Klar, das unvermeidliche Lied darf an so einem Abend nicht fehlen. „Atemlos durch die Nacht“ schallt durch die Kellerdisco unter dem Café Charlie in N 7. Hier, schräg gegegenüber vom Wasserturm, feiert die SPD ihren Wahlsieg. Und natürlich vor allem die sichtlich glückliche Isabel Cademartori. Rund 100 Gäste sind gekommen, alle müssen vollständig geimpft oder genesen sein. Auf der Tanzfläche sieht man vor allem Junge. Die Musik habe man aber – neben Helene Fischer erklingt etwa auch Bruno Mars und Matthias Reim („Verdammt ich lieb’ dich“) – so gewählt, dass für jede Altersgruppe was dabei sei, sagt Cademartori.
Großvater war Minister
Die 33-Jährige hätte es zwar auch über die Landesliste in den Bundestag geschafft. Aber als direkt gewählte Abgeordnete ist das natürlich sehr viel schöner. Zumal es ihrer SPD vor 16 Jahren letztmals bei einer Bundestagswahl gelungen ist, in Mannheim die meisten Erststimmen zu bekommen. Das war mit Lothar Mark, der nun auch zur Wahlparty gekommen ist. Gemeinsam mit dem Kreisvorsitzenden Stefan Fulst-Blei überreicht er Cademartori einen Blumenstrauß und sagt, er freue sich sehr über ihren Erfolg. Das tut Fulst-Blei nicht minder. Er lobt die frisch gewählte Abgeordnete als „ungeheuer starke Kandidatin“, die einen tollen Wahlkampf gemacht habe.
Dass sie ausgerechnet in ihrer Südwest-Hochburg zuletzt bei Bundestagswahlen drei Mal in Folge der CDU das Direktmandat überlassen mussten, war für die Mannheimer Sozialdemokraten sehr, sehr bitter. Zumal es ihr Kandidat Stefan Rebmann vor vier Jahren auch über die Landesliste nicht mehr nach Berlin schaffte und dort somit in der vergangenen Legislaturperiode kein Genosse mehr aus der Quadratestadt saß. Nun folgt eine Genossin.
Und für Cademartori bedeutet das nur rund zwei Jahre nach ihrer Wahl in den Gemeinderat bereits den nächsten Schritt. Vielleicht tritt die 33-Jährige in der Politik ja sogar eines Tages in die Fußstapfen ihres Großvaters. Noch wären die ihr allerdings deutlich zu groß, denn der hat es in Chile, dem Herkunftsland ihres Vaters, immerhin bis zum Wirtschaftsminister gebracht. Cademartoris Mutter kommt aus Ostdeutschland, dort wurde sie auch im brandenburgischen Bad Saarow geboren. Als sie ein Jahr alt war, zog die Familie nach Chile und kehrte erst elf Jahre später zurück.
Zur Lokalpatriotin geworden
Nach dem Abitur in Hannover kam Cademartori 2007 zum Studium (Betriebswirtschaftslehre und Wirtschaftspädagogik) nach Mannheim. Nach ihren Examen arbeitete sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Uni und zuletzt beim baden-württembergischen Landtag. Als Einzige aus Mannheim sitzt Cademartori auch im Landesvorstand der SPD, ist formal also die höchste in der Parteihierarchie.
Cademartori, die sich im Innenstadt-Bereich vielfältig engagiert (unter anderem als Vorsitzende der Freunde und Förderer des Herschelbads) hat sich in ihren 14 Jahren Mannheim zur glühenden Lokalpatriotin entwickelt. Dem „MM“ erzählte sie mal, an der Uni sei sie bekannt dafür gewesen, bei Lästereien über ihre Wahl-Heimatstadt keinen Spaß zu verstehen.
Grundsätzlich ist Cademartori allerdings jemand, mit dem man durchaus lachen kann. Sie tritt sehr nahbar und bodenständig auf, und ihre politische Arbeit ist ihr erkennbar wichtig. Da kann man als Journalist auch mal am Wochenende oder abends zu später Stunde von ihr per WhatsApp mit vermeintlichen Fehlern in Online-Artikeln konfrontiert werden. Aber in der Regel schon in wirklich nettem Ton.
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