2023 war für das Mannheimer Energieunternehmen ein fantastisches Jahr. Sage und schreibe 880 Millionen Euro konnte der Konzern als Gewinn einstreichen. Doch ein solches Rekordjahr wird es wahrscheinlich nie wieder geben. Die MVV profitierte im Geschäftsjahr 2023 als Großhändler von den hohen Preisen und erzielte durch den Verkauf von Beteiligungen zusätzlich Erlöse. Kaufleute nennen das dann Einmaleffekte.
2023 war ein Ausreißer, aber auch jetzt läuft es nicht schlecht
Und da MVV-Chef Georg Müller im Vorstand zusätzlich für „Kaufmännische Angelegenheiten“ zuständig ist, verwendet auch er diese Vokabel, um klarzustellen, dass ein Gewinnrückgang um 54 Prozent in den ersten neun Monaten des laufenden Geschäftsjahrs für die Aktionäre gar nicht so schlimm ist. „Mit 385 Millionen Euro konnten wir dennoch im längerfristigen Vergleich - 2023 ausgenommen - ein gutes Ergebnis erzielen“, sagt er und legt nach: „Mit unserer strategischen Ausrichtung auf Klimaschutz haben wir uns erneut in einem schwierigen Marktumfeld erfolgreich behauptet.“
Müller, der Ende des Jahres auf eigenen Wunsch vorzeitig aus seinem Vertrag aussteigt, lässt natürlich nicht unerwähnt, dass der Konzern das Publikum bereits bei der Bilanzpressekonferenz im Dezember 2023 auf die neue Entwicklung vorbereitet hat. Damals prognostizierte das Unternehmen für 2024 einen Gewinn zwischen 360 und 440 Millionen Euro. Am Donnerstag bestätigte die MVV die Tendenz der Prognose, engte allerdings den Korridor ein. Jetzt geht der Mannheimer Energiekonzern auf Basis der bisherigen Ergebnisentwicklung und der Erwartungen für das vierte Quartal von einem Gewinn zwischen 390 und 420 Millionen Euro aus. Anders als beim Gewinn konnte die MVV den Umsatz wenigstens noch leicht um 88 Millionen auf rund 5,9 Milliarden Euro steigern. Das Unternehmen profitierte dabei von der positiven Entwicklung im Gasbereich. Die MVV erzielte ein zusätzliches Plus bei den Termingeschäften, die auf einem höheren Strompreisniveau abgeschlossen waren.
Das nach Müllers Darstellung gute Ergebnis speiste sich vor allem aus den Gewinnen, die die eigenen Windkraftanlagen und das Projektentwicklungsgeschäft einbrachten. Außerdem erzielte die MVV Veräußerungserlöse aus dem Verkauf von Anteilen der MVV-Tochter Juwi an ihrem japanischen Gemeinschaftsunternehmen Juwi Shizen Energy.
Mit ihrem Mannheimer Modell - also dem Dreiklang aus Wärmewende, Stromwende sowie grünen Kundenlösungen - unterscheidet sich das Unternehmen deutlich von der Konkurrenz. „Wir haben als MVV früher als andere Unternehmen begonnen, Klimaschutz ernst zu nehmen und in die Transformation von Energie zu investieren. Diesen Vorsprung vor den anderen wollen wir halten“, so der Vorstandschef im Gespräch mit dieser Redaktion im November 2023. Und natürlich will das Unternehmen mit dieser Strategie auch Geld verdienen. „Wir zahlen die Dividende nicht in CO2-Reduktion, sondern in Euro“, betont der Vorstandsvorsitzende, dass es nicht nur um altruistische Ziele geht.
Unternehmerischer Erfolg und Klimaschutzziele sind nach Müllers Überzeugung kein Widerspruch, sondern passen zusammen. Die Gewinne landen nicht komplett in den Taschen der Aktionäre, zu denen als Mehrheitseigner die Stadt Mannheim gehört, die 2023 rund 48 Millionen Euro einstreichen konnte.
Auch in diesem Jahr hat die MVV die Preise wieder erhöht
Der Großteil der Erlöse soll die Energiewende vorantreiben. Bis 2033 will der Konzern sieben Milliarden Euro investieren. Allein für die Fernwärme veranschlagt MVV-Vorstand Hansjörg Roll die angelaufenen und ausstehenden Investitionen innerhalb von 20 Jahren auf rund eine Milliarde Euro. Das Unternehmen erwartet allerdings Fördermittel in der Größenordnung von rund 300 Millionen Euro.
Die Kehrseite der Medaille: Das Mannheimer Modell gibt es natürlich nicht umsonst. Dabei leiden die Kundinnen und Kunden seit dem Ukraine-Krieg ohnehin schon unter den stark gestiegenen Energiepreisen. Strom und Gas kosteten auch nach der teilweisen Rücknahme der happigen Erhöhungen im Juli 2023 noch immer 43 beziehungsweise 56 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Auch der Preis für die Fernwärme ist im zweiten Halbjahr 2023 um 40 Prozent stark gestiegen. Und 2024 hat die MVV erneut erhöht: Fernwärme ist drei Prozent, Strom fünf Prozent teurer geworden - dafür muss ein Drei-Personen-Haushalt rund 100 Euro mehr im Jahr zahlen.
MVV-Vorstand Hansjörg Roll geht dennoch davon aus, dass die Fernwärme „preislich interessant und bezahlbar bleiben wird“. Begründung: Das Heizen mit fossilen Brennstoffen wird wegen der CO2-Abgabe immer teurer. Die Preisentwicklung hängt aber auch davon ab, mit welchen Technologien die MVV die Wärmewende umsetzen will. In den bisherigen Planungen spielt die Tiefengeothermie eine große Rolle. Bis zu 30 Prozent des Bedarfs der aktuell an das Netz angeschlossenen Haushalte will der Konzern auf diese Weise decken. Dafür hat die MVV 2021 das Joint Venture Geohardt zusammen mit dem Karlsruher Energiekonzern EnBW gegründet. Obwohl im Oberrheingraben ein großer Schatz schlummern soll, ist es unsicher, wann dieser gehoben werden kann. Bisher gibt es noch nicht einmal einen Standort.
Unternehmen nicht zwingend auf Geothermie angewiesen
Aber offensichtlich fährt die MVV mehrgleisig „Selbst ohne Geothermie werden wir ab 2030 nur noch grüne Fernwärme in Mannheim und der Region sowie in Offenbach liefern. Wir sind sicher, dass wir das schaffen, denn wir haben genügend Alternativen“, so Roll. Welche denn? „Wir könnten zum Beispiel mehrere Flusswärmepumpen bauen, der Rhein ist ja groß“, sagt Roll. Allerdings: Diese Variante käme teurer, und das würde sich wohl auch auf die Preise niederschlagen. Auch ein zweites Biomassekraftwerk sei denkbar. Deshalb ist für Roll das Datum 2030 in Stein gemeißelt. Nur am Standort Kiel wird es fünf Jahre länger dauern. Dort steht das nach Rolls Angaben modernste Gaskraftwerk Deutschlands, das bis 2035 auf Wasserstoff umgerüstet werden soll.
In Mannheim liegt der Fernwärmeanteil gegenwärtig bei 60 Prozent. Dieser soll auf Basis der kommunalen Wärmeplanung auf 75 Prozent steigen. Dafür müssen 10 000 weitere Gebäude ans Netz angeschlossen und 100 Kilometer lange neue Leitungen verlegt werden. Das Mannheimer Modell ist - so Müller - „kein Marketing-Slogan“. Die MVV will es Schritt für Schritt umsetzen.
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