Mannheim. Betontrümmer sind aufeinandergestapelt. Riesige Brocken liegen da, wie herausgebrochen oder abgeschnitten, zusammengewürfelt mit Steinen und anderen Resten. Dazwischen sieht man Stahlträger, Gitter, alte Waschbecken, frühere Spinde, und eine Treppe kommt aus dem Nichts und führt ins Nichts. Auch eine Stahltür ist zu sehen, „190th Commd“ steht darauf. Denn alles, was hier aufgeschichtet ist, sind Relikte ehemaliger amerikanischer Kasernen in Mannheim. Daraus hat Künstler Philipp Morlock in einem sechs Meer tiefen Trichter das spektakuläre Werk „Conversio“ geschaffen, das jetzt auf dem Spinelli-Areal - auf halber Höhe zwischen U-Halle und Panoramasteg mitten im Gelände - der Öffentlichkeit übergeben worden ist und auch nach der Bundesgartenschau dort bleibt.
Alles wiederverwendet
„Kein einfaches Kunstwerk“, gesteht Oberbürgermeister Peter Kurz. Mancher Gast hat auf den ersten Blick nämlich gerade jetzt unangenehme Assoziationen, an vom Krieg verwüstete oder durch Erdbeben völlig zerstörte Städte - während andere beeindruckt sind von der monumentalen Skulptur. Für Philipp Morlock hat sie eine positive Botschaft, „Conversio“ soll nämlich Sinnbild für Versöhnung sein, für das Ende der militärischen Nutzung und die Wandung der Konversionsflächen stehen.
Buga kompakt
Die wichtigsten Infos zur Buga 23 in Mannheim in Kürze:
- Die Bundesgartenschau in Mannheim fand vom 14. April bis 8. Oktober 2023 statt.
- Ausgerichtet wurde sie auf dem Spinelli-Gelände zwischen Feudenheim und Käfertal. Auch der Luisenpark wurde mit eingebunden. Der Luisenpark war bereits 1975 ein wichtiger Teil der Bundesgartenschau in Mannheim.
- Eine Attraktion der Buga 23 war die Seilbahn, die die neuen Anlagen und den Luisenpark miteinander verband. Die Seilbahn war 2049 Meter lang und bestand aus 64 Kabinen. Damit konnten knapp 3000 Passagiere pro Stunde und Richtung befördert werden.
- Auf der Bundesgartenschau wurden etliche verschiedene Veranstaltungen angeboten: ein Überblick.
- Die Internetseite der Buga: www.buga23.de
- Lageplan Luisenpark - hier klicken (PDF-Download)
- Lageplan Spinelli-Gelände - hier klicken (PDF-Download)
Von „Rückeroberung“ spricht, ganz militärisch, Oberbürgermeister Peter Kurz. Ziel der Konversion, also der Umwandlung früherer Militärflächen, sei immer gewesen, „neue Orte zu schaffen für Mensch und Natur“. Dafür stehe dieses Kunstwerk, das auch ein wichtiges kulturpolitisches Zeichen mit Bedeutung für die gesamte Stadt sei. Schließlich stelle es den Beleg dafür dar, dass es der Stadt eben nicht nur um die reine Entwicklung der Flächen gegangen sei, sondern dass diese auch „Orte für künstlerisches Schaffen“ werden.
Morlock setzt sich schon seit 2013, als der Konversionsprozess begann, künstlerisch mit dem Thema auseinander. Kaum räumten die Soldaten die Flächen, begann er damit, Reste ihrer Präsenz zu sammeln - Schilder, Bauteile und vieles mehr. Zwei Lagerhallen - eine auf dem Taylor-Gelände auf der Vogelstang, eine auf Benjamin Franklin Village - nutzte er zeitweise dafür, zur Verfügung gestellt von der städtischen Tochter MWS Projektentwicklungsgesellschaft (MWSP). Morlock, Bildhauer mit Studium an der Akademie der Künste in Karlsruhe und mit Myriam Holme auch Initiator des Einraumhauses am Alten Meßplatz, verlegte sein Atelier zeitweise in ehemalige Kasernen. 2016 gründete er mit Holme und dem Architekten Andreas Handel das Projekt „barac“ auf Franklin - ein ehemaliger Kasernenbau, wo Künstler leben, wohnen, arbeiten, zum Gespräch einladen.
Die Kosten
- Der Gemeinderat hat, nach durchaus unterschiedlichen Ansichten, „conversio“ im Mai 2022 bewilligt.
- Als Gesamtinvestitionsvolumen wurden 350 000 Euro genehmigt.
- Der größte Teil entfällt mit 317 000 Euro auf Mittel des Grünzugs Nordost (in der Budgetverantwortung der Bundesgartenschau), 33 000 Euro hat das Kulturamt beigesteuert.
- 280 000 Euro entfallen auf die Erd- und Landschaftsbaumaßnahmen. 70 000 Euro kostet das Kunstwerk selbst.
Auf Spinelli arbeitete Morlock im Schulterschluss mit Landschaftsarchitekten, Experten für Hoch- und Tiefbau, gefördert von der Bundesgartenschau und dem Kulturamt. Was er zu „Conversio“ verarbeitet hat, stammt überwiegend von dort, aber teilweise ebenso von Franklin, Turley oder Taylor. Acht Wochen hat er, auch mit Hilfe von schwerem Gerät wie einem Teleskopstapler, an der teilweise begehbaren, jeweils sechs mal sechs mal sechs Meter großen Skulptur aus Beton und Schrott gearbeitet. Sechs Tonnen wiegt das schwerste Teil.
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Ein acht Meter langes Betonwaschbecken, in dem vermutlich Stiefel gereinigt worden sind, bildet das Zentrum, oben liegen Eisenbahnschwellen aus dem Innenhof der U-Halle. Die Spinde hat Morlock mit Beton ausgegossen, damit sie die Last der Decke tragen können - teilweise war noch Kleidung drin, die ist drin geblieben. Fundamente großer Scheinwerferlaternen platzierte er weit oben, als Brutplätze für Vögel.
Hochbauten verboten
„Eine Bereicherung“ - so freute sich Michael Schnellbach, Geschäftsführer der Bundesgartenschau, über das Kunstwerk mitten in der Klimapark genannten, großen, naturnah gestalteten Freifläche von Spinelli. Das komplett aus Recyclingmaterial hergestellte Kunstwerk entspreche dem Nachhaltigkeitsziel der Bundesgartenschau. Allerdings musste die Skulptur in einer sechs Meter tiefen, über eine Rampe erreichbaren begrünten Landschaftssenke entstehen, die man eigens ausgehoben hat. Neue Hochbauten sind nämlich, da sie den Wind und damit die Frischluftzufuhr der Innenstadt behindern würden, auf dem Spinelli-Gelände nicht zulässig.
Armin Chodzinski, Künstler und Autor, bezeichnete seinen Kollegen als „Künstler mit Haltung und Gestaltungswillen“. Die Skulptur „Conversio“, von ihm immer nur „das Ding“ genannt, sei „eine Kunst, die die Zeit verlangt“, dabei aber „auf entwaffnende Weise durchaus schmerzhaft“.
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