Frau Pretzell, wie finden Sie die OB-Kandidatenwahl Ihrer Partei?
Diana Pretzell: Raymond Fojkar ist ein idealer Kandidat: Er ist tief verwurzelt in der Stadtgesellschaft, vertritt uns sehr gut und ist menschlich eine hervorragende Wahl. Er wäre ein souveräner Oberbürgermeister. Ich bin total zufrieden.
Warum haben Sie Ihren Hut nicht in den Ring geworfen?
Pretzell: Ich bin da, wo ich gerade bin, sehr gut aufgehoben! Ich will und kann hier inhaltlich und fachlich viel bewegen. Auch aufgrund meiner familiären Situation kam eine Kandidatur als Oberbürgermeisterin für mich nicht in Frage.
Sind Sie gefragt worden?
Pretzell: Ich habe das sehr selbstbestimmt für mich entschieden und sehr früh geklärt.
Diana Pretzell
- Diana Pretzell ist seit Januar 2021 Umweltdezernentin.
- Zuvor war sie Direktorin für Biodiversitätspolitik sowie Leiterin Naturschutz Deutschland beim WWF.
- Sie ist Mitglied der Grünen und gehört dem baden-württembergischen Landesvorstand der Partei an.
Was denken Sie als Umweltbürgermeisterin: Welchen Einfluss wird die Oberbürgermeisterwahl auf den Klimaschutz hier haben?
Pretzell: Das hängt stark von den Programmen der Kandidaten und der Kandidatin ab, auf die ich sehr gespannt bin. Natürlich wird ein Oberbürgermeister der Grünen einen Fokus darauf legen. Insgesamt bin ich aber entspannt, weil der Gemeinderat ja bereits den Klimaschutzaktionsplan beschlossen und damit den Weg vorgezeichnet hat.
Befürchten Sie, dass das Ziel der Klimaneutralität bis 2030 wieder gekippt werden könnte?
Pretzell: Es gibt einen Beschluss des Gemeinderats, den drei der vier Kandidaten mitgetragen haben. Ein Rückschritt wäre deshalb sehr unglaubwürdig.
Dann lassen Sie uns auf den Klimaschutzaktionsplan schauen: Die Anschubfinanzierung von drei Millionen Euro ist gebilligt. Damit sollen unter anderem die städtischen Förderprogramme ausgebaut und mehr Solar- anlagen auf Schuldächern installiert werden. Was ist 2023 noch geplant?
Pretzell: Der nächste Schritt wird ebenfalls in Richtung Photovoltaik gehen. Wir haben im Klimafonds noch 2,6 Millionen Euro, die wir hauptsächlich in Solarmodule investieren wollen. Damit können wir weitere Projekte auf städtischen Gebäuden realisieren: Zehn haben wir bereits fest geplant und in den kommenden Monaten werden sicher noch einige dazukommen. Jedes Paneel hilft uns, klimaneutraler zu werden. Da haben wir noch Potenzial.
Wann wird das CO2-Monitoring-System ins Netz gestellt, auf dem die Fortschritte sichtbar sind?
Pretzell: Wir hoffen es im Sommer einführen zu können. Bislang sind zwei von acht Sektoren berechnet. Zurzeit überlegen wir, wie wir mit den Bereichen umgehen, die nicht unmittelbar Emissionen einsparen, aber trotzdem wichtig sind - etwa Klimaanpassungsmaßnahmen.
Und wann wird die Klima-Modellstadt Mannheim ihren Stadt-Klimavertrag der EU überreichen?
Pretzell: Wir wollen im Frühjahr bei der ersten Runde dabei sein. Aber noch hat uns die EU keinen Zeitraum genannt, wann wir ihn einreichen können.
Wir als Modellstadt erwarten und brauchen baldige Klarheit darüber, wie das finanzielle Engagement der EU aussehen wird.
Was wird in dem Werk stehen?
