Mannheim. Ein weiterer Gutachter wird sich mit der Situation im Mannheimer Rettungsdienst befassen. Das haben jetzt Krankenkassen und Hilfsorganisationen beschlossen. Sie widersprechen zugleich dem von der Stadt beauftragten Gutachter, der zahlreiche Mängel in der Planung festgestellt hatte.
Krankenkassen und Hilfsorganisationen entscheiden im Bereichsaussschuss über alles, was den Rettungsdienst betrifft. Dieses Recht räumt ihnen das Land im Zuge der Selbstverwaltung ein. Sie müssen aber der Stadt einen Plan vorlegen, wo wie viele Rettungswagen und Notärzte stationiert sein sollen, und wie sie die Hilfsfrist von zehn, maximal 15 Minuten einhalten. Dieser sogenannte Bereichsplan ist seit Mai fertig. Die Stadt, der die Rechtsaufsicht obliegt, hat ihn aber nicht genehmigt. Zur Begründung verwies sie auf ein Gutachten der Firma Forplan, seit 36 Jahren spezialisiert auf Rettungsdienst und Feuerwehr in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Sie sollte den Entwurf des Plans auf Plausibilität prüfen und hat die Standorte von Rettungswagen, den Personaleinsatz sowie Hilfsfrist- und Fahrzeit-Berechnungen mehrfach als „unzureichend“ sowie „nicht plausibel und nicht nachvollziehbar“ verworfen.
Dem hat der Bereichsausschuss jetzt nachdrücklich widersprochen. Ihm liege „eine Begutachtung des Gutachtens vor, welche eine andere Einschätzung darstellt und den Bereichsplan als genehmigungsfähig ansieht“, so die Geschäftsstelle des Gremiums auf Anfrage, ohne den Verfasser oder weitere Details zu nennen.
Hilfsfrist über Durchschnitt
Sie verweist aber darauf, dass der Entwurf dem landesweit vorgegebenen Muster-Bereichsplan entspreche und in Mannheim unter allen 34 Rettungsdienstbereichen Baden-Württembergs die Hilfsfrist mit am besten eingehalten werde. Forplan dagegen hatte den Vergleich der Hilfsfristen von landesweiten Durchschnittswerten mit einer Großstadt für „fachlich ungeeignet“ gehalten. Dem Gremium sei aber an „einer Versachlichung“ gelegen. Daher habe der Bereichsausschuss „die Einholung eines neutralen Strukturgutachtens eines weiteren Fachbüros zur Weiterentwicklung der Notfallrettung in der Stadt Mannheim für die kommenden Jahre beschlossen“. Das werde „zeitnah erfolgen“ heißt es. Welche Firma beauftragt wird, ist nicht bekannt.
Nicht direkt reagiert hat das Gremium auf die Frage dieser Redaktion, was es vom Vorschlag des SPD-Landtagsabgeordneten Boris Weirauch hält. Der hatte angeregt, einen neutralen Vermittler einzuschalten, um die Gräben zwischen der Stadt einerseits und den Krankenkassen sowie Hilfsorganisationen andererseits zu überwinden. „Der Bereichsausschuss sieht sachliche Gespräche mit der Stadt als einzige sinnvolle Antwort auf den derzeitigen Stand an“, heißt es nur auf Anfrage. Man müsse „auch in Zukunft gut zusammenarbeiten“.
Offen bleibt auch, wie das Gremium auf den Vorstoß der Stadträte Volker Beisel (FDP), Chris Rihm (Grüne) und Holger Schmid (ML) reagiert. Sie haben, weil alle Beratungen über den Rettungsdienst hinter verschlossenen Türen laufen und auch für Stadträte nicht nachvollziehbar sind, auf Basis des Informationsfreiheitsgesetzes einen Antrag auf Akteneinsicht bei Bereichsausschuss und Stadt gestellt.
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