Naturschutz

Über 5000 Einwendungen zur Rheindammsanierung in Mannheim eingegangen

Auch die Initiative Waldpark erhebt Einspruch und lässt sich dabei von einem renommierten Anwaltduo vertreten. Wie es jetzt mit dem Planfeststellungsverfahren für die Rheindammsanierung in Mannheim weiter geht

Von 
Stefanie Ball
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5468 – das ist der vorläufige Endstand bei den Einwendungen, die bei der Stadt zur Rheindammsanierung eingegangen sind.

Doch was passiert jetzt damit? Kurz zur Erinnerung: Das Umweltministerium Baden-Württemberg will ein knapp vier Kilometer langes Teilstück des Rheindamms in Mannheim sanieren. Beauftragt mit den Planungen wurde der Landesbetrieb Gewässer beim Regierungspräsidium Karlsruhe (RP).

Die Stadt Mannheim beziehungsweise die Untere Wasserbehörde muss die Pläne genehmigen; gleichzeitig hat die Stadt bei dem komplexen Vorhaben (Planfeststellungsverfahren) noch andere Hüte auf. Sie ist unter anderem Trägerin öffentlicher Belange und hat als solche ein eigenes Gutachten in Auftrag gegeben, das einen Gegenvorschlag zu den Planungen des RP vorsieht. Dieser wurde in Form einer Einwendung ebenfalls nun eingebracht, und zwar durch die Stadt. Geschrieben hat das Gutachten Ronald Haselsteiner. Die Einwendungsfrist ist am vergangenen Donnerstag um Mitternacht abgelaufen.

Wie geht es mit den Einwendungen weiter?

Alle fristgerecht eingegangenen Einwendungen werden nach Themen kategorisiert und dann zusammen mit den eingegangenen Stellungnahmen der Fachbehörden dem Regierungspräsidium Karlsruhe zur Stellungnahme zugesandt.

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Die Stadt Mannheim sortiert die Einwendungen – nach welchen Kriterien?

Sortiert wird nach Themen, zum Beispiel Thema Naturschutz, Thema Wasser, Thema Boden, Thema Baumschutz etc.

Ist am Ende entscheidend, wie viele Einwendungen eingegangen sind oder wie viele verschiedene Argumente?

Alle Einwendungen werden berücksichtigt. Entscheidend ist allerdings nicht die Quantität, sondern die Qualität der Einwendungen, wie die Stadt betont. „Relevant ist, dass aus jeder Einwendung eine persönliche Betroffenheit hervorgeht“, heißt es.

Der nächste Schritt ist ein Erörterungstermin – wann findet der statt?

Nach Aussage der Stadt lässt sich das derzeit noch nicht abschätzen. Das hänge unter anderem davon ab, ob das Regierungspräsidium die Antragsunterlagen ändere. Ist das realistisch? Dazu äußert sich die Karlsruher Behörde aktuell nicht.

Was passiert beim Erörterungstermin?

Da werden alle Einwendungen der Bürgerinnen und Bürger sowie die Stellungnahmen der Behörden, Verbände und Vereinigungen mit dem Vorhabenträger, also dem Regierungspräsidium Karlsruhe, erörtert. Die Untere Wasserbehörde der Stadt Mannheim hat als Planfeststellungsbehörde – als die Behörde, die das Projekt genehmigen muss – dabei die Aufgabe, diese Verhandlung „neutral und ergebnisoffen zu leiten und zu einem Interessenausgleich zu führen“, betont die Stadt.

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Zugleich dient der Erörterungstermin auch dazu, alle Argumente „auf den Tisch“ zu bekommen. Wie die Stadt weiter erklärt, ist die Dauer des Erörterungstermins von der Anzahl der Einwendungen und Stellungnahmen abhängig. „Er ist dann beendet, wenn alle Fragen, Einwendungen und Stellungnahmen ausreichend besprochen wurden.“

Die SPD hat gemeinsam mit Grünen, CDU, LI.PAR.TIE, FDP und Freien Wählern eine Resolution in den Gemeinderat eingebracht. Was hat es damit auf sich?

Mit der Resolution fordern die Stadträte das Regierungspräsidium Karlsruhe dazu auf, die Ergebnisse aus dem Gutachten von Ronald Haselsteiner „eingehend zu prüfen und die Sanierung mit einer durchgängigen selbsttragenden Spundwand im Planungsgebiet vorzusehen“. So würden eine naturschonende Umsetzung sowie ein effektiver Hochwasserschutz gleichermaßen gewährleistet werden, heißt es.

Was sagen die Initiative Waldpark Mannheim und die Bürger-Interessen-Gemeinschaft (BIG) Lindenhof zu den Einwendungen?

Die sind hochzufrieden. Die BIG ist nach Aussage ihres Vorsitzenden Ulrich Holl „begeistert von den vielen Menschen, die sich klar gegen die aktuellen Pläne positionieren“. Er betont außerdem, dass der von der Stadt beauftragte Experte Ronald Haselsteiner in seinem Gutachten zu dem gleichen Schluss gekommen sei wie eine Machbarkeitsuntersuchung durch das Ingenieurbüro Krebs und Kiefer, die die BIG 2019 veranlasst hat. Danach ließen sich mit einer durchgängigen, selbsttragenden Spundwand die meisten Bäume auf dem Damm erhalten.

Der Initiative Waldpark Mannheim ist ein Coup gelungen – sie hat sich zwei renommierte Anwälte an die Seite geholt: Roda Verheyen und André Horenburg. Diese vertreten den Verein bei seinen Einwendungen. Die Kritik, die die Anwälte an der Planung des Regierungspräsidiums üben, ist massiv. So erklären sie, dass die Antragsunterlagen des Regierungspräsidiums gravierende Mängel enthielten. „Die Planung ist so nicht genehmigungsfähig. Sie verstößt gegen absolute Vorschriften des Naturschutzrechts“, sagt Verheyen, die als führende Klimaanwältin gilt und 2021 vor dem Bundesverfassungsgericht ein wegweisendes Urteil zum Klimaschutz erstritten hat. Weiter heißt es in den Einwendungen, „relevante Alternativen“ seien nicht untersucht beziehungsweise ausgeschlossen worden. Die gewählte Variante sei „schlicht rechtswidrig“, so Verheyen.

Kann gegen das Vorhaben geklagt werden?

Das wäre möglich. Geklagt werden kann, sobald der Planfeststellungsbeschluss ergangen ist, die Stadt Mannheim das Vorhaben also genehmigt hat. Klagen können Bürgerinnen und Bürger, die zum Beispiel Grundstücke am Damm haben, Umweltschutzverbände – und die Stadt selbst. Das ergäbe die paradoxe Situation, dass die Stadt sich selbst verklagen würde. Die Frage, ob der Oberbürgermeister ermächtigt wird, die Entscheidung über eine Klageerhebung zu treffen und gegebenenfalls Klage zu erheben, wurde in der Sitzung des Ausschusses für Umwelt und Technik letzte Woche zurückgestellt.

Freie Autorin

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