Mannheim. Alle Kosten steigen, alle Preise steigen überall – da kann und darf auch das Nationaltheater keine Ausnahme machen. Die Erhöhung der Eintrittsgelder ist daher richtig, nachvollziehbar und auch überfällig. Immerhin blieben die Ticketpreise zehn Jahre lang stabil. Sie werden jetzt nur moderat angehoben, für sozial schwächeres Publikum sogar reduziert. Insofern ist es völlig richtig, dass der Kulturausschuss des Gemeinderats die Vorlage jetzt nach sehr kurzer Debatte durchgewinkt hat.
Allerdings wäre es an der Zeit, dass sich die Stadträte mal wieder sehr grundsätzlich und ausführlich mit der Lage des Nationaltheaters beschäftigen. Denn diese Lage ist schlecht, der Publikumsschwund alarmierend. Und das liegt nicht an den Eintrittspreisen, sondern – um es mal klar zu sagen – an gravierender Fantasielosigkeit.
Es war zu erwarten, dass die Phase der Generalsanierung schwierig wird – das ist an allen Theatern so, wo Bauarbeiten auf dem Spielplan stehen. Und dass die Baufirma der Ersatzspielstätte „Oper am Luisenpark“ Pleite macht und einen Torso hinterlässt – dafür kann das Theater nichts. Aber dafür, wie es darauf reagiert, schon.
Auch nur die sachte Überlegung, eben einfach den Spielbetrieb einzustellen und alle Mitarbeiter in Kurzarbeit zu schicken, ist ein Armutszeugnis, das die Stadträte aufschrecken lassen muss. Das (Opern-)Ensemble ist zwar teilweise in der Tat unterbeschäftigt – aber unfreiwillig. Wer mal erlebt hat, welch tolle Programme viele Opernsänger, Schauspieler, Chor- und Orchestermitglieder für Vereine oder Benefizkonzerte bieten, der weiß, dass sie auch kleine Formate hervorragend beherrschen und dass das prima ankommt. Und ausverkaufte Abende, etwa des Richard-Wagner-Verbands, zeigen, wie das Publikum nach solchen Dingen lechzt – nur werden sie vom Theater kaum oder gar nicht angeboten. Zum Glück ist die Oper wieder beim Stadtfest präsent. Aber sonst sind die Strukturen viel zu starr. Es braucht viel, viel mehr solcher Auftritte an ungewöhnlichen Orten, in Stadtteilen und der Region. Je weniger das Theater präsent ist, je weniger Publikum es hat, umso mehr verliert es nämlich den – für die teure Generalsanierung unverzichtbaren – Rückhalt der Bürger.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Armutszeugnis für das Mannheimer Nationaltheater!
Peter W. Rage hält die Erhöhung der Eintrittspreise für moderat und gerechtfertigt - fordert aber mehr Aktivitäten und mehr Präsenz des Theaters in der Zeit der Generalsanierung