Wahlergebnis

Armin Laschet (CDU) fährt bei der Bundestagswahl Rekordverluste für die Union ein

Von 
Miriam Hollstein
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Ist mit dem Ergebnis der Union nicht zufrieden: CDU-Chef und Unionsspitzenkandidat Armin Laschet am Sonntagabend in Berlin. © dpa

Berlin. Die Union kassiert ihr schlechtestes Ergebnis bei einer Bundestagswahl überhaupt. Aber der Kanzlerkandidat Armin Laschet will trotzdem regieren. Selbst sein Dauerkritiker aus München, CSU-Chef Markus Söder, zeigt sich milde und verzichtet auf scharfe Attacken gegen den Wahlverlierer.

Als Punkt 18 Uhr die ersten Prognosen der ARD in der Berliner CDU-Zentrale auf den Bildschirmen erscheint, herrscht betretenes Schweigen bei den jungen Unterstützern. Dabei sieht die ARD – anders als das ZDF – die Union noch gleichauf mit der SPD. Aber die Verluste sind dramatisch. Erst als ARD-Moderator Jörg Schönenborn vorrechnet, dass diese Zahlen nicht für eine rot-rot-grüne Koalition reichen würden, brandet Applaus auf. Das Schreckgespenst vom „Linksrutsch“ war das letzte große Argument der Union im Wahlkampf gewesen.

Neue Töne aus der CSU

Als ihr Kanzlerkandidat Armin Laschet dann kurz vor 19 Uhr in der Berliner Parteizentrale vor die Kameras tritt, macht er klar, welchen Anspruch er hat. Er gibt sich kampfeslustig. Die Union habe aber von ihren Wählerinnen und Wählern „einen klaren Auftrag“ erhalten: „Eine Stimme für die Union ist eine Stimme gegen eine linksgeführte Bundesregierung“, sagt der nordrhein-westfälische Ministerpräsident. Deshalb werden man alles daran setzen, „eine Bundesregierung unter Führung der Union zu bilden“. Von einer „Zukunftsregierung“ spricht Laschet – gemeint ist ein Jamaika-Bündnis aus Union, FDP und den Grünen. Damit ist klar: Selbst wenn die Union am Ende der Stimmauszählung auf Platz zwei liegen sollte, wird Laschet nicht aufgeben.

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Auch bei der bayrischen Schwesterpartei CSU, die sich vor der Wahl im Falle eines zweiten Platzes keine Jamaika-Verhandlungen vorstellen konnte, werden am Wahlabend neue Töne angeschlagen. CSU-Chef Markus Söder sprach sich für ein „Bündnis der Vernunft“ unter Führung von CDU-Chef Armin Laschet aus. „Wir glauben fest an die Idee eines Jamaika-Bündnisses“, sagte Söder am Sonntagabend in Berlin. Die CSU wolle gemeinsam mit der CDU „in diese Gespräche gehen mit dem klaren Ziel, den Führungsauftrag für die Union zu definieren, dass Armin Laschet dann der Kanzler der Bundesrepublik Deutschland wird“, betonte der bayerische Ministerpräsident.

Dennoch ist unbestritten, dass das Ergebnis der Union ist ein historischer Absturz. Nie zuvor seit 1949 haben CDU und CSU weniger Zustimmung bei einer Bundestagswahl erhalten als an diesem Wahlsonntag. Es ist ein Negativrekord. Dabei war bereits das Ergebnis bei der Bundestagswahl 2017 der bis dahin schwerste Tiefschlag der Union. Damals erhielten CDU und CSU gemeinsam 32,9 Prozent der Zweitstimmen. Jetzt hat die Union sich selbst noch einmal unterboten.

Dass Angela Merkels Rückzug die traditionelle Kanzlerpartei CDU in eine Krise stürzen würde, war im Vorfeld absehbar. Dass der Schlag so heftig ausfallen würde, dürfte auch am Spitzenkandidaten L aschet und seinem unglücklichen Wahlkampf liegen. Am Wahltag selbst leistete sich Laschet eine weitere Panne, als er seinen Wahlzettel nicht korrekt gefaltet hatte und Fotografen ablichteten, wo der Unionskandidat und seine Frau Susanne ihre Kreuze gemacht hatten.

Der Vorfall ist in gewisserweise bezeichnend für Laschets gesamten Wahlkampf. Es waren viele kleine Versprecher und Pannen, die seinem Image schadeten. Aber nicht nur Laschets Fehler führten zu einem vermurksten Unions-Wahlkampf. Dieser war von Anfang an durch den erbitterten Kampf um die Kanzlerkandidatur zwischen Laschet und CSU-Chef Markus Söder überschattet.

Mit den sinkenden Umfragewerten für die Union wuchs in der CDU zugleich die Zahl derer, die Laschets Wahl zum Kanzlerkandidaten infrage stellten oder gar bereuten. Auch die Schützenhilfe von Kanzlerin Merkel gegen Ende des Wahlkampfs hatte keine neue Dynamik für Laschets Kandidatur im Rennen ums Kanzleramt gebracht. Ohnehin hatte sich Merkel zunächst verordnet, sich aus der Kampagne herauszuhalten. Doch irgendwann änderte sie die Strategie. Noch am Tag vor der Abstimmung war Merkel gemeinsam mit Laschet in dessen Heimatstadt Aachen aufgetreten und hatte dort für ihn geworben. Es war der Versuch, auf den letzten Metern noch etwas von ihrem eigenen Beliebtheitsbonus an Laschet weitergeben – mit mäßigem Erfolg. Am Sonntagabend kam Merkel auch ins Berliner Konrad-Adenauer-Haus – anders als Friedrich Merz. Obwohl Merz zu Laschets acht Personen starken „Zukunftsteam“ gehört, deren Mitglieder am Wahlabend fast vollständig in der Parteizentrale vertreten waren, war Merz abwesend. Er verbrachte den Wahlabend mit einer Gruppe von Unterstützern lieber im heimische Sauerland. Wer wollte, konnte hierin eine erste Absetzbewegung von Armin Laschet erkennen.

Was die kommenden Wochen anbelangt, rechnen viele Beobachter ohnehin damit, dass den Unionsschwestern nach dem holprigen Wahlkampf und besonders nach diesem Ergebnis massive Konflikte ins Haus stehen. Es gibt vieles aufzuarbeiten.

Laschet könnte Streit drohen

Sollte Laschet am Ende Kanzler werden können, dürfte der Zank weniger heftig ausfallen. Sollte die Union aber nach 16 Jahren die Macht verlieren und CDU wie CSU auf der Oppositionsbank Platz nehmen müssen, dürften die Auseinandersetzungen allerdings beinhart werden.

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