Corona - Weil bundesweite Regeln fehlen, handeln erste Unternehmen selbst / Daimler erwägt gesonderte Kantinenbereiche für Geimpfte und Genesene

3G am Arbeitsplatz? Was Firmen aus der Region dazu sagen

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Alexander Jungert , Bettina Eschbacher und Christian Schall
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In vielen Cafés und Restaurants ist es Standard – jetzt fordern auch Arbeitgeberverbände, dass Beschäftigte nur nach der 3G-Regel in den Betrieb kommen dürfen. © Getty Images/iStockphoto

Rhein-Neckar. Von Arbeitgebern werden Rufe nach einer gesetzlichen 3G-Regelung laut. Erste Firmen handeln selbst und entwickeln eigene Maßnahmen. Ein Überblick, wie es Unternehmen aus der Region handhaben.

SAP, Walldorf

Der Walldorfer Softwarekonzern SAP lässt bereits seit Wochen nur noch Mitarbeiter in die Büros, die geimpft, genesen oder getestet sind – kontrolliert wird nicht, alles geschieht auf Vertrauensbasis. Die meisten Beschäftigten arbeiten zudem noch vom Homeoffice aus und haben diese Möglichkeit auch ausdrücklich, wenn sie den 3G-Auflagen für die Arbeit im Büro ablehnend gegenüberstehen. Die Homeoffice-Regelung wurde bis Mitte 2022 verlängert.

Daimler, Mannheim

Daimler prüft im Kampf gegen Corona separate Kantinenbereiche für geimpfte und genesene Mitarbeiter. Am Standort Mannheim mit insgesamt 8300 Beschäftigten wird die Kantine gemeinsam genutzt – von den Beschäftigten des Lkw-Motorenwerks und von Evobus. Auf eine mögliche 3G-Regelung am Arbeitsplatz geht Daimler nicht konkret ein. „Wir setzen weiterhin alles daran, die Verbreitung des Corona-Virus einzudämmen“, erklärt ein Sprecher. Das Unternehmen halte sich an „die jeweils gesetzlichen Regelungen“. Gleichzeitig hebt der Sprecher hervor: „Die Gesetzeslage lässt es den Unternehmen nicht zu, den Impfstatus ihrer Beschäftigten zu erfragen.“

Würth Industrie Service, Bad Mergentheim

Einen klaren Appell an die Politik hat Würth Industrie Service aus Bad Mergentheim: „Wir sind für die rechtliche Grundlage, auch in den Unternehmen die Risikosituation abfragen zu dürfen und darauf basierend die relevanten Schutzmaßnahmen zu definieren“, teilt eine Sprecherin mit. Ein „eindeutiger rechtlicher Rahmen“ und die Gleichstellung mit dem öffentlichen Bereich würden die Handhabung im Unternehmen vereinfachen. In der Kantine seien indes keine gesonderten Regelungen geplant. „Wir sind der Meinung, durch unsere Hygiene- und Schutzmaßnahmen alle Voraussetzungen zu haben, die einen sicheren und risikominimierten Ablauf gewährleisten.“

IG Metall zurückhaltend

Die IG Metall Mannheim reagiert zurückhaltend auf eine mögliche 3G-Regelung am Arbeitsplatz. „Da tun sich viele Fragen auf“, sagt der Erste Bevollmächtigte Thomas Hahl.

Aus Sicht der Gewerkschaft muss sichergestellt sein, dass die Arbeitgeber auch wirklich alle Tests zahlen und diese während der Arbeitszeit stattfinden. Darüber hinaus sei es mitbestimmungspflichtig durch die Betriebsräte, sagt Hahl. Zudem dürfe es keine Impflicht durch die Hintertür geben.

„Die Gefahr besteht auch, dass Arbeitgeber 3G ausnutzen, um zukünftig Türen zu öffnen, um andere Gesundheitsdaten abzufragen – etwa andere Impfungen oder gar eine Schwangerschaft“, erklärt Hahl. Deshalb lehne die IG Metall eine Auskunftspflicht strikt ab.

3G darf laut Gewerkschaft auch nicht dazu führen, dass bisher mit den Arbeitnehmervertretern eingeführte Corona-Schutzmaßnahmen einfach verworfen werden.

