Krieg

Stadt Mannheim: „Aufnahmekapazitäten für Geflüchtete haben ihre Grenzen erreicht“

Mehr als 4300 Ukrainer sind seit dem 24. Februar in Mannheim registriert worden. Die Stadt hat nun die Räumungsfrist im Thomashaus verlängert. Sieben Gebäude werden auf Columbus zur Unterbringung Geflüchteter vorbereitet

Von 
Sebastian Koch
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© Pressefotoagentur Thomas Tröster

Mannheim. Der Krieg in der Ukraine dauert an – und so haben auch im August wieder zahlreiche Geflüchtete Mannheim erreicht. Etwas mehr als 4300 Ukrainerinnen und Ukrainer sind seit dem 24. Februar offiziell in Mannheim registriert worden – 3574 von ihnen sind noch in der Stadt gemeldet, teilte die Verwaltung am Montag auf Anfrage dieser Redaktion mit.

Seit Kriegsbeginn sind in Mannheim auch die Erstanlaufstellen für Geflüchtete im Fokus. Zunächst noch in der Jugendherberge, befindet sich seit April im Thomashaus der evangelischen Heimstiftung in Neuhermsheim eine Verwaltungsstraße für Geflüchtete. Wie berichtet muss die Stadt aber nicht nur das Thomashaus Ende September verlassen, sondern will dann auch das Konzept aufgeben, Geflüchteten Angebote von Bürgerdiensten und Arbeitsagentur zentral an einem Ort zu bieten. Nach dem Auszug aus dem ehemaligen Seniorenheim, das abgerissen werden soll, sollen Ankommende im Stadthaus Informationen über Bürgerdienstangebote und Arbeitsmarkt gebündelt vorfinden – um aber Leistungen zu beantragen, müssen sie, anders als im Thomashaus, umliegende Einrichtungen in der Innenstadt direkt aufsuchen.

Etwa 180 Geflüchtete wohnen laut Verwaltung noch im Thomashaus, für das die Stadt einen Mietvertrag bis 30. September besitzt. Nachdem es im Hauptausschuss im Juli geheißen hatte, die Verwaltung wolle diejenigen, die noch im Haus sind, im Laufe des Augusts in den „regulären Wohnungsmarkt“ integrieren, damit ab September die Räumung des Thomashauses beginnen könne, teilt die Stadt am Montag nun mit: „Mit der Heimstiftung wurde eine Räumungsfrist bis 20. Oktober vereinbart.“

Wenige Hotelzimmer barrierefrei

Die Verwaltung hat seit Beginn das Ziel, dass Geflüchtete nur wenige Tage in den Erstanlaufstellen unterkommen, ehe sie an Hotels oder – im Idealfall – auf dem privaten Wohnungsmarkt vermittelt werden. Letzteres soll etwa über Gastfamilien oder rund 300 aus einem „Sonderkontingent“ der von der GBG bereitgestellten Wohnungen geschehen. „Registrierte Mietinteressierte werden durch den zeitlich befristeten Prozess nicht benachteiligt“, heißt es. „Die GBG vergibt Wohnungen weiter nach regulären Prozess ohne Einschränkungen an die Mannheimerinnen und Mannheimer.“

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Neben Hotels, Gastfamilien, privaten Vermietungen und Wohnungen der GBG hofft die Verwaltung außerdem auf neue Märkte. „Um Menschen, die bislang im Thomashaus und in Hotels untergebracht sind, mit regulärem Wohnraum zu versorgen, werden bis Dezember sieben Gebäude auf Columbus Zug um Zug vorbereitet und ab September schrittweise bezogen.“

Zimmer in 20 Hotels habe die Stadt nach eigenen Angaben bislang für Geflüchtete angemietet. „Nur wenige davon sind barrierefrei.“ Keine Option mehr ist dagegen eine kurzfristige Unterbringung im Bumiller-Raab-Haus. Studentinnen und Studenten müssen das sanierungsbedürftige Wohnheim bis 31. August verlassen haben. Im März hatte der Rektor der Universität, Thomas Puhl, deshalb angekündigt, das Haus würde von September an bis Jahresende für die Aufnahme von Geflüchteten zur Verfügung stehen.

Von derartigen Plänen hat die Stadt inzwischen aber Abstand genommen. „Das Gebäude ist für die Unterbringung von Familien mit Kindern – das heißt für die Mehrheit der aus der Ukraine geflüchteten Personen – nicht geeignet“, heißt es dazu. „Darüber hinaus wird das Studierendenwerk in Kürze mit den Umbauarbeiten des Hauses beginnen.“ Das traditionsreiche Haus mit relativ kleinen Zimmern auf den Stockwerken wird Ende des Jahres wie berichtet abgerissen.

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Unterdessen hat das Land mitgeteilt, dass Kapazitäten in seinen Erstaufnahmeeinrichtungen „voll belegt“ seien. Geflüchtete müssten deshalb „schneller und nur mit Aufenthalten von wenigen Stunden“ in der Erstaufnahme direkt auf Stadt- und Landkreise verteilt werden – sollten die noch unter der für sie geltenden Quote an registrierten Geflüchteten liegen.

Quote übererfüllt

Für Mannheim habe das aktuell, zumindest was die Infrastruktur und die etwaige Aktivierung von Notunterkünften betrifft, keine Konsequenzen. „Die Stadt hat im Bereich der Ukraine-Geflüchteten die nach dem Verteilungsschlüssel geltende Quote deutlich übererfüllt“, heißt es aus dem Rathaus. Eine ähnliche Quote weise lediglich Baden-Baden auf. Das Land selbst veröffentlicht auf Nachfrage keine Zahlen zu Kreisen und Städten und verweist auf die jeweiligen Verwaltungen.

Die Übererfüllung führe aber auch in Mannheim dazu, dass „die Aufnahmekapazitäten der Stadt ihre Grenzen erreicht haben“, erklärt die Verwaltung. „Derzeit können weitere Geflüchtete nicht im vollen Umfang aufgenommen werden.“

Redaktion Reporter in der Lokalredaktion Mannheim & Moderator des Stotterer-Ppppodcasts

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