Mannheim. „Eigentlich gibt es das gar nicht, eine Zeit ohne Rosemary Helliwell, sie war nämlich immer da. Vorstellen kann ich mir das noch nicht so recht, aber es muss weitergehen und sie hat sich den Ruhestand wirklich verdient“. Wer so lobt und spricht, heißt Agnès Noltenius und ist Leiterin der Mannheimer Akademie des Tanzes. Sie hat Recht, denn Rosemary Helliwell, ihrer Stellvertreterin und Vorgängerin, fehlt nur ein knappes Jahr, um auf unglaubliche 40 Jahre Lehr- und Leitungstätigkeit an der Akademie des Tanzes zu kommen.
Wenn sie sich also heute Abend im Anschluss an die Masterprüfungen von ihren Kollegen und Studenten verabschiedet und Adieu - oder eher „farewell“ - sagt, wird sicher manches Tränchen fließen.
Rosemary Anne Helliwell blickt dann auf eine unfassbar lange Karriere als Tänzerin und Lehrerin zurück. Ausgebildet wurde sie am Doreen Bird College in England und von 1974 bis 1976 an der John Cranko Schule Stuttgart, wo sie Klassisches Ballett, Pas de deux, Repertoire, Spanischen Tanz, Modern Dance, Jazz Tanz und Charakter Tanz studierte. Als Haus-Choreographin sollte sie später am Stuttgarter Balletts 13 Ballette kreieren, die auch in den USA, England und Frankreich aufgeführt wurden und in denen Weltstars wie Marcia Haydee, Richard Cragun und Egon Madsen besetzt waren.
Internationale Karriere
An die Mannheimer Akademie des Tanzes der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst kam Helliwell zunächst als Gastdozentin und wurde dorthin dann 1984 fest als Professorin berufen. 1997 rückte sie zur Stellvertretenden Leiterin der Akademie auf und galt als rechte Hand von Birgit Keil. Als sich die Kammertänzerin 2019 als Leiterin der Akademie in den Ruhestand verabschiedete, übernahm die freundliche Engländerin die Leitung der Musikhochschulsparte mit insgesamt gut 90 Studierenden verschiedener Altersstufen.
Die Frau war die personifizierte Akademie-Devise: „Kontinuität und Teamgeist ist uns hier in besonderem Maße wichtig, denn hier arbeiten alle Professoren das gesamte Studium durchgängig mit allen Schülern zusammen“, erklärte sie uns einst die Besonderheit der Ballettausbildung in Mannheim, aus der sich räumlich und menschlich eine enge Zusammenarbeit ergibt. Im Licht der Öffentlichkeit stand Helliwell nicht gerne. „Mein Platz ist der Ballettsaal“, sagte sie vielsagend, denn große Worte sind ihre Sache nicht. Große Taten im Hintergrund schon eher.
Wenn die Pflicht ruft
Auch wenn sie nicht grundlos als öffentlichkeitsscheu gilt, war sie natürlich pflichtbewusst genug, bis zur Findung einer Nachfolgerin für Birgit Keil kommissarisch als Leiterin einzuspringen. Die Übergabe an Nachfolgerin Agnès Noltenius, verlief mehr als reibungslos. Ihre Chefin charakterisiert die Zusammenarbeit so: „Unsere Arbeitsverbindung war so gut, dass wir manchmal gar nicht miteinander reden mussten, wir verstanden uns blind.“ Der Äußerung, eine Zeit ohne sie könne man sich gar nicht vorstellen, begegnet Helliwell mit britischem Humor: Es könne sich ja auch keiner vorstellen, wie gut sie auf einem Sofa sitzen könne …
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