75 Ideen für ein besseres Mannheim - Teil 32 - Die Verkehrswende erfordert einfache Lösungen

Mannheim, wie wär's mit ... einer Radgarage wie in Utrecht?

Von 
Michaela Roßner
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© Michaela Roßner

Wer davor steht, denkt unverzüglich an einen Bienenstock: Ein (Holland-) Rad nach dem anderen rollt eine Rampe hinunter und verschwindet lautlos im Bauch der großen Radgarage neben dem Bahnhof in Utrecht (Niederlande). Bis zu hundert Zweiradfahrer können so in der Minute ankommen und ihr Gefährt ohne Stau sicher abstellen. Es ist das größte Radparkhaus der Welt.

Als die Niederländer es im August 2019 eröffneten, schoben sie das bis dahin größte Radparkhaus in Tokio auf den zweiten Platz - es bietet nur 10 000 Rädern Platz. In Utrecht können bis zu 12 500 Bikes unterkommen. Auf drei Etagen reihen sich Nischen an Nischen, jede ist etwa so groß wie zwei hintereinandergestellte Pkw. In jede Box passen rund 200 Räder.

75 Ideen

Ein Radparkhaus nach Utrechter Vorbild

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Rechts und links jeweils oben und unten befinden sich Metallstützen, auf die das Rad platziert wird und die zum leichteren „Einparken“ herausgezogen werden. „Damit Frauen und Ältere die leichter zu erreichenden Parkmöglichkeiten unten vorfinden, sollten Jüngere die oberen Plätze wählen, da sie das Rad leichter hochheben“, erklärt Arjen de Boer, Internationaler Fahrradbotschafter der Nachbarkommune Houten, der hier täglich vorbeikommt.

Alles ist offen und hell gestaltet, dunkle Angsträume gibt es nicht. Ein Ampelsystem leitet zu freien Plätzen. Farbige Wege trennen Fahrende und Fußverkehr - auch das sorgt für Sicherheit. Die ersten 24 Stunden darf gratis geparkt werden, wer länger hier stehenlassen will, kann online ein Abo abschließen. Die Jahresgebühr kostet 75 Euro. Regelmäßig wird ausgemistet: Fahrräder, die vergessen werden, bekommen erst einen Anhänger mit der Bitte, ihn zu entfernen oder das rad mit nach Hause zu nehmen. Bleibt das Rad trotzdem, wird es irgendwann weggeholt und recycelt. Die meisten schließen ihr Alltagsrad noch nicht einmal groß ab: Diebstähle kommen hier kaum vor, weil Ordner aufpassen. Rund um den Utrechter Bahnhof gibt es weitere Radgaragen. Insgesamt ist so Platz für 22 500 Fahrräder geschaffen.

Ein paar Kilometer weiter, in der besonders fahrradfreundlichen Stadt Houten, parkt man sein Rad sogar in einem ebenfalls modernen Radparkhaus direkt unter dem Bahnsteig. Bequemer geht es kaum. „Seit es diesen Bahnhof gibt, sind einige Pendler von Utrecht hierhergewechselt“, weiß de Boer. Hier dürfen die Räder sogar kostenlos geparkt werden und auf Ebene 0 gibt es einen eigenen Bereich für Lastenräder und andere teure E-Bikes.

Der 350 Meter lange unterirdische Fahrradkeller in Utrecht ist gebaut worden, als der Bahnhof samt Umfeld umgestaltet wurden. Die Kosten von 30 Millionen Euro haben sich die Kommune, der Staat und das holländische Bahn-Infrastrukturunternehmen aufgeteilt.

Das Rotterdamer Büro Ector Hoogstad hat die netto 21 500 Quadratmeter große Einrichtung geplant und in drei Bauabschnitten eröffnet. Ausgelegt ist die Größe nach den rund 180 000 Passagieren, die täglich den Bahnhof nutzen. Die Hälfte von ihnen rollt mit dem Rad an. Zwei Rampen führen hinunter. Eine Fahrradwerkstatt und ein Radleihsystem sind integriert.

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Knapp 600 Plätze sieht das neue Radparkhaus vor, das in Mannheim entsteht: „Als Abschluss des Lindenhofplatzes sowie zur Erreichung eines barrierefreien Zugangs zur Hauptbahnhofunterführung soll am künftigen Platzrand ein repräsentatives Zugangsgebäude entstehen“, erklärt Baubürgermeister Ralf Eisenhauer, der gerade mit einer Delegation des baden-württembergischen Verkehrsministeriums die Utrechter Radgarage besichtigte. „Das Zugangsgebäude schließt nach Norden den Lindenhofplatz, den neuen südlichen Bahnhofsplatz, ab. Es schafft die notwendige barrierefreie Erschließung des Platzes, sichert Zugänge zur Bahn und zur Innenstadt“, sagt er weiter.

1400 Plätze in Mannheim

Das Gebäude und die daran anschließende Lärmschutzwand sollen die Aufenthaltsqualität des neuen Lindenhofplatzes steigern - auch, indem Lärm reduziert wird und es eine klare räumliche Trennung von der Südtangente gibt. Durch den Bau des Zugangsgebäudes zum Hauptbahnhof erhalte der Lindenhofplatz „als Pendant zum Bahnhofsvorplatz einen stadträumlichen Rahmen“.

„Mit dem Fahrradparkhaus entschärfen wir die Parksituation für Fahrräder auf dem Platz und erleichtern im Sinne einer lebenswerten und klimaneutralen Stadt den Umstieg vom Rad zum ÖPNV“, bewertet Eisenhauer das Projekt. Rund sechs Millionen Euro seien für den Bau ursprünglich vorgesehen worden, nach der konkretisierenden Planung müssten aber noch Anpassungen vorgenommen werden.

Nach der Übernahme des Fahrradparkhauses auf der Nordseite des Bahnhofs (gegenüber der ehemaligen Post), wo bereits rund 800 Plätze zur Verfügung stünden, hätten die Mannheimer Parkhausbetriebe GmbH (MPB) das Thema „Fahrradparkhäuser“ als Ergänzung des bisherigen Geschäftsfeldes entwickelt. Die MPB soll das neue Fahrradparkhaus planen, bauen, betreiben und unterhalten. Mit dem Aushub ist bereits begonnen worden.

Redaktion Redakteurin Metropolregion/Heidelberg

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