Pretzell: Darin wird - ähnlich wie im Klimaschutzaktionsplan, nur noch konkreter - unser Weg aufgezeigt, wie wir bis 2030 klimaneutral werden wollen. Zudem wird es darin einen Investitionsplan geben, in dem beschrieben wird, was die Kommune finanziert, welche privaten Gelder eingeplant sind, welchen Beitrag wir uns von der Wirtschaft versprechen - und wo es noch Lücken gibt, also wo wir Unterstützung von Bund, Land und EU benötigen.
Was bringt der Stadt- Klimavertrag? Er ist doch unverbindlich …
Pretzell: Für uns ist er sehr wichtig. Denn wenn die EU ihn angenommen hat, verpflichtet sie sich damit auch, uns auf unserem Weg zu unterstützen. Der Vertrag soll uns die Tore zu den Fördergeldern öffnen.
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Noch ist aber unklar, was sich hinter diesen Toren verbirgt.
Pretzell: Das stimmt, da muss die EU noch konkreter werden. Ich rechne aber damit, dass das auch bald geschehen wird, womöglich mit dem Aufruf zur Einreichung der Stadt-Klimaverträge. Wir als Modellstadt erwarten und brauchen baldige Klarheit darüber, wie das finanzielle Engagement der EU aussehen wird.
An die EU angelehnt ist auch der Local Green Deal: Wie kommt die Stadt dabei voran?
Pretzell: Sehr gut, wir sind gerade dabei, acht Manager und Managerinnen einzustellen - für jeden Bereich wie etwa Mobilität, umweltfreundliche Lebensmittel, Biodiversität oder Kreislaufwirtschaft einen. Diese sind dezentral über die Stadtverwaltung hinweg angesiedelt, um mit den Beschäftigten vor Ort, die in den Themen schon drin stecken, Deals auszuarbeiten - also Vereinbarungen.
Was meinen Sie damit?
Pretzell: Die Aufgabe der Manager wird es sein, Vereinbarungen zwischen den Bürgern dieser Stadt zu organisieren: Sie sollen Ideen entwickeln, bei den Konzepten beraten, Fördergelder finden, die Projekte vermarkten - umsetzen müssen sie dann andere. So wollen wir den Local Green Deal mit Leben füllen.
Können Sie das mal an einem Beispiel erklären?
Pretzell: Ja, nehmen wir den SV Waldhof: Der hat auf seinem Sportgelände ein Insektenschutzprojekt gestartet, bei dem unter anderem Insektenhotels gebaut worden sind. Ein anderes Beispiel ist ein großer Mannheimer Industriebetrieb, mit dem wir zusammen ein Mobilitätskonzept erarbeitet haben, das stark auf elektrische Antriebe setzt. Ein weiterer - jetzt frei erfundener - Deal könnte sein, dass einige Kantinen in der Stadt auf Bio-Lebensmittel umstellen. Um solche Dinge geht es.
Überschneidet sich das nicht mit dem Klimaschutzaktionsplan?
Pretzell: Ein Stück weit schon: Wir werden mit dem Local Green Deal auch Teile des Klimaschutzaktionsplans umsetzen. Aber der Ansatz ist breiter, weil es dabei nicht nur um Klimaschutz geht, sondern um das gesamte Themenspektrum der Nachhaltigkeit, also etwa auch Bauen, umweltfreundliche Lebensmittel oder Landnutzung.
Apropos Nachhaltigkeit: Wie nachhaltig ist denn Ihrer Meinung nach die Bundesgartenschau?
Pretzell: Für mich ist sie die Nachhaltigste bisher! Das zeigt nicht nur die EMAS-Zertifizierung, sondern das gesamte Konzept: Das fängt bei der Photovoltaik-Anlage auf der U-Halle an, zieht sich durch das Programm durch, das wir mit den Ausstellern abgesteckt haben, geht weiter über die Gastronomie, die auf regionale und gesunde Produkte setzt, und hört nicht damit auf, dass wir beim Abfall auf eine Kreislaufwirtschaft achten. Und natürlich ist der Grünzug Nordost nachhaltig, von dem die Stadt lange profitieren wird.
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