Mannheim. Seine erste Liebe war nicht brünett, sondern eine Schwarzbunte namens Astra: „Und hatte wunderbare Augen“, schwärmt Gerd Seemann heute noch in Erinnerung an seine Ferien auf dem Bauernhof der Großeltern in Bayern. Inzwischen ist der Knirps von damals nicht nur promoviert und Vater von zwei erwachsenen Kindern, sondern berät bereits seit 27 Jahren beim Rindergesundheitsdienst Landwirte. In Halle 45 beantwortet er auch alle Fragen großer und kleiner Maimarktbesucher. Und kann von emotionalen Messe-Begegnungen bis zu spektakulären Elefanten-Rettungsaktionen so manche rührende oder skurrile Geschichte erzählen.
Kuhflüsterer auf dem Maimarkt: Wie Gerd Seemann Tierarzt wurde
Tierarzt war schon als Kind der absolute Traumberuf des heute 60-Jährigen. Er litt jedoch mit jedem kranken Ferkel oder Gänslein derart mit, dass er zunächst auf Landwirtschaft umschwenkte: „Mit dem Erwachsenwerden und als Fleischesser habe ich aber gelernt, mit den Krankheiten der Tiere und dem Schlachten umzugehen.“ Nach dem Abi sagte dann eine Bäuerin, auf deren Hof er fast wie zu Hause war: „Ja wenn Du nicht Tierarzt wirst, wer dann? Damit war es entschieden.“
Warum der Tierarzt einen Zirkus-Elefanten schnell auf die Beine brachte
Diese Begeisterung für Vierbeiner teilt er auch gerne mit den Gästen in den Tierschauzelten. Dort versucht so manches Kind, aus dem Kinderwagen zu klettern, um seidiges Fell zu streicheln. Da muss man sicher manchmal die Kälber vor allzu neugierigen Fingern schützen? „Schon“, räumt er lachend ein: „Nein, im Ernst - nicht dass ein Tier erschreckt und ein Kind verletzt.“ Und auch wenn der einstige Klinik- und Praxis-Arzt heute recht froh ist, dass er beim Rindergesundheitsdienst nicht mehr zu nächtlichen Notdiensten und OPs gerufen wird: Spektakulär können Einsätze auch am helllichten Tag sein. So wurde er jüngst von einem benachbarten Feuerwehrmann aus Mühlacker um Hilfe gebeten. Der Elefant von einem Wanderzirkus konnte nicht mehr alleine aufstehen: „Da ist schnelles Handeln gefragt.“ Denn das Gewicht schädigt die Muskulatur derart, dass der Dickhäuter nie mehr auf die Füße kommt. Mit Blaulicht eilte sogar der Zootierarzt aus Karlsruhe herbei. Und die Helfer stellten das Schwergewicht wieder auf die Füße.
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Die enge Verbindung des Rinderflüsterers zu den Hornträgern mit den langen Wimpern ist ihm als Nachfahre von Bauern wohl schon in die Wiege gelegt worden: „Ja, tatsächlich, als Kind dachte ich, man könnte durch die Augen bis in die Seele schauen.“ Und wenn man dem Veterinär und seinen Erzählungen lauscht und ihn mit seinen vierbeinigen Patienten erlebt, dann denkt man, dass ein Teil von ihm wohl heute noch so empfindet: „Na ja, mit den allermeisten Tieren habe ich sofort einen ganz engen Kontakt.“
Aber was ist eigentlich aus seiner großen Liebe von einst mit dem sternenfunkelnden Blick geworden? „Astra wurde 17 Jahre alt und hatte schon jede Menge Zähne verloren.“ Was seiner Erinnerung an die gefleckte Schöne jedoch keinerlei Abbruch tut. Alte Liebe rostet nicht? Da lacht der Mediziner: „Stimmt ganz genau.“
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