Mannheim. Es dauert deutlich länger als erwartet. Es ist kurz nach 22.30 Uhr, als mit dem Stadtbezirk Innenstadt/Jungbusch der letzte ausgezählt ist. Dann steht fest, was sich bereits seit 20 Uhr abgezeichnet hat. SPD-Kandidatin Isabel Cademartori holt mit 26,4 Prozent das Direktmandat in Mannheim, und ihre Partei ist bei dieser Bundestagswahl auch bei den Zweitstimmen die stärkste Kraft. Beim Direktmandat landet Grünen-Bewerberin Melis Sekmen an ihrem 28. Geburtstag auf Platz zwei mit 22,5 Prozent. CDU-Bewerber Roland Hörner wird Dritter.
Während es von der Stadt an diesem Sonntagabend Pandemie-bedingt nur eine digitale Wahlveranstaltung gibt, feiert die SPD ihren Sieg analog. Doch müssen bei ihrer Wahlparty im Café Charlie in N 7 alle Gäste geimpft oder genesen sein und das am Eingang nachweisen. Der Feierlaune tut das keinen Abbruch. Nach Auszählung von etwa zwei Dritteln der 215 Wahlbezirke habe sie angesichts ihres Vorsprungs geglaubt, dass jetzt wohl nichts mehr schief gehe, sagt Cademartori dem „MM“. Sie danke den Wählerinnen und Wählern sehr für das Vertrauen in ihre Partei und in sie.
Sekmen verweist auf Bundestrend
Enttäuschung dagegen bei Sekmen. Dennoch sei das Ergebnis, die Stimmen fast verdoppelt zu haben, „ein Erfolg“, sagt die Volkswirtschaftlehre-Studentin, die sich ihren Geburtstag sicher anders vorgestellt hatte. „Es ist weder Stärke noch die Schwäche der Kandidierenden, es zeigt nur den Bundestrend, der sich auch in Mannheim abgebildet hat“, sagt Sekmen bei der von der Stadtverwaltung ausgerichteten digitalen Wahlveranstaltung mit den Mannheimer Kandidierenden.
CDU-Kandidat Roland Hörner kommt auf knapp 20 Prozent. „Das ist ein respektables Ergebnis bei den Schwierigkeiten der CDU Mannheim Anfang des Jahres“, sagt er. Damit meint der 67-Jährige die Masken-Geschäfte des bisherigen Mannheimer Direktkandidaten und CDU-Kreisvorsitzenden Nikolas Löbel, der im März von allen politischen Ämtern zurücktreten musste. Die Christdemokraten nominierten kurzfristig den früheren Mannheimer Hafen-Direktor.
Hörner hat wegen seines schlechten Platzes auf der CDU-Landesliste keine Möglichkeit, in den Bundestag einzuziehen. Sekmen sowie Linken-Kandidatin Gökay Akbulut und FDP-Bewerber Konrad Stockmeier haben dagegen gute Aussichten, auf diesem Weg noch ins Parlament zu kommen. Bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe ist das allerdings noch nicht sicher.
Akbulut, die als Einzige aus Mannheim bereits im Bundestag sitzt, zeigt sich „enttäuscht“ über die Hochrechnungen ihrer Partei und spricht von einer „langen Nacht“. FDP-Kandidat Stockmeier schwärmt dagegen von einem „großartigen Abend für die Freien Demokraten“. Zum zweiten Mal hintereinander sei die FDP bei einer Bundestagswahl zweistellig. AfD-Kandidat Jörg Finkler zeigt sich erfreut, dass es im Bund für Rot-Rot-Grün nicht reichen wird.
Über Landesliste nach Berlin
Zum Ende der digitalen Wahlveranstaltung dankt Oberbürgermeister Peter Kurz dann allen an der Wahl beteiligten Helfern – rund 1800 Frauen und Männer waren in den 52 Wahlgebäuden im Einsatz – und gratuliert Cademartori zu ihrem Sieg. Er äußert die Hoffnung, dass es auch noch andere über die Landeslisten in den Bundestag schafften. Denen werde er dann natürlich auch gern gratulieren.
Die SPD feiert unterdessen in der Kellerdisco unter dem Café ausgelassen ihren Wahlsieg. Auch Lothar Mark ist gekommen, jener Mann, der vor 16 Jahren zum letzten Mal bei einer Bundestagswahl das Direktmandat für die Sozialdemokraten in Mannheim gewann. Zur Begrüßung umarmt er Cademartori innig und beglückwünscht sie.
Nun wieder ganz oben zu stehen, tue „ungemein gut“, so der SPD-Kreisvorsitzende Stefan Fulst-Blei. Man habe sehr dafür gekämpft, dass Vertrauen der Menschen zu gewinnen. Dann wird in der Disco weitergefeiert. Es dürfte für viele eine kurze Nacht werden.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Bundestagswahl in Mannheim: Berliner Patzer helfen SPD-Kandidatin Isabel Cademartori