Mannheim. Aus dem Kirchturm mit den acht Meter hohen Robinienstämmen wird ein Kletter- und Rutschenturm, und auch die Findlinge und Steine vom Bachlauf, die Holzelemente der Pergolen und Dächer, die vier Bäume, die 100 Sträucher und 1400 Stauden werden sich auf der Rheinau wiederfinden. Auf der Grünanlage zwischen der Plankstadter Straße und der Karlsruher Straße entsteht ein Mehrgenerationenspielplatz - mit Material der Kirche auf der Bundesgartenschau.
In deren Team gibt es derzeit „ganz viel Wehmut und Traurigkeit“, dass sich die 178 Tage der Bundesgartenschau zu Ende neigen, gesteht Valentina Ingmanns, die Projektkoordinatorin. Aber was alle von Herzen freue, das sei die Aussicht, dass der Ökumenische Möglichkeitsgarten auf dem Spinelli-Areal ab Sommer 2024 als Spielplatz weiterlebe.
„Und auch das Material, für das wir zunächst keine Verwendung haben, lagern wir ein und nehmen es die nächsten Jahre für Spielplätze“, verspricht Ina Große-Wilde vom Stadtraumservice. Der bekommt das Material von der Kirche kostenlos und übernimmt dafür den Abbau und die Wiederherstellung der Fläche. Möglich wurde das, weil das Planungsbüro der Kirche auch den Spielplatz entworfen hat. „Die Idee, das Baumaterial wiederzuverwenden, stieß gleich auf Begeisterung, auch wenn es mit einigem Aufwand verbunden ist“, sagte Große-Wilde. Doch das sei „ein gelebtes Beispiel, die Nachhaltigkeitsziele umzusetzen“, freute sich nicht nur die Vertreterin vom Stadtraumservice, sondern auch dieMichael Schnellbach, den Geschäftsführer der Bundesgartenschau-Gesellschaft.
Er kündigte an, dass ein Großteil von Stühlen, Schirmen und Pflanzen entweder bei anderen Gartenschauen weiterverwendet oder an einem Tag im Oktober, der noch nicht genau feststeht, verkauft werden. „So kann sich jeder Mannheimer ein Stück Buga mit nach Hause nehmen“, sagte Schnellbach. Den Kirchen dankte er für „viele tolle Momente“ und einen „hervorragenden Beitrag, der total viel Spaß gemacht hat“: „Sie haben auf wunderbare Weise gezeigt, dass Kirche lebendig ist“, so Schnellbach: „Wenn Kirche immer so wäre, hätten beide Konfessionen keine Probleme“, meinte er.
Glocke soll weiter klingen
Bei diesem Auftritt auf der Bundesgartenschau soll es nicht bleiben. „Wir suchen Orte, wo wir auch künftig Kirche auf diese Weise leben können - so offen, so ökumenisch“, kündigte der katholische Dekan Karl Jung an. Neben der Wiederverwertung der Materialien gehöre das für ihn zur „ideellen Nachhaltigkeit“ des ökumenischen Projekts. Und auch die von 1755 und damit aus der Kurfürstenzeit stammende Glocke, Herzstück des Möglichkeitsgartens auf der Buga und zuvor nur in der Sakristei der Jesuitenkirche gelagert, soll nach der Buga wieder in den Turm der prächtigen Barockkirche kommen und künftig dort erklingen.
Noch bis 8. Oktober ruft sie auf dem Spinelli-Areal täglich um 12 Uhr zur Mittagsandacht und um 17 Uhr zu „Singen & Segen“. Jeweils sonntags um 12 Uhr ist Gottesdienst - alles immer ökumenisch. Bis zum Ende der Buga werden im Möglichkeitsgarten 33 Gottesdienste sowie über 50 Aktionen und Veranstaltungen stattgefunden haben, getragen von 107 ehrenamtlichen Mitarbeitern sowie 50 beteiligten Gemeinden und Partnerinstitutionen von Sternsingern über Chöre bis zur Katholische Frauengemeinschaft.
Für Karl Jung ist das alles „eine einzigartige Erfolgsgeschichte“. Der Möglichkeitsgarten habe gezeigt, dass die Kirche die Möglichkeit habe, viele Menschen zu erreichen und das Motto „Hier wachsen Perspektiven“ umzusetzen, freute sich der katholische Dekan. „Wir haben einen Kraftort geschaffen - ja ein bisschen paradiesisch war es hier schon“, schloss sich Jungs evangelischer Amtskollege Ralph Hartmann an. Der kirchliche Auftritt in der Fischluftschneise habe auch für „guten frischen Wind“ in der Kirche gesorgt und sich bewährt. „Das wollen wir weitertragen“, bekräftigte Hartmann die Aussage von Jung und dankte mit ihm dem ökumenischen Buga-Team für die „fantastische Arbeit“ vor Ort.
Ein Stück Heimat
Das bestand neben Ingmanns aus der katholischen Gemeindereferentin Barbara Kraus und der evangelischen Pfarrerin Nina Roller, beide seit Anfang 2022 für die Aufgabe freigestellt. „Wir haben hier viele Menschen erreicht, die sonst nicht die Kirche suchen“, stellte sie fest. Beide berichten von sehr vielen persönlichen Gesprächen, von Taufen wie auch von Trauerbegleitung. Man habe, so Roller, „ein Stück Heimat geschaffen“. Alles sei aber nicht möglich gewesen ohne die Hilfe der Ehrenamtlichen, dankte Kraus. Sie wird künftig in der Krankenhausseelsorge arbeiten, während Roller eine neu geschaffene Stelle beim evangelischen Dekanat übernimmt, um innovative Formen kirchlicher Arbeit zu erproben - wie sie es auf der Buga schon gemacht hat.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Die Kirchen auf der Mannheimer Buga: Wohltuend anders