Ludwigshafen. Als im Jahr 2019 die Hochstraße Süd in Ludwigshafen kollabierte, da haben nicht nur viele Pendler und Pendlerinnen in der Region den Atem angehalten, sondern auch viele Unternehmen und die Ludwigshafener Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck (inzwischen parteilos). Zu spüren bekommen hat das damals auch Volker Wissing (FDP), damals noch Verkehrsminister in Mainz.
Selbst am Sonntagmorgen in seinem Landauer Fitnessstudio habe Steinruck ihm damals keine Ruhe gelassen und SMS geschickt. Gestört, so sagte Wissing am Montag in Mainz, habe ihn das nicht. Und so blieben die Gesprächskanäle auch offen, als Wissing im Jahr 2021 ins Bundesverkehrsministerium nach Berlin wechselte.
Kosten für die Hochstraßen belaufen sich auf über 700 Millionen Euro
Wie viel zahlt der Bund, wie viel gibt das Land Rheinland-Pfalz und was bleibt an der seit ehedem am finanziellen Abgrund torkelnden Stadt Ludwigshafen hängen? Auf immerhin 728 Millionen Euro türmen sich die errechneten Gesamtkosten für eines der wichtigsten Verkehrsprojekte im Südwesten Deutschlands. Die Ludwigshafener Hochstraßen Süd und Nord sind Lebensadern, Grenzstraßen und Wirtschaftswege gleichermaßen. Das haben immer alle betont.
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Und so war die Erleichterung schon groß, als Wissing die lange vereinbarte Regelung mit einer Kostenaufteilung von 60 Prozent (Bund), 25 Prozent (Land) und 15 Prozent (Stadt) im vergangenen Juli mündlich bestätigte. Der formale Akt dazu folgte jetzt, denn noch vor der um 16.30 Uhr in Ludwigshafen beginnenden Stadtratssitzung klickten um 16.25 in Mainz die Kameras. Von einem großen Tag für Ludwigshafen redete Steinruck - und von einem wichtigen Tag für die gesamte Region sprachen Wissing und seine Nachfolgerin im Amt der rheinland-pfälzischen Wirtschafts- und Verkehrsministerin, Daniela Schmitt (FDP).
Bund übernimmt 334 Millionen Euro für die Hochstraßen
Inhaltlich bedeutet der Förderbescheid von Bund und Land, dass aus Mainz rund 140 Millionen Euro in die Chemiestadt fließen und aus Bundesmitteln rund 334 Millionen Euro kommen - zusammen 474 Millionen Euro der sogenannten förderfähigen Kosten. Sitzen bleibt die Stadt auf den nicht förderfähigen Aufwendungen wie etwa den Planungskosten für die Hochstraßen. Steinruck hätte gerne gehabt, dass man das alles als Paket sieht.
Immerhin muss für den ebenerdigen Ersatz der Hochstraße die Helmut-Kohl-Allee gebaut werden. 528 Millionen Euro soll diese 860 Meter lange Trasse kosten, für deren Verschwenkung der Rathausturm für 80 Millionen Euro abgerissen werden muss. 120 Millionen Euro kostet es, die Hochstraße Süd wieder aufzubauen. Das geschieht seit Januar. Die ersten Pfeiler stehen. Immerhin sollen Anfang des Jahres 2026 dort wieder Fahrzeuge fahren können, ehe die nördlich gelegene Hochstraße dann zurückgebaut werden kann.
Steinruck: Eigentlich müssten hier Landräte und Bürgermeister sein
Fast ein wenig provokant warf Steinruck bei ihrem Auftritt in Mainz ein, dass eigentlich Clemens Körner, der Landrat des Rhein-Pfalz-Kreises hier auch stehen müsse. Und die ganzen Oberbürgermeister aus den Städten in der Pfalz und auf der anderen Rheinseite. Denn Ludwigshafen erfülle mit der Sanierung der Hochstraßen eine Aufgabe für die gesamte Region. Wissing sprach von einer Bedeutung für die Pfalz, aber auch für den Bund und sogar für Europa. Gerade angesichts der Tatsache, dass weltweit operierende Unternehmen hier angesiedelt seien.
Tatsächlich müssen BASF und andere ein vitales Interesse daran haben, so schnell wie möglich zu funktionierenden Straßensystemen zurückzukommen. Wie Wissing in Mainz betonte, handele es sich um Standortfaktoren. Nur mit wirtschaftlicher Stärke könne man Wohlstand erhalten.
Dass Ludwigshafen unter den Hochstraßen heute überhaupt finanziell derart leidet, hat historische Gründe. Vor Jahrzehnten hat man das seinerzeit moderne Trassengeflecht gerne in den eigenen Besitz übernommen, weil man stolz darauf war. Der zweite Grund liegt im Bebauungsplan: Nur durch die Übernahme der Baulastträgerschaft war es Ludwigshafen in der Vergangenheit möglich, mit der Wohnbebauung näher an die Hochstraße heranzurücken. Auch darauf verwies Steinruck am Montag. Ob man das Risiko mit dem Wissen von heute auch eingegangen wäre? Verkehre haben sich vervielfacht, und an vielen Orten werden Brücken zum Risiko.
Dass man die Problematik in Ludwigshafen zusammen angenommen und angegangen sei, habe Beispielcharakter, klopften sich Wissing und Steinruck am Ende gegenseitig verbal auf die Schulter.
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