75 Ideen für ein besseres Mannheim - Teil 33

Mannheim, wie wär’s mit … Anreizen für Familienunternehmen?

Von 
Manfred Schnabel
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Im Silicon Valley in Kalifornien sind einige große Firmen zuhause, die dort als kleine Gründung ihren Anfang nahmen – wie Google. © dpa

Mannheim. „Start-Up“ - der Begriff steht für innovative Unternehmensgründungen, die schnell wachsen wollen und häufig mit Risikokapital finanziert werden. Der Begriff steht auch für eine spezielle Unternehmenskultur, die eng mit dem Silicon Valley verbunden ist. Diese Region im Westen der USA zeichnet sich durch unzählige Gründerinnen und Gründer aus, die neue Geschäftsmodelle ausprobieren. Und natürlich sind die besonders erfolgreichen Gründungen der ersten Stunde wie Apple oder Hewlett Packard sowie neuere Gründungen wie Google oder Facebook im Silicon Valley zuhause. Vervollständigt wird dieses einmalige Biotop durch viel Wagniskapital und forschungsstarke Hochschulen.

Auch die Region Rhein-Neckar hat eine exzellente Hochschullandschaft. Sie sind eine wichtige Voraussetzung für innovative Gründungen. Und gerade Mannheim unternimmt viel, um Gründungen zu fördern. Sichtbarstes Ergebnis dieser Strategie ist eine Reihe von Gründerzentren in der Stadt. Erfolgreiche Start-Ups sind ein Gewinn: Sie sorgen für Dynamik und bringen Innovationen hervor. Doch zur Start-Up-Kultur gehört auch, dass viele Gründerinnen und Inkubatoren schon bei der Gründung den Exit, den Verkauf, im Blick haben. Das ist legitim und in vielen Branchen sogar notwendig, insbesondere dann, wenn die Geschäftsmodelle einen hohen Kapitalbedarf und lange Entwicklungszeiten benötigen.

Wir brauchen aber auch Unternehmensgründungen mit sehr langfristigen Perspektiven in der Region: Start-Ups, aus denen Familienunternehmen mit Tradition hervorgehen können. Familiengeführte Unternehmen bilden das Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Wäre es nicht reizvoll und gewinnbringend, die Gründerkultur des Silicon Valley mit unserer Tradition des erfolgreichen Familienunternehmertums zu verbinden?

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Der Erfolgsfaktor von Familienunternehmen ist, dass Eigentümer persönlich das Unternehmen führen. Der Erhalt und die Weiterentwicklung des Familienunternehmens hat in den meisten Fällen oberste Priorität. Erfolgreiche Familienunternehmerinnen und Familienunternehmer denken daher in Generationen und pflegen häufig ein persönliches Verhältnis zu ihren Mitarbeitern. Und noch etwas zeichnet sie aus: Sie sind oft in besonderer Weise ihrer Heimatstadt oder Heimatregion verbunden. Sie bringen sich engagiert ein: im Vereinsleben, in der Politik, im Sozialen oder in Kunst und Kultur. Familienunternehmer sind so ein unverzichtbarer Teil der Stadtgesellschaft.

Welche Ansatzpunkte hat Mannheim, damit künftig aus erfolgreichen Start-Ups vermehrt erfolgreiche und generationenübergreifende Familienunternehmen hervorgehen, die dem Standort treu bleiben? Wir brauchen vor allem eine Kultur, die nicht nur Gründungen, sondern auch Unternehmertum an sich sowie Innovation, Wachstum und Expansion begrüßt und fördert. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Viele Unternehmerinnen und Unternehmer vermissen die Wertschätzung ihrer Leistung. Erschwerend kommt hinzu, dass Teile unserer Wohlstandsgesellschaft fasziniert sind von der Vorstellung einer dauerhaft stagnierenden Wirtschaft, die nicht mehr wächst. Im Ergebnis braucht eine erfolgreiche Stadt also nicht nur eine Start-up-Kultur, sondern auch eine Willkommenskultur für Unternehmerinnen und Unternehmer.

Dazu gehört, dass erfolgreiche Unternehmerbeispiele - von denen es viele gibt in der Stadt - als „Role Model“ zu pflegen sind. Als Vorbilder können sie auch Menschen zu einer Selbstständigkeit couragieren, für die aufgrund eigener Herkunft dieser Weg nicht vorgezeichnet ist. In der Stadtgesellschaft, in Politik und Verwaltung sowie im Bildungssystem brauchen wir dazu passend ein Unternehmer-Mindset. Ein solches Mindset respektiert und schätzt unternehmerischen Erfolg, akzeptiert aber auch unternehmerisches Scheitern.

Jenseits dieser kulturellen Fragen haben gerade Kommunalpolitik und Stadtverwaltung die Aufgabe, ausreichend bezahlbare Flächen für Gewerbe und Industrie bereitzustellen. Wirtschaft braucht Platz, um stattfinden zu können.

Doch Wirtschaftsflächen sind nur die eine Seite. Mindestens genauso wichtig ist eine hohe Lebens- und Wohnqualität. Gründerinnen und Gründer müssen gerne in Mannheim ihren Lebensmittelpunkt haben. Hierzu braucht es auch entsprechend attraktive Wohnflächen. Die Menschen müssen nicht nur Spaß daran haben, hier ihr Unternehmen zu gründen, sie müssen auch Spaß daran haben, es hier weiterzuentwickeln und in die Hand der nachfolgenden Generation zu übergeben. Dieser Aspekt ist auch deshalb so wichtig, weil viele Gründungen und Geschäftsmodelle nicht an einen Ort gebunden sind. Unternehmen beziehungsweise attraktive Unternehmensteile lassen sich im digitalen Zeitalter oft leicht verlegen, in die Nachbarregion oder gar in ein anderes Land. Im Industriezeitalter war das anders. War die Fabrik erst mal gebaut, war eine Verlagerung nur schwer möglich. Im Gegensatz zu damals spielt der Lebensmittelpunkt des Unternehmens heute oft eine entscheidende Rolle, um ein Unternehmen langfristig an den Standort zu binden.

Gerade eine Willkommenskultur für Unternehmerinnen und Unternehmer zu schaffen, ist anspruchsvoll. Denn das erfordert nicht nur eine Handlung der politisch Verantwortlichen, sondern vor allem eine entsprechende Haltung der gesamten Stadtgesellschaft. Doch die Umsetzung dieses Ziels wäre ein riesiger Gewinn für Mannheim und seine Bürgerschaft. Es lohnt sich für alle, wenn in Mannheim aus Start-ups Familienunternehmen werden.

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