CDU-Kreisverband

Neuer Zoff in Mannheimer CDU: Platzt die Vorstandswahl?

Von 
Timo Schmidhuber
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Vor dem Blick in das Gutachten: Ingeborg Dörr wird in Stuttgart von einem SWR-Team interviewt. © Heinrich Braun

Der anhaltende Ärger im Mannheimer CDU-Kreisverband wirft seine Schatten auf den Parteitag am kommenden Freitag. In einem Offenen Brief betonen jetzt Kritiker des amtierenden Vorstands, dass sie unter den aktuellen Bedingungen eine Entlastung des Gremiums nicht für möglich halten – und damit auch nicht die vorgesehene Wahl einer neuen Führung. „Entlastung“ des Vorstands bedeutet, dass die Parteimitglieder auf rückwirkende Schadensersatzansprüche verzichten und den Vorstand freisprechen von persönlicher Haftung.

Der Brief ist von zwölf Christdemokraten unterzeichnet. Darunter sind die ehemaligen Kreischefs Egon Jüttner und Rolf Schmidt sowie der frühere Fraktionschef im Gemeinderat, Roland Hartung. Aber auch der langjährige Stadtrat Konrad Schlichter und der frühere Ortsverbands-Schatzmeister Heinrich Braun sowie die Ortsverbands-Vorsitzenden Ingeborg Dörr (Lindenhof), Sebastian Mayer (Nordost) und Johann Danisch (Schönau). Ihre Argumentation: Der Vorstand lege das von einer Prüfgesellschaft erstellte Gutachten, das die Parteifinanzen während der Amtszeit von Nikolas Löbel untersucht hat, nicht offen und verbiete den Mitgliedern bei Strafandrohung, darüber zu sprechen. So könne die Arbeit der amtierenden Führung nicht angemessen bewertet werden.

„Auseinandersetzung unmöglich“

Der Vorstand hatte zu dem Gutachten lediglich erklärt, dass es keine strafbaren Handlungen oder Verstöße gegen das Parteiengesetz ergeben habe. Die Mitglieder konnten es am Mittwoch sowie an diesem Freitag in der Geschäftsstelle des Landesverbands in Stuttgart einsehen. An diesem Montag gibt es noch einen Termin in Mannheim. Die Parteimitglieder müssen dafür allerdings eine Verschwiegenheitserklärung unterzeichnen, die es ihnen verbietet, Informationen daraus weiterzugeben – auch nicht an andere Parteimitglieder. Sogar Notizen sind nicht erlaubt. Bei einem Verstoß werden eine Geld- oder eine Freiheitsstrafe angedroht.

Der Kreisparteitag finde „nach den Verwüstungen in unserer Partei statt, die der ehemalige Kreisvorsitzende und Bundestagsabgeordnete Nikolas Löbel angerichtet hat“, heißt es in dem Offenen Brief. „Die dem Vorstand nicht angehörenden Parteimitglieder wissen nicht, ob und gegebenenfalls in welcher Weise der Gesamtvorstand durch Tun oder Unterlassen zu diesem Zustand beigetragen hat.“

Die Mehrheit der Parteimitglieder in Mannheim habe keine Chance, das Gutachten zu lesen, heißt es in dem Schreiben. „Die Verschwiegenheitsverpflichtung ist eine Zumutung. Schlimmer noch, sie widerspricht grob geltendem Recht, weil die Grundrechte der Parteimitglieder in unzulässiger Weise eingeschränkt werden und eine Diskussion über den Punkt Entlastung unmöglich gemacht wird.“

„Rechtliche Schritte“

Darüber hinaus sehen die Unterzeichner des Briefes die Rechte von Parteimitgliedern unterbunden, an der politischen Willensbildung mitzuwirken. „Ohne uneingeschränkte Informationsmöglichkeit in Verbindung mit dem ,Schweigegebot’ ist eine Auseinandersetzung mit dem Verhalten des gegenwärtigen Vorstandes absolut unmöglich. Das heißt, eine Entlastung kann gar nicht erfolgen.“ Sollte sie unter diesen Umständen dennoch erfolgen und ein neuer Vorstand gewählt werden, behalten sich die Unterzeichner nach eigenen Angaben „alle weiteren rechtlichen Schritte vor“.

Ausflug nach Stuttgart

Die kommissarische Kreisvorsitzende Katharina Funck will den Offenen Brief nicht weiter kommentieren. Nur so viel sagt sie: „Der Inhalt fasst die bereits veröffentlichten und auch uns bekannten Meinungen der betroffenen Personen noch einmal zusammen. Es steht in einem Rechtsstaat jeder Person frei, rechtliche Schritte zu ergreifen.“ Am geplanten Parteitag will der Kreisverband festhalten.

CDU-Parteimitglied Michael Grötsch, Mannheims Bürgermeister für Wirtschaft, Soziales und Kultur, hält den Offenen Brief für wenig hilfreich. „Offene Briefe sind kein geeignetes Mittel, um der Sache zu dienen oder zu einer Lösung beizutragen“, erklärt er auf Anfrage. „Ich bedaure dieses Verhalten, da es nur zur Verstärkung von Politikverdrossenheit führt.“

Auch Claudius Kranz, Vorsitzender der CDU-Fraktion im Mannheimer Gemeinderat, hält „grundsätzlich nichts von offenen Briefen“, wenn man auch miteinander reden könne. „Die Mitglieder des Vorstandes sind, so bin ich mir sicher, grundsätzlich gesprächsbereit“, so Kranz.

Unterdessen haben sich Heinrich Braun, Ingeborg Dörr und Konrad Schlichter am Freitagabend das Gutachten in der CDU-Landesgeschäftsstelle in Stuttgart angeschaut. Sie waren nach dem einstündigen Termin für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Redaktion Stellvertr. Leiter der Lokalredaktion Mannheim

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