Mannheim. Das Mannheimer Energieunternehmen MVV hat ein fantastisches Geschäftsjahr 2023 hingelegt und mit einem Gewinn von 880 Millionen Euro vor Zinsen und Steuern die beste Bilanz seit der Gründung vor 150 Jahren veröffentlicht. Womöglich ist das den Managern ein wenig peinlich, denn die Verbraucherinnen und Verbraucher müssen ja neben den hohen Lebensmittelpreisen auch die drastisch gestiegenen Energiekosten stemmen. Jedenfalls weist die MVV die prozentuale Steigerung bei den Gewinnen nur ungefähr aus. Da steht in der Tabelle „größer als 100“. Vielleicht ist diese Interpretation aber auch völlig abwegig. Kann ja sein, dass die MVV mit den Journalistinnen und Journalisten bei der Bilanz-Pressekonferenz in Frankfurt nur ein kleines Experiment durchführen wollte. Nämlich einen Test, ob die Eltern oder Großeltern wirklich besser rechnen können als ihre Kinder oder Enkel, die bei der aktuellen Pisa-Studie jämmerlich in Mathematik abgeschnitten haben.
Energie wird wohl teurer
Scherz beiseite. MVV-Chef Georg Müller nutzte die Pressekonferenz, um in seiner Analyse auf zwei Punkte hinzuweisen. Die außergewöhnlichen Gewinne beruhen in der Tat auf Sondereffekten. Die MVV hat hohe Veräußerungsgewinne erzielt und im Energiegroßhandel von den krassen Preisanstiegen profitiert, weshalb der bereinigte Umsatz von 4,2 auf 7,51 Milliarden Euro angewachsen ist. Im nächsten Jahr, das wieder „normal“ laufen soll, rechnet Müller mit einem Gewinn von rund 400 Millionen Euro, das wären „nur“ noch 45 Prozent des aktuellen Gewinns. Der Konzern muss aber auch dann nicht darben. Das Ergebnisziel 2024 „liegt immer noch deutlich über denen der vergangenen Jahre“, erklärt Müller und schiebt nach: „MVV vollzieht also einen Niveausprung bei der Ergebnisentwicklung.“ Das Unternehmen sieht sich für die Zukunft breiter aufgestellt.
Natürlich lässt sich der hohe Gewinn im abgelaufenen Geschäftsjahr auch mit dem Verweis auf die Sondereffekte nicht wegdiskutieren. Deshalb sollen die Aktionäre ein Stück weit belohnt werden. Vorstand und Aufsichtsrat schlagen nicht nur eine Erhöhung der Dividende um zehn Cent je Aktie auf 1,15 Euro vor. Zusätzlich soll es - vorbehaltlich der Zustimmung der Hauptversammlung im März 2024 - eine einmalige Sonderdividende in Höhe von 30 Cent geben, deren Höhe das Unternehmen auch mit ihrem 150. Geburtstag in diesem Jahr begründet. Damit steigt die Dividende auf 1,45 Euro je Aktie, das ist immerhin ein Plus von 38 Prozent. Davon profitiert vor allem die Stadt Mannheim, die 50,1 Prozent der Anteile hält. Sie bekommt von der Dividendensumme knapp 48 Millionen Euro, die den Haushalt der klammen Stadt entlasten.
Die Dividende verschlingt aber nur einen Bruchteil des Gewinns. Die MVV will die Erlöse für Investitionen nutzen. Diese sollen in den nächsten zehn Jahren um sieben Milliarden Euro wachsen. Eine gewaltige Summe und doppelt so viel wie bisher geplant. Die starke Geschäftsentwicklung und die bisherigen Transformationserfolge sieht der Energieversorger als Ansporn. „Bis 2035 - und damit fünf Jahre früher als ursprünglich geplant - werden wir klimapositiv. Wir werden mit voller Kraft und mit mehr Tempo alle verfügbaren Potenziale für die Umsetzung der Energiewende und damit für einen echten Klimaschutz heben“, so Müller.
Den Rahmen dafür bildet das Mannheimer Modell der MVV mit dem Dreiklang aus Wärmewende, Stromwende und grünen Kundenlösungen. Bis 2035 will der Konzern nur noch 100 Prozent klimaneutrale Produkte und Dienstleistungen anbieten und die Verträge nach und nach auf Grün umstellen. Das Problem dabei: Die Klimawende, die die Mehrheit der Bevölkerung in Umfragen befürwortet, wird für sie immer teurer. Wahrscheinlich schon wieder im nächsten Jahr und wahrscheinlich für Gas, Strom und Fernwärme gleichermaßen.
Während die Handelspreise wieder gesunken sind, verteuern nun die Beschlüsse der Ampel-Koalition zu den Netzentgelten und dem Auslaufen der reduzierten Mehrwertsteuer auf Gas und Fernwärme die Energiekosten. Auf die Frage, ob die MVV diese Kosten an die Kundschaft weitergeben würde, meinte Müller, dass dies nicht abwegig sei. Dazu muss man wissen: Auch wenn die MVV inzwischen eine große nationale Adresse mit internationalen Ambitionen ist, verdient sie auch in der Region nicht wenig Geld. Nach Müllers Angaben dürfte ein Betrag „unter 20 Prozent“ zum Gewinn beigetragen haben.
LBBW-Analyst lobt Kurs
Dass die aus Unternehmenssicht starken Zahlen bei Analysten wie Erkan Ayçiçek von der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) gut ankommen, ist keine große Überraschung. „Die MVV hat sehr gut performt und seine Ziele übertroffen“, sagt er. Dass die MVV auch für 2024 eine positive Prognose abgegeben hat, gefällt ihm. „Die geplanten Investitionen in Höhe von sieben Milliarden Euro sind beeindruckend, aber bisher hat das Unternehmen ja immer geliefert“, sagt er. Natürlich hätte die MVV auch eine höhere Dividende beschließen können. Aber: „Wenn man viel Geld an die Aktionäre auszahlt, muss man sich die Mittel ja woanders besorgen. Über Fremdkapital zum Beispiel“, lobt Ayçiçek den Kurs der MVV.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Die Klimawende gibt es auch in Mannheim nicht umsonst