Mannheim. Die Ruhe trügt. Durchschnittlich etwa 35 Menschen hat Mannheim in den ersten drei Monaten 2024 jeweils vom Land zugewiesen bekommen. Die These, dass diese Zahl sehr bald wieder steigen wird, ist aber alles andere als gewagt.
„Wir spüren im Moment ein normales saisonales Tief“, sagt Manuela Skotnik, Leiterin der Abteilung Unterbringung und Betreuung. Auch Klaus-Jürgen Ammer, Leiter der seit August existierenden Organisationseinheit für die Unterbringung, erklärt: „Wir haben keinen Grund zur Annahme, dass sich die Zuweisungen dauerhaft verändern.“
So hatte das Land Mannheim im Herbst noch durchschnittlich bis zu 166 Menschen pro Monat zugewiesen - etwa 950 Menschen waren es über das gesamte Jahr 2023. In dieser Statistik sind nur Menschen im Asylverfahren gezählt, aber keine Ukrainerinnen und Ukrainer.
Die zuwanderungsstarken Monate stehen bevor - und damit die Frage: Wohin mit den Menschen? Erstmals will die Verwaltung zur Unterbringung sogenannte mobile Wohnanlagen und Modulbauten nutzen, die auf Columbus und in Käfertal entstehen sollen. Fragen und Antworten zum Projekt unter dem neuen Dezernenten Thorsten Riehle.
Was sind Modulbauten und wo sollen die entstehen?
Am besten lassen sich Modulbauten wohl mit dem Baukastenprinzip vergleichen. Die Bauteile werden vorfabriziert und müssen vor Ort nur noch montiert werden. „Angesichts der Situation müssen wir schnell Kapazitäten aufbauen“, sagt Ammer. Bis zu fünf Gebäude sollen in der Edisonstraße in Käfertal entstehen, 220 bis 250 Personen darin Platz finden. Nach der Ausschreibung sollen die Bauten bereits innerhalb von sechs Monaten bezugsfertig sein - im Idealfall ist das im Frühjahr 2025 der Fall. „Das ist ein sportlicher Zeitplan, dem wir aber zuversichtlich entgegensehen“, sagt Ammer. Bürgermeister Riehle (SPD) verweist außerdem auf die Nachhaltigkeit des Projekts. So könnten ihm zufolge in den nächsten Jahren in den Bauten nicht nur Geflüchtete unterkommen, sondern es könnte daraus - wenn es die Situation denn erlaubt - auch sozialer Wohnraum entstehen oder Studenten und Studentinnen könnten hier bezahlbare Wohnungen finden. „Wir wollen mit dem Bau variabler Kapazitäten Wohnraum für verschiedene Gruppen schaffen, die Schwierigkeiten auf dem Wohnungsmarkt haben“, erklärt Riehle.
Was sind mobile Wohnanlagen und wo sollen die entstehen?
Im Volksmund könnte man sie wohl am ehesten mit containerartigen Bauten vergleichen. Ammer aber erklärt, dass die mobilen Anlagen, die die Verwaltung auf Columbus plant, sehr viel höherwertiger als übliche Containerbauten sein sollen. Auf dem ehemaligen Kasernengelände - auf dem bereits jetzt etwa 470 Geflüchtete untergebracht sind (und weitere 600 Ukrainerinnen und Ukrainer) - soll circa 300 weitere Geflüchtete in vier Komplexen Platz finden. Die Anlagen sollen im Gegensatz zu Containern allerdings beispielsweise kein Flachdach, sondern ein Steildach bekommen. Das habe mit Wertschätzung den Bewohnerinnen und Bewohnern gegenüber zu tun, erklärt Ammer. Zum anderen seien Steildächer in der Temperaturregulierung oder der Entwässerung wesentlich effizienter. „Wir wollen am Stadteingang der B38 auch keine Bilder wie teilweise aus anderen Kommunen sehen, die normale Container nutzen.“ Die Gebäude sollen bis Ende des Jahres entstehen.
Warum können auf Columbus nicht auch Modulbauten entstehen?
Im Gegensatz zum Gelände in der Edisonstraße, das der Stadt gehört, ist der Verbleib auf Columbus zeitlich begrenzt. „Wir gehen davon aus, dass wir Columbus 2027 verlassen müssen“, sagt Riehle, der bei der Edisonstraße deshalb von einer „Langfristsituation“ und bei Columbus von einer „mittelfristigen Situation, bis andere Standorte zur Verfügung stehen“ spricht. Modulbauten würden deshalb derzeit nur in der Edisonstraße Sinn machen.
Reichen die geplanten Maßnahmen denn aus?
Nein. Ammer spricht aber von einer „guten Zwischenlösung“, die man gefunden habe. „Mit den mobilen Wohnanlagen gewinnen wir Zeit, in der wir bestehende eigene Objekte umbauen und sanieren können.“ Die Verwaltung prüft außerdem weitere Orte, um einen zweiten Standort für mobile Anlagen zu finden. Das aber sei aus verschiedenen Gründen - etwa was die Größe der Fläche oder die Strom-/Wasser-/Wärmeversorgung betrifft - nicht einfach.
Warum betritt die Verwaltung mit den Konzepten Neuland?
Riehle betont, dass die kurzfristig umsetzbaren Konzepte auch deshalb wichtig seien, um eine Hallen-Belegung zu verhindern. Neben humanitären und wirtschaftlichen Aspekten - Hallen sind nach Zelten, die in Mannheim nicht im Gespräch sind, die teuerste Form der Unterbringung - geht es darum, Vereine und Schulen zu entlasten. Außerdem förderten die Konzepte den Integrationserfolg, sind Riehle, Ammer und Skotnik überzeugt. So könnten über kurz oder lang beispielsweise auch Mannheimerinnen und Mannheimer in Modulbauten wohnen und Geflüchteten bei der Integration helfen. „Wir wollen eine Normalität in das Thema bekommen“, wünscht sich Riehle. Neben dem sozialen Aspekt spielt auch die Tatsache eine Rolle, dass der Markt für private Immobilien zur Unterbringung außerordentlich kompliziert ist. „Die Preise, die Eigentümer aufrufen, sind angesichts der Situation, in der wir uns befinden, teilweise nicht bezahlbar“, sagt der Dezernent.
Erst die Moschee-Pläne, jetzt die Modulbauten - konzentriert sich die Verwaltung bei kontroversen Themen derzeit auf Käfertal?
Nein. Riehle verweist darauf, dass die Stadt bei der Unterbringung von Geflüchteten nach wie vor eine dezentrale Strategie verfolge. So sind Menschen über 18 weitere Standorte fast im ganzen Stadtgebiet verteilt. Der SPD-Bürgermeister, der sein Amt Anfang März angetreten hat, will zudem in eine offenere Kommunikation mit den Menschen vor Ort treten und kündigt dazu eine Informationsveranstaltung im Laufe des Jahres an.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Unterbringung Geflüchteter in Manheim: Dringend benötigte neue Ansätze!