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Tickets fürs Mannheimer Nationaltheater werden teurer

Sie steigen ab September: Warum das Mannheimer Nationaltheater die Ticketpreise erhöht und welche Ersatzspielstätte aufgegeben werden soll

Von 
Peter W. Ragge
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Das Nationaltheater bespielt derzeit unter anderem das alte Kesselhaus der früheren Schildkrötfabrik in Neckarau. Der Vertrag dort soll verlängert werden. © Thomas Tröster

Mannheim. 78 statt 71 Euro für einen Platz in der besten Kategorie bei einer Opernpremiere, 52 statt 47 Euro auf einem vorderen Platz bei einer Schauspielpremiere und 34 statt 31 Euro für einen mittleren Sitzplatz an einem ganz regulären Opernabend: So viel kosten künftig Theaterkarten. Einstimmig hat der Kulturausschuss des Gemeinderats zugestimmt, dass das Nationaltheater seine Ticketpreise ab September um durchschnittlich zehn Prozent anhebt.

„Der Zeitpunkt ist nie richtig – aber notwendig ist es“, fasste Kulturbürgermeister Michael Grötsch die Debatte zusammen. Tilmann Pröllochs, der Geschäftsführende Intendant des Nationaltheaters, hatte zuvor eingeräumt, dass sein Haus eigentlich auf eine Erhöhung verzichten wollte. „Es war schon vom Tisch“, verwies er auf die Generalsanierung, die „allgemeine finanzielle Situation der Gesellschaft“ vor dem Hintergrund der Inflation und das „nachpandemische Unsicherheitsgefühl“, weshalb ja immer noch Zuschauer wegbleiben.

Weiter ansteigende Neben- und Personalkosten

„Aber es passt nie“, erklärte Pröllochs. Das Theater müsse auch durch eine Erhöhung der Eintrittspreise die weiter ansteigenden Neben- und Personalkosten abdecken. Zudem, so heißt es ergänzend in der Vorlage der Intendanz für den Kulturausschuss, habe das Theater aufgrund der kleineren Saalkapazitäten und des Fehlens der Oper am Luisenpark Mindereinnahmen zu verkraften. Es seien „Anstrengungen in allen Bereichen notwendig, um das Defizit zu verringern“ – eben auch vom Publikum.

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Zudem seien die Ticketpreise seit 2013 nicht mehr erhöht worden – abgesehen von einer Anhebung für junges Publikum sowie für Veranstaltungen im Studio Werkhaus 2019, weshalb dort jetzt „nur geringfügig angepasst“ werde. Unter dem Strich werden quer durch alle Preiskategorien zehn Prozent mehr verlangt, was dem Haus Mehreinnahmen von 250 000 Euro bringen soll. Laut dem Papier der Intendanz ist die Erhöhung „dringend geboten“, auch im Vergleich zu anderen Theatern. Die hätten durchweg alle ihre Preise angehoben, sagte Pröllochs, und auch Mannheim brauche diesen „Beitrag zur Verbesserung der Finanzsituation“, so der Intendant.

Höhere Ermäßigung

Zugleich will das Theater sozialer werden. Statt, wie bisher, 25 Prozent Ermäßigung für Schwerbehinderte, Schüler, Studenten, Auszubildende sowie Sozialpassinhaber bekommen sie nun einen Rabatt von 50 Prozent. Erfahrungen in anderen Kulturinstitutionen zeigten, dass die Absenkung der Eintrittspreise für diesen Personenkreis zu mehr Besuchern aus diesen Gruppen geführt habe, argumentiert das Theater.

Künftig werde das Haus „in regelmäßigem Turnus an die Preise ’rangehen“, kündigte Pröllochs auf eine Frage von Stadträtin Helen Heberer (SPD) an. Die hatte gerätselt, warum seit der letzten Erhöhung immerhin zehn Jahre vergangen sind und sich erkundigt: „Wollen Sie wieder zehn Jahre warten?“Das zwar nicht, aber man habe das „zuletzt nicht als mehrheitsfähig angesehen“, erklärte Pröllochs.

Zahl der Abonnements gesunken

Aufgreifen will er auch eine Anregung von CDU-Stadtrat Alexander Fleck, bei sehr kurzen Opern die Preise zu verändern. In dem Fall seien vielen Zuschauern die 71 Euro für eine Premierenkarte „schlicht zu teuer“, meinte Fleck. Doch sonst trage die CDU die Preiserhöhung mit.

Das sagte für die ML auch deren Fraktionsvorsitzender Achim Weizel. „Es muss mal wieder sein“, so Weizel, „und nach zehn Jahren ist das kein zu großer Schluck aus der Pulle“, meinte er. Auch Birgit Reinemund (FDP) und Gerhard Fontagnier (Grüne) stimmten für ihre Fraktionen zu – und begrüßten beide ausdrücklich, dass die Ermäßigung wieder auf 50 Prozent erhöht wird.

Der Preis für Abonnements wird laut Intendanz automatisch an die neue Tarifstruktur angepasst, wobei die Rabattierung unverändert bleibe. Allerdings betrifft das alles ohnehin viel weniger Abonnenten als früher: So ist die Zahl der aktiven Abonnements während der Pandemie von etwa 9000 auf 3650 gesunken, wobei zusätzlich rund 700 derzeit noch „ruhend gestellt“ sind – also nicht gekündigt, aber auch nicht wahrgenommen und bezahlt.

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Als besonders schwierig hat sich die Sanierungsphase für das Opernpublikum erwiesen. Es gebe „Vorbehalte der Mannheimer, in Ludwigshafen Opernveranstaltungen zu besuchen“, weshalb sich „die Ersatzspielstätte Pfalzbau als nur bedingt attraktiver Spielort gezeigt“ habe, verweist die Intendanz auf eine Auslastung der Oper „Die Hugenotten“ von nur 45 Prozent. „Das Publikum nimmt den Pfalzbau nicht in dem erhofften Maße an“, begründet die Intendanz, warum sie spätestens ab 2026 komplett auf den Pfalzbau verzichten will. Zudem verursache der Pfalzbau mit – derzeit – 9400 Euro die höchsten Kosten pro Nutzungstag, weil die Vereinbarung der Oberbürgermeister von Mannheim und Ludwigshafen eine „dynamische Miete“ mit einer jährlichen Kostensteigerung von drei Prozent vorsehe.

Kurzarbeit nicht möglich

Bis die Ersatzspielstätte „Oper am Luisenpark“ vom Theater selbst fertig gebaut ist (weil der Generalunternehmer ja Konkurs anmeldete), sollen verstärkt der Rosengarten und das Kesselhaus der alten Schildkrötfabrik bespielt werden. Dort sind etwa im Dezember ein Opernabend in der Regie von Calixto Bieito sowie eine Verdi-Oper vorgesehen.

Wie aus der Vorlage für den Gemeinderat hervorgeht, hat das Theater auch geprüft, wegen der Generalsanierung und der Probleme mit den Ersatzspielstätten den Spielbetrieb teilweise einzustellen und Kurzarbeit anzumelden. Doch dafür fand sich keine tarifliche Rechtsgrundlage. Ensemble und Personalvertretung lehnten zudem ab, weil „die Belegschaft darauf brennt, Bühnenkunst anzubieten“.

Redaktion Chefreporter

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