Mannheim. Erst haben sie den Verkehrsversuch in der Innenstadt mit ihrem Widerspruch zu Fall gebracht, jetzt bringt die Initiative von Gewerbetreibenden eigene Vorschläge ein. In einem Thesenpapier formuliert die Gruppe um die drei Sprecher Antonio Platero Weber, Alexander Füssl und Hans Dieter Wüst ihre Vorstellungen, wie es mit der Verkehrsführung in der City weitergehen soll.
Wie viele Punkte stehen in dem Programmpapier?
Zehn Thesen hat die Gruppe aufgelistet. Die reichen von Sperrungen von Straßen für den Autoverkehr über Geschwindigkeitsbegrenzungen bis hin zu Fahrradparkhäusern. Auch Vorschläge für den Umgang mit Posern, den Ausbau regenerativer Energien und des ÖPNV sowie für mehr Sauberkeit der Innenstadt finden sich auf dem zweiseitigen Papier, das dem „MM“ vorliegt.
Das Thesenpapier gibt es hier zum Download (PDF)
Wer hat an dem Papier mitgewirkt? Und wer nicht?
Initiiert hat es die Gruppe von „Gewerbetreibenden zum überparteilichen Dialog mit der Stadt Mannheim bezüglich der Innenstadtentwicklung“, wie sie sich selbst nennt. Die hat nach eigener Auskunft etwa 200 Mitglieder, sieben haben das Thesenpapier bei einer spontanen Sitzung gemeinsam mit drei Vertretern des Ortsvereins Marktplatz Mannheim (Omma) entwickelt. Darin sind Inhaber und Betreiber von Geschäften, betrieben und Restaurants aus den G-, H-, J- und K-Quadraten organisiert. Nicht dabei beim Gespräch waren Vertreter von Anwohnerorganisationen oder von Bürgervereinen.
Was sagt die Initiative zu Sperrungen?
Erst Punkt 6 beschäftigt sich damit, lässt aber aufhorchen. Denn demnach soll die Fressgasse auch künftig gesperrt sein, um den Durchgangsverkehr Richtung Rheinbrücke nach Ludwigshafen auszubremsen. Allerdings soll die Durchfahrt nicht schon wie bislang vor O 1/P 1 blockiert werden, sondern erst am Ende der Straße in Höhe E 5/F 5. „Es ist nicht notwendig, eine Stadt für eine Durchfahrt zu queren“, heißt es in dem Thesenpapier. Mit der Sperrung kurz vor der Zufahrt zur Rheinbrücke könne der Verkehr noch gut abfließen, sagt Platero Weber, und die Stadt zerfalle nicht in vier Quartiere wie bei der bisherigen Unterbrechung der Fressgasse. Eine Ausweitung der Fußgängerzonen wird nicht angesprochen.
Weitere Sperrungen soll es aber nicht geben?
Jein. Während sich die Gewerbetreibenden komplett gegen eine Durchfahrtssperrung der Kunststraße aussprechen, könnten sie sich vorstellen, andere Zufahrten abends und nachts abzuriegeln. Unter Punkt 4 mit dem Namen „Schließung der Innenstadt“ werden elektronische Poller - wie man sie schon aus den Seitenstraßen der Planken kennt - vorgeschlagen, die unter der Woche zwischen 22 und 5 Uhr und am Wochenende zwischen 20 und 5 Uhr die Fressgasse und die Kunststraße ab dem Stadthaus blockieren. Also außerhalb der Geschäftszeiten. Anwohner sollen die Poller mit Chipkarten steuern können.
Spricht das Thesenpapier weitere Verkehrsregelungen an?
Ja, schon in Punkt 3 wird ein Tempolimit von maximal 30 Stundenkilometern in der Innenstadt und auf den Zufahrten vorgeschlagen. Platero Weber konkretisiert, dass damit auch der Ring und beispielsweise die Augustaanlage gemeint seien. Das verbessere den Verkehrsfluss und reduziere die Unfallgefahr. Auch „Fahrradparkhäuser in der City wären notwendig“, heißt es. Wild abgestellte Fahrräder verschlechterten das Bild der Innenstadt. Hans Dieter Wüst spricht konkret von mehreren überdachten Abstellplätzen: gegenüber Engelhorn Sport auf den Kapuzinerplanken oder bei C&A auf den Planken etwa. „Hier muss mehr Ordnung reingebracht werden.“ Bessere Anbindung und Taktung von Bussen und Bahnen werden unter Punkt 2 gefordert, genauso wie ein „Park & Ride“-Angebot.
Newsletter "Guten Morgen Mannheim!" - kostenlos registrieren
Apropos Parken: Gibt es dazu Vorschläge?
Gleich mehrere. Der wichtigste Vorschlag dazu findet sich unter Punkt 6: „Der Zielverkehr muss mit einem Parkleitsystem in die Parkhäuser geleitet werden“, heißt es darin. Gleichzeitig ist die Rede von einer „attraktiveren Bepreisung“ der Parkflächen: So könne man die erste oder die zweite Stunde als Nutzungsanreiz gratis anbieten. Einige Geschäfte böten solche Modelle bereits an, sagt Platero Weber auf die Frage, warum der Handel das nicht selbst als Anreiz für Kunden einführt. „Wir machen gerade eine Aktion, bei der wir Kunden ab einem gewissen Umsatz 3 Euro nachlassen, weil das in etwa die Kosten für die erste Stunde im Parkhaus oder ein ÖPNV-Ticket sind.“ Zusätzliche Ladestationen für Elektroautos könnten der Stadt zusätzlich Einnahmen bringen, so die Gruppe.
Die Poser stehen gleich unter Punkt 1 - was sind die Ideen?
Blitzer und Bodenschwellen, ergänzt mit Zivilstreifen der Polizei. Auch der Einsatz sogenannter Lärmblitzer soll überprüft werden. Verwiesen wird auf Frankreich, wo einige der Geräte bereits im Einsatz sind. Dort messen die Prototypen bereits seit einigen Jahren über Kamera und Mikrofone den Lärm, den vorbeifahrende Lastwagen, Autos und Motorräder erzeugen. In Deutschland plant Berlin für dieses Jahr eine Testphase der Lärmblitzer.
Was sind die weiteren Thesen?
Unter Punkt 7 wird vorgeschlagen, am Maimarktgelände - und „am Flughafen (falls er wegfällt)“, wie es formuliert ist - Flächen für Parkhäuser und Solarenergieanlagen zu nutzen. Ein touristisches Gesamtkonzept wird unter Punkt 9 genauso gefordert wie eine Sauberkeitsoffensive mit Müllkonzept, mehreren und schöneren öffentlichen Toiletten sowie einem Brennpunktmanagement unter Punkt 10.
Wie geht es mit dem Thesenpapier jetzt weiter?
Laut Platero Weber hat die Gruppe ihre Vorschläge den Kandidaten bei der Oberbürgermeisterwahl sowie allen Fraktionen und anderen beteiligten wie der Werbegemeinschaft City und der IHK zukommen lassen. „Als Diskussionsgrundlage“, wie er betont. Man wolle zeigen, dass man konstruktiv an der Entwicklung der Innenstadt mitarbeite und alle Beteiligten an einen Tisch bringen. Innerhalb der nächsten fünf bis zehn Jahre ließen sich die Maßnahmen umsetzen, so die Gruppe.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim_artikel,-mannheim-zehn-ueberraschende-thesen-fuer-die-mannheimer-innenstadt-_arid,2067318.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim.html