Mannheim. 50 Pfennig für eine Tasse Kaffee? Also rund 25 Cent? Kaum zu glauben. Dass es in der Fressgasse vor langer Zeit ein Tässchen des Muntermachers für 50 Pfennig gab, daran jedenfalls fühlte sich Thomas Frischmann erinnert, als er das historische Bild in unserer Reihe „Erkennen Sie Mannheim?“ sah. Gesucht war in der Folge 211 die Fressgasse in Höhe von Q 2, „wo sich lange Zeit der Deutsche Supermarkt befand“, so Frischmann, der ergänzt: „Am anderen Ende des Quadrats gab es lange Zeit einen Tchibo-Laden“ – eben jenen, in dem das Tässchen 50 Pfennig kostete. Weitere knapp zwei Dutzend Leserinnen und Leser hatten keinerlei Probleme, den gesuchten Ort mitten in den Quadraten zu identifizieren.
Der Supermarkt diente den meisten in der aktuellen „Erkennen“-Folge als Identifikationspunkt, zum Beispiel Petra Herrle, die mit ihren Eltern in Q 1,11 wohnte. Wobei: „Meine Mutter kaufte selten im „Deutschen Supermarkt“ ein. Die Gründe dafür kenne ich nicht, aber es war ein Geschäft mit Selbstbedienung“, was damals etwas Besonderes gewesen sei. Herrle vermutet: „Vielleicht hat meine Mutter das Gespräch mit den Verkäuferinnen vermisst.“ Die Familie kaufte stattdessen „in Q 1 im Konsum oder bei Kaiser’s Kaffeegeschäft“ ein. Horst Würtenberger dagegen ging gerne in den Supermarkt, „wo wir immer unsere Süßigkeiten gekauft haben“. Auch für Heide Henigin gilt: „In dem Supermarkt kaufte ich oft ein, als ich 1968 in der Innenstadt meine Arbeit antrat.“ Und auf noch etwas weist sie hin: „Im Hintergrund sieht man noch die Baulücke von Q 6.“
Mittagstisch mit leckerer Hausmannskost
An frühere Geschäfte in Q 2 erinnern sich so einige. Christian Werner zum Beispiel denkt gerne an die Metzgerei Ott zurück, die er mit seinen Kindheitstagen verbindet: „Dort gab es Mittagstisch mit leckerer Hausmannskost sowie einem unschlagbarem Salatteller. Beim Salat durfte man alles draufpacken, was draufpasste. Und das konnte sehr viel sein!“
Petra Herrle ist noch im Gedächtnis geblieben, dass man in dem auf der historischen Aufnahme abgebildeten Strumpfgeschäft „unter anderem Laufmaschen reparieren lassen konnte. Es hat mich als Kind immer fasziniert, woher sie die fehlende Bahn genommen haben, so dass der Strumpf wie neu wirkte.“ Barbara Schneider erinnert sich an „die ehemalige Kartentruhe und das Südlandhaus, lang lang ist’s her“.
„Die Geschäfte hatten öfter in der Vergangenheit gewechselt“, fasst Edwin Darmstädter zusammen. Und heute? Befinde sich beispielsweise im früheren Ordiam ein Vodafone-Shop. Mitunter ist die Branche die gleiche geblieben, so Darmstädter: „Hinten in Q 3 sieht man das Haus der Optik, wo heute noch ein Optiker zu finden ist.“
Über die wechselhafte Geschichte des Gebäudes, in dem 1967 der Deutsche Supermarkt residierte, weiß Doris Weinschenk zu berichten: „Im Lauf der Jahre befanden sich hier unter anderem ein HL-Markt, eine Markthalle mit frischem Obst und Gemüse, die Bäckerei Otto Schall und diverse Restaurants verschiedener Nationalitäten.“ Mittlerweile hat an dieser Stelle das Mannheimer Food Center seinen Platz gefunden – was Doris Weinschenk freut, denn: „Heute kann man hier türkische Spezialitäten genießen.“
An eine besondere Episode vor Q 1 erinnert sich Winfried Blank: „Mangels eines Parkplatzes hatte ich in den 1970er Jahren meinen PKW ausnahmsweise auf dem sehr breiten Gehweg vor dem Eingang zum Kaufhof kurz abgestellt, um meinen neuen C-64-Computer samt Drucker etc. abzuholen. Meine Frau blieb währenddessen im Auto.“ Aber als er kurz darauf das Kaufhaus verließ, „erschrak ich zutiefst“: Obwohl für seine Frau „trotz Führerschein Autofahren ein Graus“ gewesen sei, war sie – samt Wagen – verschwunden. Blank ging suchend auf und ab, als seine Frau ihm nach einigen Minuten zu Fuß entgegen kam. Ein Polizist hatte sie zuvor ermahnt, „sofort wegzufahren. Notgedrungen setzte sie sich also erstmals auf den Fahrersitz und suchte total aufgeregt einen neuen Parkplatz in den F-Quadraten.“ Wo der Wagen zur Freude von Winfried Blank ohne Kratzer oder anderen Beschädigugnen stand. Und so wich sein „Entsetzen allmählich dankbarer Begeisterung meiner Frau gegenüber“.
Individuelle Autos
Apropos Autos: „Man kennt noch fast alle Automarken auf dem Bild, weil die Fahrzeuge damals individueller waren“, freut sich Heide Henigin: „Heute, wo alle aus dem Windkanal kommen, unterscheiden sie sich oft nur noch durch Kleinigkeiten.“ Damals nach Ansicht von Werner Hübner auch anders: „Der Verkehr in der Fressgasse war sehr stark, besonders weil die Straße direkt zur Rheinbrücke führte. Deshalb erfolgte ein Umbau mit nur wenigen Parkbuchten und Tempolimit.“ Was Edwin Darmstädter etwas bedauert: „Der Parkraum für die Autos wurde mittlerweile total eingegrenzt.“ Aber: „Trotzdem gehe ich dort noch gerne einkaufen oder etwas essen. Da ist das Angebot ja reichlich und vielfältig. Die Fressgasse halt.“
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