Stuttgart. Die Regierungsbildung in Baden-Württemberg ist auf der Zielgeraden. Am Dienstag kam der neue Landtag zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen – und wählte die Grünen-Politikerin Muhterem Aras erneut zur Parlamentspräsidentin. Am Nachmittag unterzeichneten die Spitzen von Grünen und CDU ihren Koalitionsvertrag – und stellten das designierte Kabinett vor.
„Heute ist ein historischer Tag für unser Land“, sagte CDU-Landeschef Thomas Strobl. Grüne und CDU wollten über die Mitte der 20er Jahre hinaus die Weichen für das Land stellen. Baden-Württembergs Regierungschef Winfried Kretschmann (Grüne) sagte, das Hauptsignal sei, dass es in diesen Zeiten eine stabile Regierung gebe. Er will sich an diesem Mittwoch erneut zum Regierungschef wählen lassen.
Der Koalitionsvertrag enthält auf 162 Seiten unter anderem ambitionierte Vorhaben beim Klimaschutz. Allerdings stehen alle Projekte aufgrund von Haushaltslücken unter Finanzierungsvorbehalt. Der Vertrag erfülle alle Anforderungen der Zeit, sagte Kretschmann. Die Regierung habe ein stabiles Fundament für die großen Herausforderungen, die man angehen wolle. Wenn die Regierung gut arbeite, könne das eine „Folie“ sein für andere Länder und den Bund.
Kretschmann ermahnt AfD
Kretschmann hatte zuvor bei der Eröffnung des Landtags der AfD ins Gewissen geredet. Er hoffe sehr, dass sich die „Beschimpfungen und Diffamierungen“ aus der vergangenen Wahlperiode nicht wiederholten. „Sie schaden nämlich dem Geist der Demokratie“, mahnte der 72-jährige Grünen-Politiker unter dem Applaus aller Fraktionen außer der AfD.
Das Parlament sei „keine Quatschbude“, wie die Feinde der Demokratie in der Weimarer Republik (1918-1933) behauptet hätten. Der „demokratische Geist“ sei darauf angewiesen, dass alle Abgeordneten ihn verkörpern. Der Beginn der Legislaturperiode sei der Moment, „wo sich Alt und Neu verbinden“. Der Grüne schwärmte vom „Zauber des Neuanfangs“, wenn der Souverän bei der Landtagswahl gesprochen habe. „Dann ist das eine Stunde der Erneuerung und passend zur Jahreszeit eine Frühlingsstunde der Demokratie.“
In der Sitzung wurde zudem der ehemalige CDU-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Reinhart zum stellvertretenden Landtagspräsidenten gewählt. Die Wahl stelle eine große Ehre für ihn dar, sagte Reinhart. Als weiterer Landtagsvizepräsident wurde der Schwetzinger SPD-Abgeordnete Daniel Born gewählt. Der Zuschlag für den zweiten Stellvertreterposten ging an die SPD als größte Oppositionsfraktion. Die Fraktionen von Grünen, CDU, SPD und FDP hatten sich darauf verständigt, dass es wieder zwei Vizepräsidenten geben soll.
Kritik an zweiter Stellvertretung
Die AfD-Fraktion, die bei der Landtagswahl deutlich verloren hatte, versuchte, diesen Plan zu durchkreuzen. Der Antrag wurde aber abgelehnt. Der AfD-Abgeordnete Anton Baron erinnerte daran, dass 2016 der zweite Vizeposten im Landtag gestrichen worden sei – offensichtlich um zu verhindern, dass die AfD als damals größte Oppositionsfraktion den Posten erhält. Es gehe nicht an, das jetzt rückgängig zu machen.
Landtagsvizepräsident Born sagte dieser Redaktion, die AfD habe in der letzten Legislaturperiode immer wieder den parlamentarischen Betrieb verächtlich machen wollen. „Insofern war es konsequent, die Funktion des Vizepräsidenten entsprechend ,abzuschaffen’. Doch was wir jetzt haben, ist eine völlig demokratische Normalität in Deutschland.“ In allen Bundesländern und auch im Bundestag sei die Opposition mit mindestens einem Vizepräsidenten vertreten. Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz argumentierte, der Landtag sei größer geworden, nun säßen 154 statt 143 Abgeordnete im Parlament. dpa/kaba /jüg
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