Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Ludwigshafener Stadtstraße alles andere als überflüssig

Mit seiner Auftragsvergabe hat der Stadtrat Ludwigshafen am Montag nun das größte Infrastrukturprojekt der Metropolregion final auf den Weg gebracht. Und das ohne Diskussion. Nachdem nun der Auftrag offiziell erteilt ist, Baurecht besteht und die Verkehrsministerien von Bund und Land ihren 85-Prozent-Obolus verbindlich zugesagt haben, kann endlich mit dem Bau begonnen werden. Dass es erst jetzt, fünf Jahre nach der Einreichung der Antragsunterlagen, Wirklichkeit werden kann, hängt nur zum Teil an der Behördenbürokratie. Die zuletzt aufkommenden Diskussionen über Sinn oder Unsinn der neuen Stadtstraße namens Helmut-Kohl-Allee zeigt allerdings auch, wie deutlich sich die Wertigkeiten verschoben haben.

Wir erinnern uns: Das Projekt nahm 2010/2011 seinen Anfang, als eine große geplante Sanierung der Hochstraße Nord scheiterte. Dann begannen die Planungen und Diskussionen auf breitester Basis mit unterschiedlichen Beteiligungen aller Interessengruppen – mit dem bekannten Ergebnis. Die Planungen spiegeln also den Stand des Jahres 2018 wider, in dem der Antrag eingereicht wurde. Dass sich in der Zwischenzeit die Welt verändert hat, dafür kann keiner etwas. Das Projekt Stadtstraße musste zurückgestellt werden, weil durch die einsturzgefährdete Südtangente Gefahr im Verzug war. Zwischendurch stellte die Pandemie die Welt auf den Kopf, revolutionierte auch die Digitalisierung: Das Homeoffice vermeidet nun einen Teil des Pendlerverkehrs.

Daraus nun allerdings abzuleiten, eine zweite Ost-West-Verbindung für die Region wäre überflüssig, ist gewagt. Denn der steigende Waren- und Güterverkehr muss abgewickelt werden. Die Bahn bietet mittelfristig keine Alternativlösungen. Und was, wenn die Hochstraße Süd wegen einem Unfall, einer Baustelle nicht zur Verfügung steht? Außerdem sind beide innerstädtischen Rheinbrücken ein Sanierungsfall, Sperrungen somit absehbar. Und nicht zuletzt darf Ludwigshafen auf eine positive Entwicklung der Innenstadt hoffen.