Krieg

Stadt Mannheim baut Feldbetten in Hallen ab und verlässt das Thomashaus

Die Stadt Mannheim reagiert darauf, dass immer weniger Menschen aus der Ukraine ankommen. Auch das Thomashaus wird aufgegeben - dafür rückt nun das Stadthaus in den Fokus.

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Sebastian Koch
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Neben dem Café Czernowitz sollen Geflüchtete aus der Ukraine im Stadthaus künftig auch Informationen zu Meldewesen oder Arbeitsmarkt bekommen. © Thomas Tröster

Mannheim. Der Krieg in der Ukraine tobt, die „Akutphase“ der Geflüchtetenbewegung aber scheint erst einmal vorbei zu sein – und damit sind die Zeiten passé, in denen Geflüchtete nach ihrer Ankunft in Mannheim eine zentrale Anlaufstelle mit Übernachtungsmöglichkeit vorfinden: Der Mietvertrag der Stadt für das Thomashaus läuft Ende September aus. „Bislang ist das Haus Ankunfts- und Erstübernachtungsstelle“, sagt Peter Kurz (SPD) am Dienstag im Hauptausschuss. „Diese Struktur werden wir verändern.“ Zuletzt hatten das Haus durchschnittlich zehn Geflüchtete am Tag erreicht – deutlich weniger als in den Hochzeiten.

Das Haus habe deshalb kaum noch eine Aufnahmefunktion, sondern eher eine Beratungs-, Fallmanagement- und zum Teil auch eine Abweisungsfunktion erfüllt. Letzteres, weil die Stadt nach wie vor über der ihr vom Land zugeschrieben Quote an registrierten Geflüchteten liegt – eine Verpflichtung zur Aufnahme besteht deshalb nicht.

Zahl von Ankommenden rückläufig

Die Beratung soll Schutzsuchenden künftig im Stadthaus möglich sein, wo sie sich in unmittelbarer Nähe zum Café Czernowitz über Meldewesen, Wohnräume oder Angebote des Jobcenters informieren können. Das Stadthaus werde – im Gegensatz zum Thomashaus – keine Antrags-, sondern lediglich eine Informationsstelle sein, erklärt Kurz und verweist auf die Antragsstellung bei Bürgerdiensten und Jobcenter in Laufnähe. „Wir behalten die Struktur aufrecht, dass Geflüchtete alle grundlegenden Informationen an einem Ort bekommen.“ Die 150 Menschen, die aktuell noch im Thomashaus unterkommen, sollen im Laufe des Augusts in den „regulären Wohnungsmarkt“ vermittelt werden. Ab September beginne der Auszug und die Räumung des Hauses. Neu Ankommende nehme das Haus nicht mehr auf.

Insgesamt habe die Stadt seit Ausbruch des Kriegs 3866 Geflüchtete registriert, informiert Kurz den Hauptausschuss. 1500 Ukrainerinnen und Ukrainer wohnen demnach derzeit in Hotels, etwa 650 sind „privat untergebracht“. Für 300 Wohnungen der GBG lägen 530 Anträge vor. Die Vergabe erfolge nach Kriterien. 120 Wohneinheiten für 500 bis 600 Personen würden auf Columbus aktiviert werden.

Die Entwicklung der Zahl ankommender Ukrainerinnen und Ukrainer ist rückläufig – für die Verwaltung ein Grund, auch die „außerordentliche Einsatzlage“ nach Monaten zu beenden. Im Zuge dessen waren die Friedrichsfelder Lilli-Gräber-Halle und die GBG-Halle im Herzogenried seit dem Frühjahr mit Feldbetten belegt. „Wir haben im Augenblick eine Situation, in der wir nicht davon ausgehen, dass wir die Hallen kurzfristig benötigen“, erklärt Kurz nun. Mit Beginn des neuen Schuljahrs sollen die Hallen deshalb wieder von Schulen oder Sportvereinen genutzt werden können. „Wenn sich die Lage in der Ukraine grundlegend verändern sollte, müsste man natürlich wieder reagieren.“

Gespräche mit dem Land

Gerhard Fontagnier (Grüne) sieht die Gefahr, dass die Zahl der Geflüchteten „in kürzester Zeit wieder deutlich zunimmt“ und will wissen, wie es mit Notunterbringungen aussehe. „Wenn das Thomashaus nicht mehr zur Verfügung steht, ist eine Notunterbringung, sobald alle anderen Infrastrukturen belegt sind, im Prinzip nur noch in Hotels möglich“, antwortet Kurz und verweist darauf, dass er die Einschränkung der sich veränderten Kriegssituation bereits in seinem Vortrag berücksichtigt hatte. „Allerdings haben wir seit einigen Wochen eine Situation, die sich eher in Richtung eines möglicherweise lang andauernden Stellungskriegs in der Ukraine entwickelt“, sagt Kurz. Die Lage führe dazu, dass Menschen zum Teil wieder zurückgekehrt seien und gleichzeitig der Zuzug aus der Ukraine „deutlich abgenommen“ habe. „Es gibt im Moment keinen Hinweis darauf, dass die Situation umschlägt.“ Deshalb könne man die bisherige Struktur nicht weiter rechtfertigen. Die Entscheidung sei auch eine Abwägung gewesen, so Kurz, „nicht ohne das Risiko, auch wieder anders agieren zu müssen“.

Von einer Container-Lösung für Geflüchtete in der Edisonstraße habe sich die Verwaltung unterdessen auch aus Kostengründen im Zuge des Rechtskreiswechsels verabschiedet. „Wir gehen in die Richtung einer langfristigen Wohnraumnutzung“, erklärt Kurz. Darauf bezogen verweist Denis Ulas auf fehlende Kapazitäten für die Notunterkünfte von Geflüchteten in der Stadt. „Das Problem ist nicht kleiner geworden“, warnt der Li.PAR.Tie-Fraktionsvorsitzende. „Wir brauchen weitere Kapazitäten, die ich nicht sehe.“ Der Oberbürgermeister verweist auf Gespräche mit dem Land über Erstaufnahmeeinrichtungen und dafür geeignete Gelände. „Ich hoffe, dass wir absehbar zu einem Ergebnis kommen.“

Redaktion Reporter in der Lokalredaktion Mannheim & Moderator des Stotterer-Ppppodcasts

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