Lapidarium kämpft. Dass nun eine Vorstufe entstehen könne, sei „ein attraktiver Beitrag zur Bundesgartenschau“, freut sie sich. Sie hoffe, dass die Exponate dann auch auf Dauer in der U-Halle für die Öffentlichkeit zugänglich sind. „Das würde heißen, dass wir nach schier unendlich erscheinenden Jahren unser Ziel erreicht hätten“, so Heberer. Nun kann sie es erstmal „kaum fassen, dass unsere alten Schönheiten jetzt doch aus ihrem tristen Dasein auf Bauhöfen befreit werden“.

Redaktion Chefreporter

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