Mannheim. Oft sind Kreisparteitage Routineveranstaltungen, bei der CDU am Freitag wird es wohl turbulent werden.
Was genau findet in Feudenheim eigentlich statt?
Die CDU Mannheim lädt am Freitag, 18 Uhr, zu ihrem Kreisparteitag ein. Eingeladen in die Kulturhalle Feudenheim sind die nach Angaben der CDU Mannheim rund 900 Mitglieder.
Welche Aufgaben hat ein Kreisparteitag?
Laut Satzung der CDU Baden-Württemberg fasst er Beschlüsse über alle den Kreisverband berührenden Angelegenheiten, die von grundsätzlicher Bedeutung sind. Er nimmt darüber hinaus unter anderem die Rechenschaftsberichte entgegen und entlastet den Kreisvorstand. Der Kreisparteitag wählt zudem die Mitglieder des Kreisvorstandes sowie zwei Rechnungsprüfer.
Um was geht es beim Kreisparteitag am Freitagabend?
Vor allem um die Entlastung und Neuwahl des Kreisvorstands. „Entlastung“ des Vorstands heißt, dass die Parteimitglieder als Kontrollorgan auf rückwirkende Schadensersatzansprüche verzichten und den Vorstand von persönlicher Haftung freisprechen. Erst dann kann neu gewählt werden. Die spannende Frage wird sein, ob die Parteimitglieder diese Entlastung vornehmen.
Warum ist keine diskussionslose Entlastung des derzeitigen Kreisvorstands zu erwarten?
Parteiinterne Kritiker - darunter die langjährigen Mitglieder Heinrich Braun, Ingeborg Dörr, Roland Hartung, Egon Jüttner, Ulrich Seel, Konrad Schlichter und Rolf Schmidt - bemängeln seit langem, dass der Kreisvorstand die Aufarbeitung der Finanzen und der Amtszeit des Kreisvorsitzenden Nikolas Löbel (2014 bis 2021) nicht konsequent genug betreibt. Die Kritiker sehen viele Mitglieder des Kreisvorstands als Teil der Löbel-CDU und somit als wesentlichen Teil der Probleme der CDU Mannheim. In einem Offenen Brief kündigten die Kritiker an, dass sie unter den aktuellen Bedingungen eine Entlastung des Gremiums nicht für möglich halten - und damit auch nicht die Wahl einer neuen Führung.
Wie kam es zu dem externen Gutachten?
Der CDU-Kreisvorstand hatte den Landesverband gebeten, ein Gutachten in Auftrag zu geben, das die Miet-, Darlehens- und Arbeitsverträge sowie die Finanzbuchhaltung der Kreisgeschäftsstelle ab Januar 2017 prüft. Zuvor hatte es lange schon Diskussionen gegeben, ob bei Verträgen, Abrechnungen und Abläufen in der Kreisgeschäftsstelle unter dem Kreisvorsitzenden Löbel alles rechtmäßig abgelaufen ist.
Gibt es dazu auch eine juristische Aufarbeitung?
Ja. Die Staatsanwaltschaft Mannheim ermittelt seit 1. April gegen den früheren Bundestagsabgeordneten wegen eines Anfangsverdachts für die Begehung mehrerer Straftaten, unter anderem Untreue. Es geht dabei um die Anmietung von Räumlichkeiten in der Geschäftsstelle des CDU-Kreisverbandes, um die Vergütung von Personal und eine Löbel-GmbH. Bei der Staatsanwaltschaft laufen im Zusammenhang mit den wirtschaftlichen Verhältnissen des CDU-Kreisverbands Verfahren gegen zwei weitere Personen.
Zu welchem Schluss kommt das externe Gutachten?
Der Kreisvorstand hat am 6. Oktober vor Parteimitgliedern und Pressevertretern mitgeteilt, dass sich aus dem Gutachten keine strafbaren Handlungen oder Verstöße gegen das Parteienrecht ergeben.
Warum sorgt das Ergebnis nicht für Ruhe?
Der Kreisvorstand hatte im Vorfeld Transparenz angekündigt: Das Gutachten sollte der Öffentlichkeit vorgelegt werden. Tatsächlich aber blieb es weitgehend unter Verschluss. Lediglich bei zwei Terminen in Stuttgart und bei einem Termin in Mannheim hatten Parteimitglieder die Möglichkeit, sich den Bericht anzusehen - allerdings mit Einschränkungen. Weder durften sie dabei Fotos oder Notizen machen, noch durften sie danach darüber reden. Eine zuvor zu unterzeichnende Verschwiegenheitserklärung drohte bei Zuwiderhandlung Sanktionen bis zu einer möglichen Freiheitsstrafe an.
Welche Details aus dem Gut- achten sind dennoch bekannt?
Der „MM“ berichtete am Wochenende, dass das Gutachten 28 Mängelrügen enthält. 15 von ihnen sollen besonders schwerwiegend sein. Dies hatte der ehemalige Erste Bürgermeister Rolf Schmidt dieser Redaktion unter Berufung auf Mitglieder des CDU-Kreisvorstands gesagt. „Alle Rügen weisen auf Rechtsverstöße und mögliche Straftaten hin“, so Schmidt. Konrad Schlichter, der einen der Termine wahrnahm, sagte dem „MM“, die von der Kreisvorsitzenden am 6. Oktober verlesene Beurteilung habe nichts mit der Wirklichkeit zu tun. Er unterstellte dem Kreisvorstand zu lügen. Funck wies den Vorwurf zurück. Am Donnerstag legte Schlichter dem „MM“ sein Gedächtnisprotokoll der Einsichtnahme vor (weiterer Artikel).
Wer bewirbt sich um das Amt des Kreisvorsitzenden?
Es gibt zwei Bewerber: Christian Hötting, 45, Justizfachwirt und Vorsitzender des CDU-Ortsverbands Nordost, sowie Ilya Zarrouk, 40, Politik- und Verwaltungswissenschaftler und Historiker. Bewerber können sich aber auch noch während des Parteitags für das Amt bewerben.
Warum tritt die kommissarische Kreisvorsitzende Katharina Funck nicht an?
Funck rückte nach Löbels Parteiaustritt infolge der Maskenaffäre zur kommissarischen Vorsitzenden auf. Die Stadträtin kündigte früh an, wegen der zeitlichen Belastung nicht antreten zu wollen. Sie will sich aber weiter im Kreisvorstand einbringen.
Beim Kreisparteitag 2018 wurde letztmals gewählt. Wie ging die Wahl damals aus?
Der damalige Bundestagsabgeordnete Nikolas Löbel wurde 2018 in seinem Amt als Kreisvorsitzender bestätigt. Einen Gegenkandidaten hatte es nicht gegeben. Löbel war 2014 Kreisvorsitzender geworden. Zu seinen Stellvertretern wählten die Mitglieder 2018 Katharina Funck, Egon Manz und Chris Rihm.
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