Mannheim. Selbst beim Kathedralenbau im Mittelalter wusste jeder: Der reibungslose Durchzug der Pilger ist zu gewährleisten! Ein- und Auströmende sollten sich möglichst nicht begegnen. Das Wahlamt der Stadt Mannheim kennt diese alten Regeln in Pandemiezeiten offensichtlich nicht. Und spart an Räumen, Wegen und Gebäuderessourcen. Anders lässt sich mancherorts das Chaos bei der Durchführung der Landtagswahl nicht erklären. Wähler konnten in manchen Wahlbüros nur den Kopf schütteln. In der Uhlandschule in der Mannheimer Neckarstadt-Ost ist für alle Bezirke nur das barrierefreie Erdgeschoss des Neubaus an der Geibelstraße geöffnet. Alle Wähler müssen durch eine Tür und selbst bei nur mittlerem Andrang kreuzweise durch die Wartenden der anderen Bezirke.
In Feudenheim lief sowohl am Morgen als auch am Mittag die Wahl geordnet ab. Auch in der Wohlgelegenschule und der Marie-Curie-Realschule in der Neckarstadt-West war laut Mitarbeitern vor Ort zunächst alles ruhig.
"Man sollte den Wahlleiter verklagen"
Noch wesentlich chaotischer ging es am Sonntag Vormittag weiter im Norden in der Sandhofenschule zu. Von mehrern Gebäuden war auch hier nur eines geöffnet, allerdings über zwei Etagen. Lange Schlangen stehen im Schulhof, wo freundliche Wahlhelfer je nach Bezirk, Bürger nach vorne rufen, wo es folglich Stau und Überlappungen am Desinfektionsmittel gibt. Abstand Fehlanzeige. Nun geht es drinnen noch chaotischer weiter: über eine etwa 1,40 m breite Treppe quälen sich Zugänge und Abgänge, teils mit Gehhilfen oder Begleitperson aneinander treppauf treppab vorbei.
1,50 m Abstand ist de facto erst gar nicht möglich. Erst das letztes Stück bei Verlassen des Gebäudes kann problemfrei als Einbahnstrecke genutzt werden. Des Wählers Zorn kocht vor Ort: Von „Das ist schlecht organisiert hier“ über „So ein Chaos habe ich beim Wählen noch nie erlebt“ bis „Man sollte den Wahlleiter verklagen, das ist gesundheitsgefährdend!“ reichen die Stimmen vor Ort. Am Schulhoftor treffen sich zwei Bekannte mit unterschiedlicher Richtung: Auf das „Schäne Sunndag noch!“ kommt prompt: „Unn eisch noch viel Spaß in Ischgl!“ Pilger mit Humor brauchte es nicht nur im Mittelalter...
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