Veranstaltungskritiken

So war das Kulturwochenende: Nibelungenfestspiele Worms, Jazzfestival in Mannheim, Abschied Helliwell

Die Premiere von "Brynhild" in Worms, Startrompeter Thomas Siffling in Mannheim und eine Lobeyhymne an Rosemary Helliwell. So lief das Kultur-Wochenede in der Kurpfalz

Von 
Stefan M. Dettlinger
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Autorin Maria Milisavljevic und Regisseurin Pinar Karabulut haben die Sage kräftig gegen den Strich gebürstet. © Bernhard Zinke

Mannheim. Liebe Leserin, lieber Leser,

ich muss es leider sagen, wie es scheint: Nachdem bei den Nibelungenfestspielen in Worms im letzten Jahr qualitativ der Höhepunkt gefeiert werden durfte, war der Fall am vergangenen Freitag bei der Eröffnung mit der Premiere besonders tief. Denn empfohlen sei "Brynhild" vor dem mächtigen Dom zu Worms vor allem Leuten, die "Modernität und Mode nicht auseinanderhalten" können oder wollen. So sieht es unser Theaterexperte Ralf-Carl Langhals, der vor Ort war und mächtig gelitten hat unter dem "alten Burgunderquatsch mit reichlich Pop-Soße", die dort von Autorin Maria Milisavljevic und Regisseurin Pinar Karabulut" serviert wurde. Sein Schlussfazit: "Am Schluss knutschen alle mit allen, herrlich: „Nur die Liebe zählt!“ Für Einsichten dieser Tiefe braucht man kein Theater, da reicht Privatfernsehen." Das sitzt.

Viel mehr Freude hatte da unser Jazzkritiker Bertold Planer-Friedrich bei einem neuen Jazzfestival in Mannheim, das Startrompeter Thomas Siffling mithilfe von Geld edler Sponsoren wie Bentley veranstaltet. Immerhin für den Jazz sensationelle 700 Fans kamen am Freitag zu Curtis Stigers, der in den 1990ern einen Pophit hatte: "Wonder Why". Im Musensaal spielte er nach der Vorgruppe Triosence und: "Curtis Stigers ist ein begnadeter Entertainer. Er kommuniziert direkt mit dem Publikum. Im Quartett mit Klavier, Kontrabass und Schlagzeug singt und spielt er am Saxofon sowohl Jazzstandards wie „My Funny Valentine“ in einer sehr intensiven Version oder „Summertime“ mitreißend und groovend als auch seine eigenen Erfolge, die er sich als Jazzmusiker neu anverwandelt hat."

Dass sich an diesem Montag ganz nebenbei und (fast) lautlos Rosemary Helliwell nach 39 Jahren Tätigkeit an der Mannheimer Akademie des Tanzes verabschiedet, ist Tanzspezialist Langhals hingegen eine Lobeshymne wert: Helliwell sei "die personifizierte Akademie-Devise: Kontinuität und Teamgeist ist uns hier in besonderem Maße wichtig, denn hier arbeiten alle Professoren das gesamte Studium durchgängig mit allen Schülern zusammen“, erklärte sie uns einst die Besonderheit der Ballettausbildung in Mannheim, aus der sich räumlich und menschlich eine enge Zusammenarbeit ergibt."

Großer Lesestoff findet sich aber auch in der zweiten Geschichte unseres Schreibwettbewerbs Erzähl mir was. Dort erzählt die Viernheimerin Johanna Basler, wie in einem düsteren dystopischen Szenario Mitglieder einer „Nächsten Generation“ eine Art terroristischen Cyberangriff auf wichtige Systeme der Infrastruktur ausüben, bei dem Trojaner so zum Einsatz kommen wie gezielt ausgespielte Fake News – oder ist am Ende alles ganz anders?

Wie dem auch sei. Man merkt den Kulturwochenenden zwar an, dass die Schulferien langsam nahen. Aber das, was ist, ist aller Ehren wert. Und bevor ich es noch vergesse: Ein ganz persönlicher Tipp von mir ist eine altmodische CD-Empfehlung: Brad Mehldau lotet mit dem Liederzyklus „The folly of desire“ und Texten von Blake, Yeats, Shakespeare, Brecht, Goethe, Auden und Cummings die Möglichkeiten von Begierde, Liebe und Sexualität in Zeiten von #metoo aus. Das Besondere: Zu Mehldaus zwischen Jazz, moderat-englischer Moderne und klassischem Kunstlied komponierter Musik singt der Tenor Ian Bostridge. Eine aufregende Reise ins Reich der Liebe.

Bei dieser reichhaltigen Lektüre wünsche ich viel Vergnügen,

Stefan M. Dettlinger (Kulturchef)

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Ressortleitung Stefan M. Dettlinger leitet das Kulturressort des „MM“ seit 2006.

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