BASF, Ludwigshafen

Aktuell hat der Ludwigshafener Chemiekonzern BASF am Stammsitz keine werksweiten 3G-Regelungen. Eine Sprecherin teilt mit: „Grundsätzlich begrüßen wir jede Maßnahme, die dem Gesundheitsschutz unserer Mitarbeitenden dient, und die praktikabel an unseren Standorten umsetzbar ist.“ Bisher sei man mit dem Maßnahmenkonzept und dem konsequenten Einhalten von Hygiene- und Abstandsregeln „sehr gut gefahren“. Seit Mitte Oktober gibt es in den Kantinen 3G-Bereiche, in denen Mitarbeitende nachweisen müssen, dass sie entweder geimpft, genesen oder zeitnah getestet sind. Es gibt aber weiterhin Bereiche, in denen Mitarbeitende ohne Nachweis mit Abstand sitzen und essen können. Durch die 3G-Regel kann das Unternehmen eigenen Angaben nach das Sitzplatzangebot drinnen verantwortungsvoll erhöhen – das ist nötig, weil wieder mehr Beschäftigte in Präsenz arbeiten. Zudem wurden die Öffnungszeiten der Kantinen erweitert.

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Roche, Mannheim

„Eine eindeutige gesetzliche Regelung würde vieles vereinfachen und wäre aus unserer Sicht zu begrüßen“, erklärt eine Sprecherin von Roche. Man appelliere an die Eigenverantwortung der Mitarbeitenden, sich an die 3G-Regel zu halten. Kontrolliert werde das nicht. Mitarbeitende, die ins Unternehmen kommen, erhalten kostenlose Schnelltests zur Eigenanwendung. Spezielle Bereiche für Geimpfte und Genesene gebe es nicht.

Heidelberger Druckmaschinen, Wiesloch-Walldorf

Ein Unternehmenssprecher sieht den Schlüssel in der Corona-Arbeitsschutz-Verordnung, für die der Bundesarbeitsminister zuständig sei. „Hier könnte die Formulierung Sinn machen, dass der Arbeitgeber den Impfstatus kennen muss. Sofern er ihn kennt, kann er ihn bei der obligatorischen Gefährdungsbeurteilung für Arbeitsplätze berücksichtigen.“ Ohne diese Kenntnis ergebe eine Gefährdungsbeurteilung wenig Sinn, weil dann der schwächste Schutzstatus unterstellt werden müsse. Eine 3G-Regelung könne dann auch für die Belegschaft maßgebend sein. „In der Praxis hat sich die Kenntnis über den Impfstatus zumindest kollegial rumgesprochen, insofern hinkt das Arbeitsministerium mit der geltenden Corona-Verordnung der betrieblichen Praxis ohnehin hinterher.“

Merck, Darmstadt

Der Chemie- und Pharmakonzern Merck führt nach Angaben eines Sprechers derzeit eine anonyme Umfrage zum Impfstatus unter den Mitarbeitenden in Deutschland durch. Auf Basis der Ergebnisse werde man die derzeit geltenden Schutzmaßnahmen an den Standorten überprüfen und gegebenenfalls anpassen. „Wir planen derzeit keine 2G-Bereiche in unseren Betriebsrestaurants in Darmstadt. Zum Schutz der Sicherheit und Gesundheit unserer Mitarbeitenden gelten dort umfassende Abstands- und Hygieneregeln.“

Freudenberg, Weinheim

Laut einer Freudenberg-Sprecherin haben sich Sicherheits- und Hygienemaßnahmen, Selbsttests und Impfangebote für Mitarbeitende bewährt. „Aus diesem Grund gibt es zurzeit keine Pläne, die bestehenden Regelungen auszuweiten.“ In der Kantine gelte die in Baden-Württemberg vorgeschriebene 3G-Regelung mit weiteren Hygienevorschriften.

Redaktion berichtet aus der regionalen Wirtschaft

Redaktion Bettina Eschbacher ist Teamleiterin Wirtschaft.

Redaktion Redakteur in der Wirtschaftsredaktion

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