Die Aussage ist deutlich: Im Streit um die Rheindammsanierung in Mannheim hat die bei der Stadtverwaltung angesiedelte Untere Wasserbehörde jetzt in einem Schreiben an das Regierungspräsidium (RP) Karlsruhe darauf hingewiesen, dass eine Spundwand als eine mögliche Lösung „nicht ausreichend betrachtet worden“ sei. Es werde darum gebeten, „detailliertere Unterlagen zur näheren Betrachtung dieser Sanierungsalternative einzureichen“.
Das Land Baden-Württemberg saniert im großen Stil Dämme - auch in Mannheim
Zum Hintergrund: Das Land Baden-Württemberg lässt mit einem umfangreichen Dammertüchtigungsprogramm mehrere Dammabschnitte erneuern. Eines der wichtigen - weil bei einem Jahrhunderthochwasser womöglich gefährdetsten - Teilstücke ist der knapp vier Kilometer lange Dammabschnitt zwischen dem Grosskraftwerk GKM in Neckarau und der Speyrer Straße auf dem Lindenhof.
Geplant wird der Bau vom Regierungspräsidium Karlsruhe, die Stadt Mannheim beziehungsweise in dem Fall die Untere Wasserbehörde muss das Vorhaben genehmigen. Das Ganze nennt sich Planfeststellungsverfahren, und im Rahmen eines solchen Verfahrens, das aus mehreren Schritten besteht und auch Einwände von Bürgerinnen und Bürgern einbezieht, stehen beide Seiten im Austausch. Der Brief vom Mittwoch ist Teil dieses Austausches. Dem Brief vorausgegangen war allerdings, so steht es in einer ebenfalls am Mittwoch herausgegebenen Pressemitteilung, ein Schreiben der Stadtverwaltung an die Planfeststellungsbehörde, sprich an die Untere Wasserbehörde.
Fallen der Rheindamm-Sanierung in Mannheim hunderte Bäume zum Opfer?
Dazu muss man wissen, dass die Stadt in diesem komplexen Verfahren mehrere Hüte aufhat. Sie genehmigt die Pläne, sie ist aber auch „Trägerin Öffentlicher Belange“, das heißt, sie verfolgt das Vorhaben kritisch. In dieser Rolle hat sie 2022 ein eigenes Gutachten in Auftrag gegeben, und das kommt, wie bereits mehrfach berichtet, zu dem Schluss, dass anstelle des vom Regierungspräsidium geplanten neuen Erddamms auch eine Stahl-Spundwand in den bestehenden Damm eingelassen werden könnte. Der Vorteil: Flora und Fauna würden stärker geschützt. Kritiker der Karlsruhe Pläne fürchten nämlich, dass bei einem breiten Erddamm ein Kahlschlag im Waldpark droht, dem hunderte Bäume zum Opfer fallen könnten.
In einem gemeinsamen Schreiben haben also Oberbürgermeister Christian Specht (CDU), Umwelt-Bürgermeisterin Diana Pretzell (Grüne) sowie der für den Katastrophenschutz zuständige Dezernent Volker Proffen der Planfeststellungsbehörde (der Unteren Wasserbehörde) erläutert, warum aus Sicht der Stadt Mannheim als „Trägerin Öffentlicher Belange“ eine selbsttragende Spundwand eingehend geprüft werden sollte. Die Untere Wasserbehörde ist unabhängig, sie kann nicht angewiesen werden. Sie kann aber Hinweise aufnehmen - und das ist mit dem Brief an das Regierungspräsidium nun passiert.
Bringt ein Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Mannheim das Regierungspräsidium zum Umdenken?
Wie das RP auf Nachfrage bestätigt, hat es ein entsprechendes Schreiben am Mittwoch erhalten. „Wir prüfen, wie wir damit umgehen und werden über das Ergebnis in einer Pressemitteilung informieren“, teilte eine Sprecherin mit.
Wie viele der alten Bäume, die teils mehr oder weniger auf dem Damm stehen, durch eine Spundwand-Lösung gerettet werden könnten, bleibt indes offen. Umwelt-Bürgermeisterin Pretzell lässt sich in der Pressemitteilung jetzt mit den Worten zitieren, es müssten nur „wenige Bäume“ entfernt werden. Tatsächlich würde aber so oder so ein befestigter 3,50 Meter breiter Weg auf der Deichkrone verlaufen, der zur Dammunterhaltung dient. Mithin müssten in jedem Fall Bäume gefällt werden, wenngleich nicht so viele, wie es bei einem kahlen, breiten Erddamm notwendig wäre.
Die Pressemitteilung der Stadt endet mit dem Hinweis, dass das Schreiben und die damit verbundene Einschätzung der Planfeststellungsbehörde nicht bindend seien und es dem Regierungspräsidium Karlsruhe als Vorhabenträger obliege, seinen Plan zu ändern, zurückzuziehen oder aufrechtzuerhalten.
Die Bereitschaft beim RP, die Pläne zu überdenken, könnte allerdings etwas größer sein als noch vor Monaten. Denn in einem anderen Fall in Sachen Dammsanierung hat das RP beziehungsweise das Landratsamt Karlsruhe , das die Pläne freigegeben hatte, vor dem Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg in Mannheim in Teilen gerade eine Niederlage erfahren. Geklagt hatten die Stadt Rheinstetten sowie eine Bürgerinitiative; die Situation ist nur bedingt vergleichbar mit Mannheim, geht es dort doch um die Erneuerung von mehreren Dämmen und um einen Polder. Die Verwaltungsrichter monieren aber, dass artenschutzfreundlichere und weniger flächenintensive bauliche Alternativen nicht geprüft worden seien. In der Begründung zu einer Eilentscheidung, die kurz vor Weihnachten erging, heißt es, dass die Variante einer Hochwasserschutzwand „auf nicht tragfähiger Entscheidungsgrundlage“ abgelehnt worden sei.
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