Mannheim. In einem Wahlkampf gibt es mannigfach unwägbare Herausforderungen - etwa dass bei einer Freiluft-Kundgebung reichlich Nass von oben, aber kaum „Saft“ aus den Lautsprechern kommt. OB-Kandidat Raymond Fojkar und sein angereister Unterstützer Omid Nouripour von der Grünen-Bundesspitze nehmen die ungemütliche Situation bei ihrem Marktplatz-Auftritt mit Humor und bieten so etwas wie eine Mikrofon-Performance, als sie die unterschiedlich streikenden Stimmverstärker schwungvoll zwischen sich hin und her reichen.
Dass am Samstagabend rund um den Marktplatz Blühendes verkauft wird, hat nicht etwa die Partei mit der Sonnenblume initiiert - vielmehr lässt der bevorstehende Muttertag durch die Blume grüßen. Auch wenn in der City viele Menschen mit und ohne Sträuße unterwegs sind, so ist das Publikum vor dem Zelt der Grünen übersichtlich, aber ausdauernd, selbst während des Regens.
Fußballfan Nouripour hat Grund zur Freude
Bis Omid Nouripour vor dem historischen G1- Brunnen eintrifft, legen sich zwei Jungbusch-Trommler derart ins Zeug, dass bei einem Instrument die Bespannung reißt. Der aus der Hessen-Metropole angereiste Spitzenmann der Grünen bringt beste Laune mit und verkündet als „Eintracht Frankfurt“-Fan, dass sein Fußball-Lieblingsverein mit drei Toren gegen Mainz gewonnen hat.
Der OB-Kandidat und sein Unterstützer geben sich gegenseitig nicht nur das gerade funktionierende Mikrofon in die Hand, sondern liefern sich Themenvorlagen und setzen somit das Programm von Raymond Fojkar um. „Für ein neues Miteinander“ wirbt der Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie Psychotherapie.
Wie dies in der Kommunalpolitik konkret aussehen könnte , erläutert der 59-Jährige an Beispielen. Als Oberbürgermeister wolle er Bezirksbeiräten mehr Gehör schenken - weil Stadtteilpolitiker sozusagen Messstation dafür seien, was die Bevölkerung in ihren Wohnquartieren bewegt.
Themen im Wahlkampf: Klima, Digitalisierung und Energie
Der seit 2009 im Gemeinderat aktive Grüne geht offensiv auf die Kritik ein, keine Erfahrung in der kommunalen Verwaltung zu besitzen. Fojkar argumentiert: Im Rathaus sei keineswegs ein Verwaltungsjurist wie der amtierende Oberbürgermeister erforderlich, „der schon immer weiß, was alles los ist und dies anderen erklären muss“.
Wer als Vorsitzender eines Berufsverbandes mit einer Krankenkasse wie die AOK gute Verträge ausgehandelt habe, der sei bestens auf das Amt vorbereitet. Zu einem neuen Miteinander gehört für den Facharzt, der sich im Gesundheitstreffpunkt, Caritasrat, bei „Arbeit für alle“ und beim Förderband engagiert, auch eine gezieltere Unterstützung von Ehrenamtlichen - „auf Augenhöhe“. Dies könne auch bedeuten, dass kleine Vereine pragmatisch Hilfe erhalten, wenn hochkomplizierte Steuererklärungen einfach nicht mehr machbar seien.

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Auch wenn die OB-Wahl am 18. Juni und lokale Themen im Mittelpunkt stehen, so blitzt immer wieder Bundespolitik auf. Beide Redner beklagen, dass bei den Herausforderungen rund um das Unterbringen von Flüchtlingen fast nur noch über Geld, statt über die Willkommenskultur bei der Aufnahme gesprochen werde. Die Grünen-Politiker warnen davor, dass permanente Hetze die Gesellschaft auseinander driften lassen könnte. In einem flammenden Appell plädiert Fojkar dafür, das Feld nicht Hassern und Faktenverdrehern zu überlassen. Politisches Engagement könne auch in Fördervereinen von Kita, Schule oder Kulturprojekten erfolgen.
Gleich einem roten Faden zieht sich durch die eineinhalbstündige Veranstaltung das Thema Klima und Energie. „Klar, haben wir Grünen auch Fehler gemacht“, räumt Omid Nouripour freimütig ein. „Besonders geschmerzt“ hätten ihn die Pannen rund um Gasumlagen und Heizung. Entwürfe für Gesetze enthielten nun mal Fehler, die in der Diskussion analysiert und repariert werden, „das ist doch das Normalste der Welt“, so Nouripour.
Dass die Wirtschaft bereits innovativ in die Zukunft blicke, wird mit dem Maimarkt belegt: Während Heizungshersteller hier noch vor der Pandemie Systeme mit fossilen Energieträgern präsentierten, „gab es diesmal keine einzige Öl-Heizung“. Beide sind sich einig, dass der Oberrheingraben, oder besser gesagt sein Reservoir an heißem Tiefenwasser, ein riesiges Potenzial für Geothermie und damit Wärmenutzung birgt. Außerdem gebe es noch einen zusätzlichen Schatz - Lithium, das bei der Herstellung von Batterien eine zentrale Rolle spielt.
Fojkar mit Seitenhieb auf die Bundes-SPD
Digitalisierung ist ebenfalls großes Thema, bei dem sich die Beiden Bälle zuwerfen. Wie sehr die Stadt Mannheim der Entwicklung hinterherhinke, schildert Fojkar: „Man mag es kaum glauben, die Schaltungen der Verkehrsampeln laufen noch mittels Lochkarten.“ Er stelle sich einen modernen Bürgerdienst vor, der per Mail darauf aufmerksam macht, dass der Personalausweis abläuft und was es zu tun gilt - „so wie meine Krankenkasse auf Vorsorgeuntersuchungen hinweist“.
Mit einem symbolträchtig grünen Wasserturm und einer roten Schnecke als Mahnung, dass die SPD in der Koalition anstehende Reformen nicht im Schneckentempo umsetzen sollte, verabschiedet der OB-Bewerber seinen prominenten Wahlwerber. Fojkar wendet sich auch an die Mannheimer Bundestagsabgeordnete Melis Sekmen, die sich unters Publikum gemischt hat, und dankt für „viel Unterstützung“ bei seiner Kandidatur.
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