Luise ist zwar noch keine zehn Monate alt, aber in ihrem maßgeschneiderten Bademantel stolziert die Mischlingshündin wie ein vierbeiniges Model durch die Zeltstadt. Der flauschige Überwurf ist die Kreation einer Mannheimerin, die Hundezubehör kreiert. Erstmals seit Bestehen der Verbrauchermesse öffnet ein reines Heimtierzelt auf dem Maimarkt seine Pforten. Im Mittelpunkt steht das entspannte Miteinander von Mensch und Tier. Und so zeigen Designer neben allerlei modischen, originellen oder praktischen Accessoires nicht nur auf, wo die Grenze zwischen Tierwohl und verrücktem Einfall verläuft. Vielmehr stellen in Halle 17 auch jede Menge Therapeuten, Trainer und Tierhilfsorganisationen ihre Arbeit vor.
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In einem halb verfallenen Haus an eine Heizung angebunden: So wurde Amigo in Spanien gefunden, bevor ihn Andrea Kammann bei sich aufnahm. Die erste Zeit bei ihr im Hunde-Erziehungszentrum Herz in Ketsch zeigte sich das traumatisierte Tier voller Angst und Misstrauen. Mit viel Einfühlungsvermögen, Geduld und vor allem Erfahrung und fachlicher Kompetenz gelang es der Trainerin, das Vertrauen des Mischlingsrüden zu gewinnen. Heute ist er Teil ihres Teams, das täglich auf einem Areal in Halle 17 einen Parcourslauf der besonderen Art vorführt. „Es geht hier nicht um klassisches Agility mit Leistung und Schnelligkeit.“ Vielmehr sollen auch ängstliche und junge Fellschnauzen die Gelegenheit haben, die Bindung zu ihrem Lieblingszweibeiner zu festigen. Um den zu finden, können die Mitarbeiter des Fellhelden-Vereins, die am anderen Ende der Halle ihren Stand haben, hilfreich sein. Die engagierten Ehrenamtlichen vermitteln Tiere aus Bulgarien, die aus ähnlichen Notlagen gerettet wurden wie Amigo.
Individuell abgestimmte Klangwelten nutzen auch Tierärzte
Die Bewältigung von Stressfaktoren für vierbeinige Angst- und Trauma-Patienten verspricht das Relaxo-System von Frank Bendix, bestehend aus einer kleinen Box, die Töne und Geräusche aussendet. Als Entspannungstherapeut und Heilpraktiker konnte er immer wieder feststellen, wie wohltuend ganz bestimmte und individuell abgestimmte Klangwellen auf einzelne Patienten wirken. Gewitter, der Knall von Feuerwerkskörpern, Tierarztbesuche, Krankheiten: Die Auslöser für Vierbeiner-Stress sind ganz unterschiedlich. Und ob es sich um Hund, Katze und Ziege oder ein edles Rennpferd und einen Falken eines Scheichs aus Dubai handelt: „Inzwischen setzen 300 Tierärzte in Deutschland vor und nach OPs sowie Tierhalter in mehr als 40 Ländern auf unsere Methode“, versichert der einstige „Höhle der Löwen“-Teilnehmer aus Meschede.
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Inzwischen hat es sich Mischlingshündin Luise auf einem Traumkissen von „Darling Little Place“ bequem gemacht. Firmengründerin Vanessa Frank gestaltet orthopädische, komplett waschbare Hundebetten. „Design und Farbe sind absolut variabel“, verspricht die Erfinderin. Entspannung und vor allem Hilfe bei chronischem Schmerz verspricht gleich nebenan der Gründer von „Hanf Sinn“ Fabian Feyle. „Bei meiner Arbeit auf der Intensivstation eines Krankenhauses war mein Alltag von Medikamenten und Therapien geprägt.“ Deshalb lag ihm die Entwicklung von nebeneffektfreien Alternativen, auch für Vierbeiner, besonders am Herzen: „Tiere sprechen in der Regel besonders gut auf Hanfsamenöl an.“
Ob das auch für die Trendfarben und individuellen Kreationen von „Lovely Leash“ zutrifft, bezweifelt selbst Erfinderin Verena Tempel. Zwar freut sich das sensible Tier, wenn seine Halterin glücklich ist. Aber die modischen Komponenten sorgen eher am anderen Ende der Leine für gute Laune. Ein Set, bestehend aus Mantel, Halsband und Leine in der Trendfarbe Mauve, ein Geschirr in Pink oder Türkis „Der Hund hat da nix davon“, versichert die Feudenheimerin lachend: „Dem ist das wurscht.“ Und wie kam die 43-jährige Hotelfachfrau auf die Geschäftsidee? Daran sind ihre Mischlingshunde aus Kroatien schuld: „Ich fand die Leinen, die es so gibt, einfach nicht schön.“ Bei aller maßgefertigten Handarbeitskunst, auch aus lederfreien Materialien: Gibt es für die Tierfreundin Grenzen? „Ja klar.“
Beispielsweise Geschirre für wilde Rabauken, die schon wegen ihres Gewichts schwer zu halten sind: „Das machen andere Anbieter einfach besser.“ Und noch eine Kundenanfrage musste sie kategorisch ablehnen: „Schlafanzüge, das mache ich nicht.“ Ein Mantel für ein Tier mit wenig Fell, oder auch, um es bei Matschwetter nicht abbrausen zu müssen: „Das ist ok. Aber“, und da rollt die Mannheimerin vielsagend die Augen, „ein Hund braucht einfach keinen Pyjama!“
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