Mannheim. Mancher traut sich nicht. „Das ist mir nicht so geheuer“, schüttelt eine Frau heftig den Kopf und wendet sich schnell ab. Andere sind neugierig, einige betont lässig, wieder andere gruselt es etwas beim Blick in die Gefängniszelle. „In jedem Fall sind wir ein Anziehungspunkt“, freut sich Erster Amtsinspektor Michael Kollmann, Ausbildungsleiter der Justizvollzugsanstalt, die erstmals auf dem Maimarkt präsent ist.
Justizvollzugsanstalt auf dem Maimarkt: Vollzug, Sozialdienst, Verwaltung - es fehlt an Nachwuchs
„Türen schließen - Zukunft öffnen!“ oder „Der schnellste Weg ins Gefängnis - Eine Ausbildung“: Mit solchen Slogans werben die Beamten für den Beruf hinter Gittern. Denn ob im Vollzug, im Sozialdienst, der Verwaltung oder in den Werkstätten, wo die Häftlinge arbeiten - überall fehlt Nachwuchs. Aus den Reihen der Beamten gründete sich daher eine Arbeitsgruppe, um für die Ausbildung zu werben, unter anderem bei Messen wie der „Jobs for Future“ oder jetzt beim Maimarkt. Hier könne man „zeigen, dass das ein normaler Beruf ist und dass wir auch nur Menschen sind“, und gegen Vorurteile angehen, so Kollmann: „Wir sind nicht die Bösen, sondern die, die die Böden bewachen“, sagt er.
„Und es bringt etwas“, freut sich Kollmann, denn nach jedem Auftritt gingen die Bewerberzahlen „drastisch nach oben“. Bewusst biete man einige Wochen nach solchen Aktionen auch einen Infotag an, den nächsten am 16. Mai von 16 bis 18 Uhr. „Außerhalb der Mauern“, wie der Ausbildungsleiter betont, in einem der alten Beamtenwohnhäuser in der Herzogenriedstraße 117.
Ein Blick in die Zelle: „Überraschend geräumig“ oder „beängstigend“
„Der Job ist wirklich interessant, kein Tag ist wie der andere “, sagt Amtsinspektor Sven Schmidt. „Vom Eierdieb bis zum Doppelmörder“ hat er alles in dem Bereich, den er verantwortet. „Selbstsicheres Auftreten“ helfe im Alltag, „und man braucht auch Fingerspitzengefühl, gerade wenn jemand neu im Gefängnis ist“. Die zwölf Quadratmeter große Zelle, die Schmidt immer wieder hinter Maimarktbesuchern zu- und wieder aufschließt, sei die Standardgröße im Vollzug, die in Mannheim - weil 1905 bis 1909 erbaut - nicht überall erreicht werde. Hier seien es neun Quadratmeter.
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Die zwölf Quadratmeter große Musterzelle findet mancher Maimarktbesucher „überraschend geräumig“. Die Meinungen sind aber sehr geteilt, wobei es eine große Scheu gibt, sich bei dem Thema mit Name zitieren zu lassen, viele gleich weitereilen. „Ich wollte da nicht rein“, sagt einer, ein anderer findet, „es soll ja nicht bequem sein, man soll sich nicht wohlfühlen“. „Besser als unter der Brücke“ oder „Besser als obdachlos“ ist öfter zu hören - wobei Obdachlose ja nicht automatisch straffällig werden.
Gerade Frauen bekennen indes oft, Platzangst zu bekommen angesichts der Enge, wenn die Tür hinter ihnen zugeht. „Beängstigend“ heißt es dann. Andere Besucher hätten sich die Zelle kleiner und enger vorgestellt. „Dafür, dass es Verbrecher sind, ist es zu gut, bei mir würden sie nur Wasser und Brot bekommen“, sagt eine Frau streng und kritisiert, dass Gefangene einen Fernseher von der Anstalt gestellt bekommen - gegen gesonderte Gebühr. „Ui, ein Knast“ kichern ein paar Jugendliche, schauen kurz rein und gehen schnell weiter. Und ein 16-jähriges Mädchen, das die Zelle mit seiner Mutter besichtigt, kann eines gar nicht fassen: das Handyverbot: „Das würde ich nicht aushalten!“, sagt sie.
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