Innenstadt

So begründet der OB das Ende des Verkehrsversuchs in Mannheim

Peter Kurz zum Ende des Verkehrsversuchs: Er argumentiert anders als sein Dezernent und SPD-Kollege Ralf Eisenhauer, verweist auf ein Urteil aus Berlin und kann manche Stimmen aus dem Handel nicht nachvollziehen

Von 
Timo Schmidhuber
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In der Fressgasse geht es an der Schranke nur für Radfahrer und Fußgänger weiter. Wegen eines Gerichtsurteils aus Berlin hat sich die Stadtverwaltung entschieden, den Verkehrsversuch zu beenden. © Thomas Tröster

Mannheim. Die Stellungnahme von Oberbürgermeister Peter Kurz (SPD) ist umfangreich. Mehr als eine DIN-A4-Seite umfasst seine Antwort auf die Fragen des „MM“, warum der Verkehrsversuch in der Mannheimer Innenstadt so abrupt zu Ende ging und wie es jetzt weitergehen soll mit der Verkehrsführung in der City. Die zentralen Botschaft: Der Grund für das Ende des Projekts war ein Gerichtsurteil aus Berlin, unterm Strich hat der Verkehrsversuch aus Sicht des Stadtoberhaupts „deutlich positive Effekte“ gehabt. Seine Stellungnahme enthält aber auch eine Kritik am Handel.

„Die Beendigung des Verkehrsversuchs erfolgte allein aus rechtlichen Gründen, mit ihr verbindet sich keine verkehrspolitische Aussage“, erklärt Kurz in seiner Antwort auf die „MM“-Fragen. Ein Verkehrsversuch sei, wie der Name schon sage, ein zeitlich begrenztes Projekt.

Ähnlicher Fall in Berlin

„Zwar war zwischenzeitlich überlegt worden, dass bis zu einer Auswertung und Entscheidung, was für die Zukunft und in welcher Form dauerhaft realisiert werden soll, der Versuchsaufbau bleibt und erst danach ein Rückbau - oder Teilrückbau - erfolgt“, so der Oberbürgermeister. „Die Gerichtsentscheidung in Berlin hatte jedoch deutlich gemacht, dass dafür die Hürden hoch sind: Die Stadtverwaltung hat vertieft geprüft, „unter welchen Voraussetzungen der Versuch auch nach den notwendigen Erhebungen noch während der Auswertung aufrecht erhalten werden kann.“ Der Rechtsrahmen der Straßenverkehrsordnung (StVO) lasse das jedoch nicht zu. „Schon mit der Durchführung der Erhebungen ist der Versuch damit abgeschlossen und der Abbau hat zu erfolgen.“

In Berlin hatte sich eine Händlerin gegen die vorübergehende Sperrung eines Teils der Friedrichstraße für Autos gewehrt und geklagt - das dortige Verwaltungsgericht gab ihr im Oktober 2022 Recht und erklärte die Sperrung für rechtswidrig. In Mannheim gab es bislang zwar noch keine Klage, aber man stand sozusagen eine Stufe davor: Eine Gruppe aus Mannheimer Händlern hatte bei der Stadt Widerspruch gegen die Sperrung von Fressgasse und Kunststraße für den Durchgangsverkehr im Rahmen des Verkehrsversuchs eingelegt.

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Von all dem allerdings hatte Ralf Eisenhauer, der zuständige Verkehrsdezernent und Parteikollege von Kurz, nichts gesagt, als er vergangene Woche das Ende des Verkehrsversuchs ab dem 13. März bekanntgab. Er sagte damals nur, der am 6. März 2022 gestartete Verkehrsversuch sei vom Gemeinderat für zwölf Monate beschlossen worden und werde nun wie vereinbart beendet.

