Universitätsmedizin - Aussicht auf Abbau könnte Zustimmung der Landesregierung zur stockenden Fusion mit Heidelberg erleichtern

Nach Fusion deutlich weniger Betten im Mannheimer Klinikum?

Von 
Steffen Mack
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Eingang West des Klinikums neben der Friedrich-Ebert-Brücke. Der Haupteingang weiter östlich am Neckar ist seit Pandemie-Beginn geschlossen. © Steffen Mack

Mannheim. Eigentlich gelten Krankenhausbetten als harte Währung. Nach ihnen richten sich nicht nur die Gelder aus der Politik. Sie ermöglichen auch klinische Studien auf breiter Basis. Nicht umsonst wurde die von beiden Seiten gewünschte - und von sehr namhaften Forschungsinstituten mitgetragene - Fusion der Unikliniken Mannheim und Heidelberg stets vor allem mit der Größe begründet. In puncto Betten wäre man vor der Berliner Charité die Nummer eins in Deutschland und würde international zur Spitzenklasse gehören.

Doch könnte sich dann die Bettenzahl in Mannheim deutlich verringern. Die Heidelberger Universitätsmedizin habe dem Land eine Reduzierung von aktuell 1352 auf bis zu 890, maximal 1050, „vorgeschlagen“, berichtete die „Rhein-Neckar-Zeitung“. Dem widersprechen die Beteiligten auf Anfrage. Dabei handele es sich nicht, wie geschrieben, um das medizinische Zukunftskonzept für beide Häuser, sondern nur um eine erste Ideenskizze. Konkrete Zahlen für den Bettenabbau bezeichnet Jochen Schönmann, als Regierungsbeauftragter im Rathaus federführend für die Fusion zuständig, als Spekulation. Und aus dem Heidelberger Klinikum heißt es, die Überlegungen zum Bettenabbau hätten zur Bewältigung der Finanznöte in Mannheim hinzugezogene externe Berater bereits 2019 aufgebracht. Schon vor Corona sei man von nur noch etwa 1000 hier verfügbaren Betten ausgegangen.

Christliche Häuser bald größer?

Würde die Zahl weiter gesenkt, hätte das Klinikum weniger Betten als die beiden christlichen Häuser, die laut offiziellem Landeskrankenhausplan zusammen auf 987 kommen (Theresien: 580, Diako: 407). Deren Ärztlicher Direktor Dieter Schilling weist darauf hin, dass in Mannheim damit rechnerisch ein Krankenhausbett pro 144 Einwohner zur Verfügung stehe. „Das ist im internationalen Vergleich eine sehr dichte Versorgung.“ Die gebe es zwar auch in anderen deutschen Großstädten, doch sei ein Überangebot ja vor der Pandemie ein großes Thema gewesen.

Neuer Name soll „Universitätsmedizin Heidelberg – Campus Mannheim“ lauten

  • Die Universitätsklinika Mannheim und Heidelberg wollen fusionieren. Alleiniger Träger wäre dann das Land.
  • Bisher ist das Mannheimer Klinikum eine städtische Tochter. Das Land ist aber bereits über die Medizinische Fakultät – eine Außenstelle der Uni Heidelberg – mit im Boot.
  • Zusammen hätten die Kliniken nach bisherigem offiziellen Stand mehr als 3300 Betten (in Heidelberg 1988, in Mannheim 1352). Damit wären sie größer als die Berliner Charité, die an vier Standorten insgesamt rund 3000 Betten hat, und somit künftig die Nummer 1 in der deutschen Krankenhauslandschaft. Das hiesige Klinikum hieße dan „Universitätsmedizin Heidelberg – Campus Mannheim“.
  • Mit der Fusion soll eine Allianz gegründet werden, an der auch vier sehr renommierte Einrichtungen aus dem Gesundheitsbereich beteiligt sind: das Zentralinstitut (ZI) für Seelische Gesundheit in Mannheim sowie aus Heidelberg das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ), das Max-Planck-Institut für Medizinische Forschung und das Europäische Molekularbiologie-Laboratorium (EMBL).
  • Die genaue Rechtsform der Allianz steht noch nicht fest. 

 

Viele Patienten, die früher noch stationär versorgt worden seien, könnten heute ambulant behandelt werden, so Schilling. Die durchschnittliche Verweildauer im Krankenhaus sei stark zurückgegangen. Die Auslastung der im Krankenhausplan ausgewiesenen Betten beziffert der Ärztliche Direktor für Theresien und Diako mit etwa 75 Prozent.

Diese Größenordnung nennen für das Klinikum auch die Geschäftsführer Hans-Jürgen Hennes und Freddy Bergmann. Mit Heidelberg ergänze man sich sehr gut, weil beide Krankenhäuser ein großes Einzugsgebiet mit geringen räumlichen Überlappungen hätten. Auch nach der Fusion könne man das klinische Angebot weiter im bisherigen Umfang anbieten. Angesichts der bundesweit stetig sinkenden Verweildauern werde die Zahl der benötigten Betten zwar „eher geringer sein als heute“. Aber noch sei es zu früh, darüber zu entscheiden. Dies werde man zusammen mit den Heidelberger Kollegen im Zuge des gemeinsam zu erarbeitenden Konzepts tun.

Schönmann, der Regierungsbeauftragte im Mannheimer Rathaus, verweist indes darauf, dass der auch für Krankenhäuser zuständige Stuttgarter Sozialminister Manne Lucha großes Interesse an zeitgemäßen Versorgungsstrukturen habe. Dabei sei die Gesamt-Bettenzahl in einer Region ein Kriterium. „Sie ist vorrangig aber gerade nicht an den Universitätskliniken festzumachen.“

Klinikum-Betriebsratschef Ralf Heller kritisiert, dass Lucha hier offenbar Zahlen nenne, „ohne mitzuteilen, wie die Versorgung der Mannheimer Bevölkerung und der Region sichergestellt werden soll“. Vielmehr sei der Minister wie die gesamte grün-schwarze Landesregierung aufgefordert, „endlich die Zusagen für eine dringend notwendige bauliche Erneuerung des Klinikums zu geben“. Wegen der ungeklärten Fusionsthematik geht es bei der „Neuen Mitte“ aktuell nicht weiter.

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Als treibende Kraft hinter dem Projekt gilt in der Regierung unverändert Luchas Grünen-Parteifreundin Theresia Bauer, die Wissenschaftsministerin aus Heidelberg. Die Frage, wann mit einer Grundsatzentscheidung zu rechnen ist, kann auch sie nicht beantworten. „Die Landesregierung ist mitten im Prüfungs- und Klärungsprozess, an dem auch die Regierungsfraktionen beteiligt sind“, teilt Bauers Sprecherin Denise Burgert mit. „Da es um eine weitreichende Entscheidung mit strukturellen Konsequenzen und um ein dauerhaftes finanzielles Engagement des Landes geht, braucht dieser Prozess gründliches Abwägen und auch Zeit.“

Allerdings wird mittlerweile in Stuttgart schon recht lange gründlich abgewogen, seit Herbst 2020 liegt das von den Beteiligten in der Region erarbeitete Konzept auf dem Kabinettstisch. Ursprünglich hätte die Fusion bereits Anfang 2022 kommen sollen, jetzt ist damit erst nächstes Jahr zu rechnen. Und selbst dann wohl nur schrittweise und nicht auf einen Schlag im Januar.

Redaktion Steffen Mack schreibt als Reporter über Mannheimer Themen

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