Ludwigshafen. Mehr als eineinhalb Jahre nach dem Messerangriff mit zwei Toten im Ludwigshafener Stadtteil Oggersheim gibt es am Tatort jetzt eine kleine Gedenkstätte zur Erinnerung an die Opfer. Die Hinterbliebenen hatten sich dafür eingesetzt.
Kurt Sprengart hat einen frischen Strauß Blumen mitgebracht. Er füllt ein kleines Gefäß mit Wasser und stellt ihn behutsam hinein. Zu dem kleinen Arrangement aus anderen Blumenkübeln, Engelsfiguren und dekorierten Grableuchten. Und zu den beiden Platten aus Granitstein, die kürzlich direkt an einer Baumscheibe in das Pflaster des Bürgersteigs an der Philipp-Scheidemann-Straße in Oggersheim eingelassen worden sind.
Fast jeden zweiten Tag kommt Sprengart hierher, seit 20 Monaten. Seit sein Sohn Jonas und sein Freund und Kollege Sascha hier bei einem Messerangriff getötet wurden. Die beiden Steine sollen für immer an ihr Schicksal erinnern.
Vater des in Oggersheim getöteten Jonas: "Für uns ist das eine Art von Abschluss"
„Für uns ist das jetzt eine Art von Abschluss“, sagt der selbstständige Unternehmer aus Ruchheim. Ein Abschluss all dessen, was nach dem Tod seines nur 21 Jahre alten Sohnes im Oktober 2022 zu erledigen und abzuwickeln war. Nicht aber für die Gefühle und die Gedanken, die Trauer und den Schmerz, die die Hinterbliebenen noch heute so häufig quälen. „Die Gedenkstätte hier am Tatort war uns wichtig, damit Menschen herkommen können, die den beiden nahestanden. Damit sie ihnen noch einmal nah sein können“, so Sprengart.
30 mal 30 Zentimeter sind die beiden Platten aus Granit jeweils groß. „Im Gedenken an unseren ermordeten Sohn Jonas Sprengart. Geliebt und unvergessen“, steht auf der einen. „In Gedenken an Sascha Kraft. 18.10.2022. Den größten Schmerz hier auf Erden hat uns dein früher Tod gebracht“ auf der anderen.
Oggersheimer Angreifer wird später vom Landgericht Frankenthal als schuldunfähig eingestuft
Auf offener Straße wurden die beiden von einem damals 26 Jahre alte Somalier mit einem Messer niedergestochen. Ein weiterer Mann überlebte den Angriff schwer verletzt. Der Angreifer wurde später vom Frankenthaler Landgericht als schuldunfähig eingestuft. Wegen einer psychischen Erkrankung befindet er sich im Maßregelvollzug in einer Klinik in der Pfalz.
Die Gedenkplatten sind laut Sprengart fest im Boden verankert, um sie gegen Diebstahl zu schützen. „Man weiß ja nie, was passiert“, sagt er. Nicht jeder in der Nachbarschaft war begeistert von dem Gedanken, eine solche Erinnerungsstätte vor der eigenen Haustüre zu haben. Wie berichtet, wurde Kurt Sprengart bei einem Besuch am Tatort von einem Mann mit Pfefferspray attackiert.
Bürger halten am Gedenkort für die Opfer des Messerangriffs inne und legen Blumen nieder
Doch seitdem habe er nur positive Erlebnisse gehabt. „Es kommen häufig Leute her und bringen Blumen. Fremde, die die Opfer gar nicht kannten“, sagt Sprengart. Wie zum Beleg kommt auch an diesem Tag während des Gesprächs eine ältere Frau vorbei, hält kurz inne. „Das ist schön geworden“, sagt sie und nickt dem Ruchheimer kurz zu. „Danke, ein kleiner Ort für unsere Lieben“, erwidert dieser.
Es sind solche Momente, die Sprengart Kraft geben. Das Geschehene zu verarbeiten, fällt ihm deutlich schwerer als seiner Frau, sagt er. Weil er damals am Tatort war und seinen Sohn auf der Straße sah. Er ist nach wie vor in psychologischer Behandlung. Vor allem sein Umfeld hilft ihm durch die schwierige Zeit, die Schwiegereltern, der Bruder, Freunde. „Am meisten Halt gibt mir meine Frau. Sie erinnert mich daran, dass es eine Zukunft gibt, dass wir noch ein Kind haben, eine Firma.“
Warum die Messerattacke bei Familie Sprengart auch Existenzängste auslöste
Mit seinem Unternehmen ist Sprengart durch die folgen der Bluttat in Schwierigkeiten geraten. Er selbst arbeitet bis heute noch nicht wieder voll. Er musste neues Personal einstellen und kämpft um Aufträge. „Zu dem Verlust kommen Existenzängste“, sagt er.
Bis zu fünf Jahre könne seine Posttraumatische Belastungsstörung andauern, habe ihm der Psychologe gesagt. „Ich nehme das hin und arbeite immer weiter daran, wieder lebensfähig zu sein.“ Die Granitplatten im Boden der Philipp-Scheidemann-Straße sollen einen Teil dazu beitragen.
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