Und das, obwohl sein Dezernat noch im November erklärt hatte, die Absperrungen und sonstigen Maßnahmen blieben auch nach Ende der Evaluierung bestehen, bis der Gemeinderat über das weitere Vorgehen entschieden habe. Auch könnte man argumentieren, dass alle baulichen Maßnahmen für den Verkehrsversuch erst am 6. Mai 2022 umgesetzt gewesen seien - eine zwölfmonatige Versuchsphase also erst am 6. Mai enden würde.

Peter Kurz kritsiert Straßenverkehrsordnung

Die ML-Fraktion im Gemeinderat hatte schon im Herbst den sofortigen Abbruch des Verkehrsversuchs gefordert, die CDU-Fraktion verlangte Ende Februar dasselbe - also noch vor den letzten geplanten Datenerhebungen. Das, betont Kurz, sei in keiner Weise nachvollziehbar. „Es hätte dann gerade an den Messergebnissen gefehlt, die für eine Entscheidung wichtig sind. Verantwortungsvolle Stadtentwicklung braucht die Orientierung an Fakten und fachlichen Konzepten und keine Reflexe, um vermeintliche Stimmungslagen politisch zu bedienen.“

Kurz bestreitet nicht, dass das jetzige Ende des City-Projekts die „negative Folge“ habe, dass erzielte „Lerneffekte“ bei den Innenstadt-Besuchern zur Wegeführung wieder verloren gingen und dass „wir gerade zur Buga eher weniger Grün und Aufenthaltsqualität haben“. Eine Datengrundlage für eine endgültige Entscheidung habe man jedoch erst nach Auswertung des Versuchs. „Eine Festlegung von Maßnahmen ist ein neuer Beschluss, mit zum Teil anderen Rechtsgrundlagen, und die Zeit zwischen Messung und Beschluss kann man nicht überbrücken. So ist die Situation.“ In diesem Zusammenhang kritisiert das Stadtoberhaupt auch die StVO: Die lasse „wünschenswerte Steuerungsmöglichkeiten für Kommunen“ leider vermissen.

Kritik richtet der Oberbürgermeister aber auch an Teile des Innenstadt-Handels. Einzelne Aussagen aus dem Handel, dass man mit dem Ende des Versuchs jetzt mehr Kunden ansprechen könne, seien für ihn „schwer nachvollziehbar“, so Kurz. „Die Innenstadt war durch den Verkehrsversuch in keiner Weise weniger erreichbar.“

Dafür spricht nach Ansicht von Kurz auch, dass während des Verkehrsversuchs insgesamt wieder die Frequenzen der Vorpandemie-Zeit erreicht worden seien. „Wir hatten ein gemeinsames Verständnis mit den Vertretern des Handels, dass die Ausgangslage alles andere als befriedigend war und die Aufenthaltsqualität dringend verbessert werden muss, insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass wir bei steigenden Temperaturen mehr Grün im öffentlichen Raum benötigen. Zudem braucht es eine deutliche Attraktivierung für den Rad- und Fußverkehr.“ Diese Ziele müssten weiter der Maßstab sein. „Wenn man sie verfehlt, wird man die Innenstadt - auch für den Handel - nicht positiv entwickeln können.“

Was in den nächsten Wochen passieren soll

Nach Einschätzung von Kurz hatte der Verkehrsversuch zwar „Schwachpunkte im Detail“ - insgesamt aber habe man „deutlich positive Effekte gesehen“. In den nächsten Wochen müsse nun auf Basis der Auswertung geklärt werden, wie eine dauerhafte Konzeption aussehen soll. „Diese Konzeption wird verschiedene Elemente beinhalten, die sich wohl neben dem Straßenverkehrsrecht auch auf das Straßenrecht stützen müssen, wenn wir beispielsweise die Fußgängerzone in der Breiten Straße erweitern wollen.“

Die Stadtverwaltung plant laut Kurz, im Mai dem Gemeinderat einen Vorschlag zu unterbreiten, „der zumindest einige Elemente schon festlegt und bei anderen die weiteren Schritte beschreibt“.

Redaktion Stellvertr. Leiter der Lokalredaktion Mannheim

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