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Mannheimer MVV: Wer wird neuer Chef beim Energiekonzern?

Der Mannheimer Energiekonzern MVV sucht einen Nachfolger für Vorstandschef Georg Müller. Mannheims Oberbürgermeister Christian Specht hat als Aufsichtsratsvorsitzender da mehr als nur ein Wörtchen mitzureden

Von 
Walter Serif
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Nur noch bis zum Jahresende wird Georg Müller die schöne Aussicht beim Mannheimer Energiekonzern MVV genießen können. Wer seinen Job als Vorstandschef übernehmen wird, ist unklar. © MVV

Mannheim. Noch sitzt Georg Müller an seinem Schreibtisch beim Mannheimer Energieunternehmen MVV. Aber Ende des Jahres ist für den Konzernlenker Schicht im Schacht.

Im Mai hatte der langjährige Vorstandschef völlig überraschend den Aufsichtsrat darüber informiert, dass er seinen Fünf-Jahres-Vertrag vorzeitig auflösen will. „Er macht damit von einer Möglichkeit Gebrauch, die ihm im Rahmen der letzten Bestellung Anfang 2023 durch den Aufsichtsrat eingeräumt worden war“, wie es damals in einer Pressemitteilung der MVV hieß.

Nachfolge für MVV-Chef läuft schleppend

Vorsitzender des Kontrollgremiums ist Mannheims Oberbürgermeister Christian Specht (CDU). Die Stadt hält die Mehrheit der Aktien bei der MVV. Specht hatte nach dem von Müller ausgelösten Paukenschlag mitgeteilt, dass die notwendigen Schritte für die Suche nach einem Nachfolger bereits eingeleitet seien. Seitdem herrscht Funkstille.

MVV-Vorstandschef Georg Müller hört Ende 2024 auf. © Christoph Bluethner

Auf Anfrage sagt ein Sprecher der Stadt nur: „In dem laufenden Prozess können interne als auch externe Kandidaten jeglichen Geschlechts infrage kommen.“ Wie lange dieser Prozess dauern wird, will oder kann der Sprecher nicht verraten und verkündet nur eine Selbstverständlichkeit: „Über das Ergebnis wird die Öffentlichkeit informiert, sobald der beziehungsweise die neue Vorstandsvorsitzende feststeht.“

Nach Informationen dieser Redaktion läuft die Suche bisher jedenfalls noch nicht auf Hochtouren. Das liegt auch an einem profanen Grund: Gegenwärtig ist Urlaubszeit. Von daher ist es nicht ausgeschlossen, dass vor September oder gar Anfang Oktober keine Entscheidung fällt. Müller selbst äußerte im Frühjahr, als er seinen Rückzug bekannt gab, dass er selbst „aktiv dazu beitragen“, wolle, „den Staffelstab weiterzugeben“. Ob der Aufsichtsrat aber darauf eingehen oder lieber die Auswahl völlig unabhängig von ihm treffen wird, ist dagegen unklar.

Energiekonzern MVV hatte keinen Plan B in der Tasche

Sollte der Aufsichtsrat den Posten intern besetzen, wäre Technik-Vorstand Hansjörg Roll wohl die erste Wahl. Immerhin ist er seit 2015 Vorstandsmitglied, und sein Bereich verdient im Energiekonzern das meiste Geld.

MVV-Technik-Vorstand Hansjörg Roll © MVV

Roll war außerdem bis Mai Aufsichtsratsvorsitzender beim Grosskraftwerk Mannheim (GKM), ist aber noch einfaches Mitglied in dem Gremium. Damit ist Roll auch ein Spezialist beim Thema Wärmewende. Ab 2030 will die MVV keine Steinkohle mehr aus dem GKM für die Fernwärme einsetzen.

Roll könnte zusätzlich davon profitieren, dass er 2022 Müller wegen dessen krankheitsbedingter Auszeit immerhin ein halbes Jahr vertreten hat. Allerdings gibt es auch ein Argument, das eher gegen ihn spricht. Roll ist Jahrgang 1965 und damit auch nur wenig jünger als Müller.

Ist Roll der passende Kandidat als MVV-Chef?

