Landtagswahl - Andrang hält sich im Karl-Friedrich-Gymnasium in Grenzen / Helfer sitzen hinter Acrylglas-Trennscheiben

Mit Maske und hinter Glas – nur die Urne sieht aus wie immer

Von 
Waltraud Kirsch-Mayer
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Trennscheiben aus Acrylglas, medizinische Gesichtsmasken, Einmalhandschuhe, Desinfektionssprays, nur die Urne mit Schlitz sieht wie immer aus. Bei einem Blick in Wahllokale hätten am Sonntag die Väter und Mütter des Grundgesetzes vermutlich ihren Augen nicht getraut – auch wenn sich am Prinzip der Stimmabgabe nichts verändert hat.

Der „MM“ schaut sich nachmittags hinter der Kunsthalle beim Karl-Friedrich-Gymnasium (KFG) um, wo drei Wahllokale geöffnet haben. Bevor Männer und Frauen aller Altersgruppen mit zugeschickten Unterlagen in der Hand die Treppe zum Eingang hochgehen, fragen wir, ob sie über eine bequemere Stimmabgabe per Brief nachgedacht haben. Die meisten nicken zustimmend, schieben aber sogleich ganz pragmatische Gründe nach, warum sie gleichwohl persönlich kommen: „Verpasst“, „nicht drum gekümmert“ , „irgendwie durchgeflutscht“ – so lauten die gängigen Erklärungen. Manche geben auch an, in der Nähe zu wohnen und obendrein zu bevorzugen, in einer Kabine die Kreuzchen zu setzen. Und eine Frau erklärt, sie genieße es, mal wieder durch das Gymnasium ihrer längst erwachsenen Kinder zu gehen und dabei Erinnerungen, beispielsweise an bewegte Elternabende, nachzuhängen.

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Direkt vor dem KFG-Wahllokal für den Stimmbezirk 041-21 sitzt Henrik Barzyk an einem kleinen Tisch – natürlich hinter Acrylschutz. Er hat sich das erste Mal zu diesem ehrenamtlichen Dienst gemeldet – „weil ich hörte, dass sich viele der bisherigen älteren Helfer wegen Corona unsicher fühlen“. Der junge Mann sorgt dafür, dass nur zwei Leute – und damit so viele wie es Kabinen gibt – den Raum betreten, und alle anderen mit gebührendem Abstand in einer meist übersichtlichen Schlange warten. Wer ohne adäquate Mund-Nasen-Bedeckung auftaucht, bekommt eine medizinische Maske zur Verfügung gestellt – kostenfrei. „In meiner Schicht war das bislang allerdings noch nicht nötig“, sagt Henrik Barzyk, der seit zweieinhalb Stunden vor der Tür sitzt.

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Dahinter hat Julien Bredy, ebenfalls junger Erstwahlhelfer, wie alle anderen hinter Acrylglas Platz genommen. Er gibt die Stimmzettel aus – und bei Bedarf auch einen der von der Stadt angeschafften Kugelschreiber. „Die Hälfte aller Wählerinnen und Wähler bringen ihren eigenen Stift mit“, lautet seine Bilanz. Sollte der Kuli-Vorrat bis abends nicht reichen, wird er die benutzten Schreiberlinge mit jenem Mittel desinfizieren, das für das „Entkeimen“ der Wahlkabinen vor ihm steht. „Die desinfiziere ich alle Viertelstunde.“

Einbahnsystem nicht umsetzbar

Die erfahrene Wahlleiterin Dorothee Treiber kann sich nicht daran erinnern, dass es jemals so eine hohe Briefwahlbeteiligung gegeben hat. Um 14 Uhr notiert sie auf der großen Klassentafel, dass 44,6 Prozent aller Stimmberechtigten des Bezirks 041-21 bereits vor dem Sonntag ihr Votum abgegeben haben und bislang 15 Prozent persönlich erschienen sind. Zwei Stunden später wird sie mit Kreide eine Präsenzbeteiligung von 20 Prozent aufschreiben. Ob es in der Kabine wieder einige „Kreative“ gegeben hat, weiß sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Denn so manche vergeben ihre Stimme nicht per üblichem Kreuzchen, sondern mit Smiley oder auch Lippenstift-Herzchen. Ein solches Votum werde bei Eindeutigkeit akzeptiert, erklärt Dorothee Treiber – „aber sobald etwas dazugeschrieben wird, ist der Stimmzettel ungültig“.

Eigentlich war die Stadt angesichts von Corona bemüht, in den Gebäuden Rundkurse per Pfeile auszuweisen, so dass man nach der Stimmabgabe nicht an Warteschlagen vorbei muss. Allerdings habe sich bei Begehungen von Schulen gezeigt, so Rathaussprecherin Christina Grasnick, dass Einbahnsysteme nicht überall umgesetzt werden können – was auch fürs KFG gilt. Gedrängel gibt es auf den Korridoren dieses Gymnasiums trotzdem keines. In Schulen mit räumlich getrennten Laufstrecken und unterschiedlichen Ein- und Ausgängen reagieren hingegen so manche ältere Besucher irritiert. Eine Wahlhelferin erzählt, dass eine Seniorin unbedingt den gleichen Weg zurück wollte – weil ihr Mann mit dem Hund vor dem Haupt-Schultor auf sie wartete.

Freie Autorin

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