Ludwigshafen. Am Ende dauerte der Tagesordnungspunkt gerade mal fünf Minuten. Nur Bernhard Wadle-Rohe nutzte das Podium einmal mehr, um den Widerstand der Linken gegen die Helmut-Kohl-Allee zu formulieren. Nachfolgende Generationen würden Klage führen, wie man Ludwigshafen noch mehr in die Schulden getrieben hätte. Den anderen Fraktionen im Ludwigshafener Stadtrat war das nicht eine einzige Entgegnung wert.
Stadtrat in Ludwigshafen: Mehrheit stimmt für Helmut-Kohl-Allee
Am Ende votierten 35 Stadträtinnen und Stadträte für die neue Stadtstraße, zwölf stimmten dagegen bei einer Enthaltung. Damit ist der Knopf dran am größten Infrastrukturprojekt der Metropolregion: dem Abriss der Hochstraße Nord und dem Bau der ebenerdigen Stadtstraße, über die zu Beginn des neuen Jahrzehnts die Bundesstraße 44 führen soll.
Dabei hatte Bürgermeisterin Cornelia Reifenberg als Sitzungsleiterin in Vertretung für Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck die Parlamentarier eingangs der Ratssitzung noch einmal auf die besondere Bedeutung der Sitzung eingeschworen, werde man doch eine wegweisende Entscheidung treffen: „Heute stellt der Stadtrat die Weichen für die Zukunft.“
Es sei ein Beschluss von besonderer Tragweite für eines der komplexesten Vorhaben in der Geschichte der Stadt Ludwigshafen. Dass die Stadt freilich ein wichtiges Stück Infrastruktur für die ganze Region stemme, müsse sich auch in der künftigen finanziellen Unterstützung durch das Land widerspiegeln.
Gegner der Helmut-Kohl-Allee protestieren still in Ludwigshafen
Freilich band Reifenberg auch die Gegner der Helmut-Kohl-Allee ein, die sich in den vergangenen Monaten lauter zu Wort gemeldet hatten und auch am Montag wieder die Stadträtinnen und -räte am Eingang des Pfalzbaus als Tagungsort mit zwei Transparenten empfangen hatten. „Kohl-Allee stoppen“ forderte einmal mehr ein Bündnis aus der Bürgerinitiative Lebenswertes Ludwigshafen, der Initiative Verkehrswende, dem ADFC und dem VCD. „Danke für Schulden, Sozialabbau Dreck & Lärm“ stand auf einem anderen Transparent.
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Niemand habe sich die Entscheidung leicht gemacht, sagte Reifenberg später drinnen im Konzertsaal des Pfalzbaus. Die Entscheidung werde vielen, vor allem den Anwohnern, einiges abverlangen. Klimakrise und Verkehrswende seien Argumente dagegen. Auch Belastungen durch die Baustelle und die Kosten, die trotz Zuschüssen für die Stadt immens blieben, wollte die Bürgermeisterin nicht kleinreden.
Aber es habe eine ausführliche Entscheidungsfindung gegeben, inklusive umfassender Bürgerbeteiligung, aus der Vorschläge gekommen und eingearbeitet worden seien. Schließlich eröffne die Helmut-Kohl-Allee eine neue Chance der Stadtentwicklung. Entlang der Stadtstraße wird ein neues Quartier entstehen. Freiwerdende Flächen nach dem Abriss der Hochstraße machten viel Platz für Neues.
Auch Radweg unter der neuen Hochstraße Süd im Arbeitsauftrag
Mit dem Mehrheitsbeschluss ermächtigt der Stadtrat nun die Verwaltung, die eigens gegründete Bauprojektgesellschaft (BPG) mit den Arbeiten zur Umsetzung der Maßnahme zu beauftragen. Im Beschluss enthalten ist auch nochmals der Radweg unter der neuen Hochstraße Süd. Der war als Konsequenz aus dem hohen Haushaltsdefizit auf einen unbestimmten Zeitpunkt in der Zukunft vertagt worden.
Nun steht explizit der Arbeitsauftrag drin, den Radweg unter der Südtangente so schnell umzusetzen, dass er als Umleitungsstrecke während des Baus der Helmut-Kohl-Allee zur Verfügung steht. Die Verwaltung soll hierfür die Finanzierung klären und ermöglichen.
Ein wenig Diskussion schwappte im Stadtrat allerdings doch in das Thema hinein - allerdings nur indirekt. Freie Wähler, Grünes Forum und Piraten sowie Linke baten in einem gemeinsamen Antrag um Prüfung, ob nicht doch Teile des Rathaus-Centers erhalten bleiben könnten, die nicht für die Stadtstraße benötigt würden - beispielsweise für Büros von Rathaus-Mitarbeitern.
Das wiederum brachte die anderen Fraktionen auf die Palme. Der Antrag sei ein „Ausdruck von Hilflosigkeit“ und „völlig unrealistisch“, (Hans-Uwe Daumann, Grüne im Rat), „nicht nachvollziehbar“ (Thomas Schell, FDP). SPD-Fraktionsvorsitzender David Guthier war verärgert, sein CDU-Kollege Peter Uebel erinnerte: „Wir haben die Diskussion schon geführt“.
Abriss des Rathaus-Centers verkürzt Bauzeit
Wie berichtet, wird das Rathaus-Center abgerissen, um Platz für eine Verschwenkung der Stadtstraße zu erlauben. Das erleichtert die Arbeiten und verkürzt die Bauzeiten. Auch Baudezernent Alexander Thewalt hielt den Plan für nicht umsetzbar. Um Teile des Gebäudes etwas länger zu erhalten, sei eine neue teure Haustechnik für diesen Teilbereiuch nötig, Büros in Ladengeschäften unterzubringen, nicht möglich. Die Bauarbeiter benötigten Lagerflächen für Material. Und es wäre mit deutlich höheren Kosten verbunden, Teile des Gebäudes später abzureißen. „Wir sind zu weit fortgeschritten, um nochmals umplanen zu können“, betonte Thewalt.
Fertig sein soll die Helmut-Kohl-Allee inklusive Westbrücke und Nordbrückenkopf als Zufahrt zur Schumacher-Brücke über den Rhein planmäßig Ende 2031. Die ersten Vorarbeiten im Rampenbereich an der Westbrücke über die Bahngleise beginnen im November. Ab März startet dort der Brückenbau. Es wird allerdings noch einige Jahre dauern, bis Verkehrsteilnehmer tatsächlich etwas vom Baufortschritt mitbekommen werden.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Ludwigshafener Stadtstraße alles andere als überflüssig