Dieser war bei der Verlängerung seines letzten Vertrages zwar auch schon 60, aber das Unternehmen wäre verrückt gewesen, wenn es ihn nicht behalten hätte, denn Müller ist ja der Architekt der Energiewende der MVV. Dass der Konzern aber jetzt wahrscheinlich einen jüngeren Kandidaten haben will, der seinen Vertrag auch nach fünf Jahren verlängern könnte, ist nicht abwegig.

Man kann das natürlich auch als bloße Spekulation abtun. Aber die Tatsache, dass der Mannheimer Energiekonzern überhaupt eine externe Lösung in Erwägung zieht, legt eher den Schluss nahe, dass sich Roll in den Augen des Aufsichtsrats offensichtlich nicht als ein idealer Kandidat aufdrängt. Wäre es anders, müsste man nicht erst die Headhunter in Marsch setzen. Der Karlsruher Energieversorger EnBW besetzte den Posten des Vorstandsvorsitzenden nach dem abrupten Chefwechsel im März noch am selben Tag intern. Falls die MVV auf dem Markt keine überzeugende Persönlichkeit findet - auch bei Spitzenmanagern gibt es Fachkräftemangel -, könnte Roll aber wieder ein Thema werden.

Kommentar Georg Müller - der Architekt der Energiewende geht früher

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Eine andere Frage ist, ob das Unternehmen nicht längst einen Plan B in der Tasche hätte haben müssen. Müller ist bereits seit 2009 Vorstandsvorsitzender. Die Ausstiegsklausel erlaubte es beiden Seiten, jeweils bis zur Jahresmitte den Kontrakt zu beenden. Dies ist ein Indiz dafür, dass Müller selbst daran zweifelte, ob er den Vertrag bis 2028 erfüllen kann oder will. Und darüber wusste der Aufsichtsrat ja selbst Bescheid. Im Rückblick rächt es sich jetzt vielleicht, dass die MVV keinen Nachfolger im eigenen Haus aufgebaut hat, der Müllers Erbe bis ins nächste Jahrzehnt mit großer Energie fortsetzen könnte.

Das Anforderungsprofil an Müllers Nachfolger bei der MVV ist komplex

Das Anforderungssprofil an den künftigen Steuermann oder die Steuerfrau ist jedenfalls komplex. Müller ist neben seinem Chefposten auch noch für „Kaufmännische Angelegenheiten“ zuständig. Einen eigenen Finanzvorstand hat die MVV nicht, denn die Arbeitnehmerseite hat durchgesetzt, dass im auf vier Köpfe begrenzten Vorstand immer jemand sitzen muss, der das Personalressort bekleidet. Diesen Posten hat Verena Amann. Die anderen Bereiche Technik (Roll) und Vertrieb (Ralf Klöpfer) sind gesetzt. Deshalb wäre es schon von Vorteil, wenn sich der neue Vorstandsvorsitzende auch mit den Finanzen ein bisschen auskennen würde.

Das ist aber das kleinere Problem. Als Georg Müller nach Mannheim kam, verdiente die MVV noch mit dem traditionellen Geschäft ihr Geld. Also als Energielieferant an die Privatkundschaft und die Unternehmen. Inzwischen dreht die MVV ein viel größeres Rad. Das Unternehmen baut Wind- und Solaranlagen im kleinen und großen Maßstab. Die Angebotspalette ist sehr umfangreich. Außerdem engagiert sich die MVV auch im Ausland.

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Und dann sind da noch die Aktionäre. Die Mehrheit im Unternehmen, das 1993 als erster kommunaler Energieversorger in Deutschland an die Börse ging, hält die Stadt. Die freut sich über die Ausschüttungen, mit denen sie Löcher im Haushalt stopfen kann. Andererseits würde sie vielleicht auch gerne Haushalte an die Fernwärme anschließen, bei denen die MVV aber sagt: Das ist nicht wirtschaftlich. Und dann sind da auch noch die privaten Aktionäre, die eine fette Dividende haben wollen. Das alles muss ein Vorstandschef gut ausbalancieren. Georg Müller ist das gelungen. Es wäre deshalb fatal für die MVV, falls niemand diese Lücke richtig schließen kann.

Redaktion Reporter für Politik und Wirtschaft

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